[1183] Brênnen, verb. irreg. ich brenne, du brennest, oder brennst, er brennet, oder brennt; Imperf. ich brannte; Mittelwort gebrannt; Imperat. brenn oder brenne. Es ist:
I. Ein Neutrum mit haben, und wird gebraucht,
1. Von dem Feuer, vermittelst einer Flamme leuchten und Hitze verursachen, und zwar,
1) Eigentlich. So wohl von dem bloßen Zustande des Brennens und des dadurch verursachten Leuchtens, ohne Rücksicht auf die damit verbundene Wirkung der Hitze. Das Feuer brennet, gibt Flammen von sich. Das Feuer will nicht brennen. Als auch in Rücksicht auf die Hitze und die dadurch verursachte Empfindung. Das Feuer brennt, erweckt eine schmerzhafte Empfindung auf der Haut. Eine brennende Hitze.
2) Figürlich. (a) In Ansehung des Lichtes, des Glanzes. Eine brennende rothe Farbe, welche gleichsam zu brennen scheinet. In seinen Augen brannte Ungeduld und Liebe. Brennende Augen, blitzende, strahlende Augen, dergleichen auch die Augen eines Zornigen zu seyn flegen.
Die Augen brannten mir, das Herze ward mir kalt,
Hofmansw.
(b) In Ansehung der Empfindung, von verschiedenen körperlichen Dingen, welche ein Empfindung verursachen, die dem Brennen ähnlich ist. So sagt man von der Nessel, daß sie brenne, S. Brennessel. Ein brennender Durst. Ein brennender Schmerz, ein brennendes Jucken. Der Pfeffer brennt auf der Zunge. O möcht ich ihn nie verlieren, diesen einzigen Balsam für meine brennende (heftig schmerzende) Wunde! von Brawe.[1183] Wenn es in dieser Bedeutung die vierte Endung der Person bey sich hat, so wird es ein Activum.
2. Von den Körpern, welche dem Feuer zur Nahrung dienen. 1) Eigentlich. (a) Brennbar seyn. Steine brennen nicht, wohl aber Holz. Ingleichen, Feuer fangen. Das Licht, das Holz will nicht brennen. Nasses Holz brennt nicht leicht. (b) Von einem Flammenfeuer verzehret werden, einem Flammenfeuer zur Nahrung dienen. Das Holz, das Licht brennt. Das Haus brennt. Die ganze Stadt brannte. Der Busch brennt mit Feuer, 2 Mos. 3, 2, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Er läuft, als wenn ihm der Kopf brennete, ist niedrig. Auch in weiterer Bedeutung gebraucht man dieses Wort zuweilen von einem bloß glimmenden Feuer. Die Kohlen brennen. Brennende Kohlen, glühende.
2) Figürlich. (a) Eine große Hitze haben oder von sich geben. Brennender Sand. Die Sonne brennet heute sehr heftig. Siedendes Wasser brennt auch. Ihm brennt die Stelle unter den Füßen, er äußert eine höchst ungeduldige Eilfertigkeit. (b) Besonders im sittlichen Verstande, eine heftige Leidenschaft empfinden, da denn die Leidenschaft das Vorwort vor bekommt, welches alsdann die dritte Endung erfordert. Vor Liebe, vor Verlangen, vor Zorn, vor Eifer, vor Begierde, vor Ungeduld brennen. Er brannte vor Verlangen sein Schicksal zu wissen. Ich brenne vor Scham, dir mein ganzes Verbrechen zu entdecken, Dusch. Zuweilen findet man auch das Vorwort von. Schon brennet meine Seele von einem heißen Durste darnach, Weiße. Aber in andern Fällen macht es einen merklichen Übelklang.
Umsonst beschreibest du den Trieb von dem er brennet,
Schleg.
Ein edles Herz kann nur von edlen Flammen brennen,
Chron.
Die biblischen Ausdrücke, mein Eifer, mein Zorn brennet, sind im Hochdeutschen noch ungewöhnlicher, ob man gleich mit dem Mittelworte sehr wohl sagen kann, ein brennender Eifer, ein brennendes Verlangen, eine brennende Liebe u.s.f. Was entzündete in dem Römer den brennenden Eifer, für sein Vaterland zu fechten und zu sterben?
Oft wird auch das Verbum mit Auslassung der Präposition und ihres Casus allein gesetzt, und da bedeutet es, vor Liebe, vor Verlangen brennen. Er brennt, den Mann von Antlitz zu kennen, Less.
Ach genade kiuniginne
In sender not ich brinne
Nach iuch in aller stund,
Herzog Johann v. Brabant.
Wenn der persönliche Gegenstand ausgedruckt werden soll, so bekommt derselbe das Vorwort für. Für jemanden brennen, vor Liebe zu ihm. Drey Jahre brenn ich nun für dich.
So hab ich lange schon für sie allein gebrannt,
Cron.
Für dich brannt er allein, wie sollt er für mich brennen?
Weiße.
Die Wahrheit; sollten sie nur alle Geister kennen!
Es würden bald für sie auch alle Geister brennen,
Kästn.
Von andern Leidenschaften, als der Liebe und höchstens dem Verlangen, ist diese Wortfügung nicht üblich; noch weniger aber die mit dem Vorworte auf, die sich Ein Mahl bey dem Opitz findet: Der Juden Volk, das zornig auf ihn brennet.
II. Als ein Reciprocum. Sich brennen, sich an oder mit etwas brennen, sich am Feuer oder mit einem heißen Körper beschädigen. Das Kind hat sich am Feuer gebrannt. Er hat sich mit heißem Wasser gebrannt. S. auch Verbrennen. Sich[1184] rein brennen, sich weiß brennen, figürlich, sich zu rechtfertigen, sich als unschuldig darzustellen suchen.
III. Als ein Activum. 1. Vermittelst des Brennens beschädigen; so wohl von dem Feuer, als von brennenden und andern ähnlichen Körpern. Das Licht brannte mich an die Finger. Die Sonne brennet mich auf den Kopf. Der Sand brannte unsere Sohlen, und die Sonne die Scheitel, Geßn. Ich bin von der Nessel gebrannt worden. Ein gebranntes Kind scheuet das Feuer. Er ist von der Sonne ganz schwarz gebrannt worden. Auch von den Empfindungen des Gemüthes, von einer heftigen Unruhe, großen Angst. Meiner Mutter Thränen brannten mich schmerzlicher als deine Schläge, Weiße. Es brennt ihn auf der Seele, die Ungeduld auszudrucken, welche man empfindet, wenn man gerne ein Geheimniß offenbaren möchte. Hierher gehöret vermuthlich auch der nur im gemeinen Leben übliche Ausdruck, einem alles gebrannte Herzeleid anthun, d.i. alles brennende, empfindliche Herzeleid. Daß das Mittelwort der vergangenen Zeit sehr oft für das Mittelwort der gegenwärtigen gebraucht werde, ist schon bey dem Worte Bediente angemerket worden.
2. Durch das Feuer verzehren lassen. Sengen und Brennen, im gemeinen Leben, mit Feuer verwüsten. Besonders, um sich Licht oder Wärme zu verschaffen. Licht, Öhl brennen. In vornehmen Häusern brennet man nichts als Wachslichter. Holz, Steinkohlen, Torf brennen. In Holland brennet man kein Holz, sondern Torf.
3. Vermittelst des Feuers hervor bringen, bey verschiedenen Handwerkern und Lebensarten. Holz zu Kohlen, zu Asche brennen. Steine, Metalle zu Kalk brennen. Kohlen brennen, das Holz bis auf den Grad durchbrennen, den es haben muß, wenn es zu Kohlen werden soll; in Niedersachsen Kohlen schwälen, weil solches nur vermittelst eines glimmenden Feuers geschiehet. Kalk brennen. Pech, Theer brennen, fettes Holz durch das Feuer zwingen seinen Theer herzugeben. Potasche brennen. Branntwein brennen, destilliren. Gebrannte, abgezogene, destillirte, Wasser. Messing brennen, ihn vermittelst des Feuers aus Kupfer und Gallmey hervor bringen. Stahl brennen, geschmelztes Eisen bey einem starken Feuer nochmahls schmelzen, und so lange im Feuer lassen, bis alle Schlacken zerstreuet worden, und nur allein die Stahlmasse zurück bleibt.
4. Durch das Feuer reinigen, oder auf eine andere Art zubereiten. Silber brennen. Das Silber fein, oder rein brennen, es, wenn es von dem Treibeherde kommt, im Feuer reinigen, bis es 15 Loth und 3 Quentchen fein wird. S. Brandsilber. Einen Rost brennen, im Bergbaue, die in den Erzen befindlichen Unreinigkeiten durch das Feuer verjagen oder verzehren lassen. Ziegel, Töpfe, Pfeifen brennen, ihnen im Feuer die gehörige Festigkeit geben. Gebrannte Steine. Die Pfanne brennen, in den Salzwerken, den Schöpp in der Pfanne mit Stroh los brennen, welches auch steinigen genannt wird. Leder brennen, bey den Schustern, das Leder mit Wachs, Talg und Kienruß einschmieren, und es über dem Feuer einziehen lassen, bis die Schäfte schwarz werden. Gebrannte Stiefeln, die aus solchem Leder verfertiget worden. Bey den Glasern bedeutet brennen so viel als löthen. Auch am Feuer rösten. Mehl brennen, gebranntes Mehl, in den Küchen. Kaffee brennen. Gebrannter Käse, figürlich, alter Käse, der mit der Wasser oder Wein eingesprenget, und in Kohlblätter eingewickelt wird, bis er weicher wird.
5. Mit einem glühenden Eisen zeichnen. Die Schweine brennen. Ein Gefäß brennen.[1185]
Anm. 1. Dieses Wort führet den Begriff einer hellen Flamme bey sich, im Gegensatze des Glimmens und Schmauchens, ob es gleich in manchen Fällen auch von einer jeden Art des Feuers gebraucht wird. Mit dem Brennen in der dritten und vierten thätigen Bedeutung ist zugleich eine Zerstreuung oder Vernichtung gewisser überflüssigen oder schädlichen Theile verbunden, wodurch es sich von dem Schmelzen und andern Feuerarbeiten unterscheidet. In andern Fällen gebraucht man für brennen auch die Verba rösten und backen.
Anm. 2. Unser heutiges brennen, lautet im Nieders. gleichfalls brennen, bey dem Ottfried und Notker brennan, im Angels. bren, im Schwed. brena, im Dän. brände, im Isländ. brenne, bey dem Ulphilas brinnen, im Ital. brucciare und brugiare, im Französ. brûler. Das Lateinische pruna und Griech. πραις, gehören gleichfalls hierher. Es ist ohne Zweifel aus einer sehr gewöhnlichen Versetzung des r aus dem noch ältern börnen, bernen, für brennen, entstanden, welches schon in dem Hebr. בער befindlich ist, und im Angels. bernan, byrnan, im Holländ. barnen, im Engl. burn, und in einigen Niedersächsischen Gegenden noch jetzt bernen lautet. S. Bernstein. Das Stammwort ist vermuthlich πυρ, Feuer. Daß auch die Lateiner für urere anfänglich burere gesagt haben müssen, erhellet aus den Zusammensetzungen amburere, comburere.
Anm. 3. Die Alten haben das Neutrum von dem Activo in der Conjugation sehr genau unterschieden. Das Neutrum lautet bey dem Ottfried, Notker und andern alten Schriftstellern brinnan, bey dem Ulphilas brinna, im Schwed. brinna; das Activum hingegen brennan, bey dem Ulphilas branjan, im Schwed. braenna. Die heutigen Oberdeutschen beobachten diesen Unterschied, wenn sie sich nicht nach der Hochdeutschen Mundart bilden, noch vollkommen. Das Neutrum heißt noch bey ihnen ich brinne oder prinne, Imperf. ich brann oder brunn, Mittelwort gebrunnen, Infinitivus brinnen; und das Activum brennen oder prennen. Vvio thaz herza bran in in, Ottfried. In ferbrinno, Notker.
Denn die stub yetz brunnen ist,
Theuerd. Kap. 74,
für hat gebrannt. Als ob sie brunne, für brannte, Bluntschli. Das Haus verbranne, eben derselbe. An einem andern Orte aber sagt er, es wurde verbrennet, weil hier das Activum, dort aber das Neutrum stehet. Die Hochdeutschen haben diesen Unterschied abkommen lassen. Indessen wäre es sehr nützlich, wenn man ihn, wenigstens so viel die Conjugation betrifft, wieder einführete, und das Activum regulär abwandelte, die irreguläre Conjugation aber bloß dem Neutro vorbehielte. S. Brand und Brunst. Ehedem bedeutete dieses Wort auch überhaupt beschädigen. Der stein einer im bed sporradern prennt, einer der Steine verwundete ihm beyde Sporadern, im Theuerd. Kap. 49. S. auch Brandung.
Buchempfehlung
Das Trauerspiel erzählt den letzten Tag im Leben der Königin von Georgien, die 1624 nach Jahren in der Gefangenschaft des persischen Schah Abbas gefoltert und schließlich verbrannt wird, da sie seine Liebe, das Eheangebot und damit die Krone Persiens aus Treue zu ihrem ermordeten Mann ausschlägt. Gryphius sieht in seiner Tragödie kein Geschichtsdrama, sondern ein Lehrstück »unaussprechlicher Beständigkeit«.
94 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro