Blatter, die

[1049] Die Blatter, plur. die -n. 1) Eine kleine breite Blase auf der Haut. Es ist mir eine Blatter im Gesichte ausgefahren. Eine Hitzblatter.


Kein Blätterchen fuhr auf, die Musche mußt es decken,

Zachar.


Ist die Blase größer und höher, so heißt sie gemeiniglich eine Blase. Dergleichen Blattern auf der Haut werden, wenn sie einzeln zum Vorschein kommen, in Oberdeutschland auch Wimmerlein, Saierl oder Saierlein, Mäslein, Blätzlein, im Nieders. aber Gnidel, Quese, Queschen, Quaddel, Quärl, Quiddel, Stippe u.s.f. genannt. 2) Eine ansteckende Krankheit, besonders der Kinder, welche sich durch Eiterblattern auf der Haut äußert, in welchem Falle dieses Wort nur im Plural, die Blattern, üblich ist; obgleich eine einzelne Erhöhung dieser Art auch den Singular leidet. Die Blattern haben, bekommen. Die Blattern wüthen jetzt stark. An den Blattern sterben. Gutartige, bösartige Blattern. Die Blattern einimpfen, einpfropfen, im Oberdeutschen die Blattern pelzen. In den gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes werden die Blattern auch die Pocken genannt. S. Pocken. Masern ist in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, gleichfalls üblich; obgleich Masern und Blattern richtiger unterschieden werden. In einem alten Vocabulario von 1482 wird Variola durch Rote, oder Barpel, oder die Urschlacht, erkläret. Durchschlächten ist im Oberdeutschen noch als ein Nahme dieser Krankheit bekannt. Auch die Schafe und Karpfen werden von einer den Kinderblattern ähnlichen Art der ansteckenden Krankheit angegriffen, welche gleichfalls die Blattern heißt. 3) In der Landwirthschaft ist die Blatter eine Krankheit des Rindviehes, welche den Nahmen von einer bleyfarbigen Blatter hat, die das Vieh dabey an oder unter der Zunge, zuweilen an der Öffnung des Mastdarmes und oft an beyden Orten zugleich bekommt. Wenn diese Blatter nicht ausgeschnitten wird, verursacht sie den Brand, und das Thier stirbt in kurzen. In den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, heißt diese Krankheit die Plarre; bey den Schweinen aber wird sie das Rankkorn oder das Gerstenkorn genannt.

Anm. Blatter, Nieders. Bledder, Engl. Bladder, Angels. Blaedr, Schwed. Bladdra, bedeutete ehedem eine jede Blase,[1049] von dem Zeitworte platen, welches noch bey dem Kero für blasen vorkommt. Raban Maurus nennt die Urinblase um das Jahr 750 Blatra, und diesen Nahmen führet sie noch in dem 1482 zu Augsburg gedruckten Buche der Natur. Ehedem wurde auch die venerische Krankheit die Blattern, oder die Blatterlähme genannt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1049-1050.
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