Aufgeben

[492] Aufgêben, verb. irreg. act. S. Geben. 1. In die Höhe geben, hinauf geben, und zwar, 1) eigentlich, in welcher Bedeutung es vornehmlich in den hohen Öfen üblich ist, und daselbst Kohlen und Eisensteine in den Ofen schütten bedeutet, wobey man mehrere[492] Stufen in die Höhe gehen muß. In den Schmelzhütten heißt diese Verrichtung auflaufen und auftragen. 2) In weiterer Bedeutung. Einen Brief aufgeben, ihn auf die Post geben. In Niedersachsen bedeutet aufgeben auch so viel, als die Speisen auf den Tisch tragen, auftragen.

2. Offen geben, öffnen. Diese Bedeutung ist zwar ihrem ersten und eigentlichen Verstande nach, nicht mehr üblich; indessen erhellet aus dem Ausdrucke, aufgebig Lehn, S. im folgenden, daß aufgeben diese Bedeutung gehabt haben müsse. Als figürliche Bedeutungen lassen sich dahin rechnen, 1) von sich geben, den Besitz einer Sache einem andern übergeben, besonders wenn es an einen Höhern geschiehet. Eine Stadt oder Festung aufgeben, sie den Belagerern übergeben. Ein Lehn aufgeben, es dem Lehnsherren zurück geben, welches auch auflassen und aufsenden genannt wird. Den Geist aufgeben, sterben, welche R.A. schon in Strykers alten Gedichte bey dem Schilter S. 122 vorkommt: Do het si Got aufgegeben den Geist. Wie sehr wünschte ich den schmachtenden Rest meines Lebens zu seinen Füßen aufgeben zu können! Less. 2) Freywillig fahren lassen. Das Spiel aufgeben, aufhören zu spielen. Ich habe die Freundschaft mit ihm völlig aufgegeben. Ein Amt, eine Bedienung aufgeben. Gib die edelmüthige Hoffnung auf, mich zu retten, Dusch. Der Arzt hat den Patienten aufgegeben, verloren gegeben, alle Hoffnung von ihm aufgegeben. Beyde Bedeutungen gehören genau zusammen. Die erste führet alle Mahl den Begriff einer Übertragung an einen andern mit sich, die letzte aber siehet bloß auf die Begebung der Sache und der Entschlagung derselben.

3. Zu thun oder zu verrichten auftragen. Einem Schüler etwas zu lernen aufgeben. Einem eine Arbeit aufgeben. Ein Räthsel, oder etwas zu rathen aufgeben. Alle aufgegebene Fragen beantworten. In dieser Bedeutung pflegt man das Verbum im gemeinen Leben gern zu zerreißen: einem etwas auf zu rathen geben, ungeachtet solches wider die Natur aller zusammen gesetzten Zeitwörter ist.

Das Substantiv die Aufgebung kann in allen obigen Bedeutungen gebraucht werden. In den meisten ist indessen auch die Aufgabe üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 492-493.
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