Beurtheilen

[956] Beurtheilen, verb. reg. act. sein Urtheil über eine Sache fällen, in der weitesten Bedeutung. Die Wahrheit einer Erzählung beurtheilen, bemerken, in wie fern ihr der Begriff der Wahrheit zukomme. In engerer Bedeutung, das Gute oder Böse, das Nützliche oder Schädliche u.s.f. an einer Sache entdecken. Derjenige Begriff, dessen Übereinstimmung oder Verschiedenheit mit dem Gegenstande man entdecket, und der gleichsam das Maß ausmacht, bekommt das Vorwort nach. Andere Leute nach sich, eine Wahrheit nach seinen Vorurtheilen, etwas nach seinem Geschmacke, nach seinen Empfindungen beurtheilen. Sie beurtheilen die Glückseligkeit allein nach der Lüsternheit ihrer Leidenschaften, Dusch.

Daher die Beurtheilung, die Handlung des Beurtheilens, und die Beurtheilungskraft, plur. inus. das Vermögen des Verstandes, die Übereinstimmung oder Verschiedenheit der Begriffe[956] zu entdecken; und in engerer Bedeutung, das Vermögen, das Gute oder Böse an einer Sache genau zu bemerken.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 956-957.
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