Feyern

[141] Feyern, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1. Eigentlich, von seinen gewöhnlichen Berufsgeschäften ruhen, die Arbeit auf eine Zeit lang aussetzen. Nach gethaner Arbeit ist gut feyern, d.i. ruhen. Von der Arbeit feyern. Also feyerte das Volk des siebenten Tages, am siebenten Tage, 2 Mos. 16, 30. Sechs Tage sollt du deine Arbeit thun, aber des siebenten Tages (am siebenten) sollt du feyern, Kap. 23, 12. Der Acker, das Feld feyert, wenn es ruhet, d.i. nicht gebauet wird, brach lieget. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) Ohne Arbeit seyn, müßig gehen, im gemeinen Leben. Er kann gar nicht feyern, er muß beständig beschäftigt seyn. Die Zimmerleute haben schon drey Tage gefeyert. Die Bäcker feyern, wenn sie nicht backen.


Prassen und schlemmen

Huren, spielen, feyren und temmen,

Hans Sachs,


der auch das Wort Feyrer für einen Müßiggänger gebraucht. 2) Zaudern, im gemeinen Leben. Da ist nicht zu feyern. Feyerndes Geld, welches ohne Zinsen zu tragen müßig da liegt. Der Zorn feyert nicht. Der Teufel feyert nicht. 3) Schweigen, in der biblischen und höhern Schreibart. Die Freude der Pauken feyert, Es. 24, 8. Besonders, aus Ehrfurcht, mit Anbethung schweigen; in welchem Verstande dieses Wort häufig von den neuern Dichtern gebraucht wird. Sie sehen und feyern, Klopst.

II. Als ein Activum, mit Ruhe von den gewöhnlichen Geschäften und mit gottesdienstlichen Übungen oder auch mit Lustbarkeiten begehen. 1. Eigentlich, vornehmlich von der gottesdienstlichen Feyer. Einen Festtag feyern. Dieses Fest wird nicht überall gefeyert. Weihnachten wird drey Tage gefeyert. Zuweilen auch von der Feyer mit Lustbarkeiten. Jemandes Geburtsfest, Nahmenstag feyern. 2. Figürlich. 1) Feyerliche Freude, feyerliche Ehrerbiethung an den Tag legen, mit der vierten Endung des Hauptwortes. Über alle dem großen Raub feyern, sich freudig beweisen, 1 Sam. 30, 16. Alles was Stimmen hat feyert mit Stimmen die Ankunft der Sonne, Zach. Denke was das für ein Himmel von Glückseligkeit seyn müßte, wenn wir unsere Liebe vor den Augen der Welt feyern könnten! Weiße. 2) Jemanden feyerlich begegnen, ihn verehren; eine den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes bekannte Bedeutung. Er will gefeyert seyn. Jemanden feyern, mit der vierten Endung, im Nieders. Ingleichen in der höhern Schreibart.


Ich feyre dankbar meinen Held,

Raml.


Im Oberdeutschen aber mit der dritten. Seinen Grillen feyern, ihnen schmeicheln, nachhängen.


Vor solchen Ungeheuern

Kniet die verführte Welt und lernet Teufeln feyern,

Hall.


Völker, Städte, wem feyert ihr?

Denis.


Anm. Das Hauptwort die Feyerung wird wenig gebraucht. Härtere Mundarten sprechen und schreiben mit Versetzung des r feyren. Nur in der ersten Person des Präsentis ist für ich feyere, ich feyre, besonders in der Dichtkunst, üblicher. Als ein Neutrum, für ruhen, lautet dieses Wort im Nieders. firen, in den Monseeischen Glossen virron, bey dem Notker firron. In der thätigen Bedeutung kommt es mit dem mittlern Lat. feriare, und veralteten Franz. ferer,. foirer, foirier überein. Zur Erläuterung der zweyten figürlichen Bedeutung des Activi dienet, daß firen im Nieders. auch ein Tau, einen Strick nachlassen[141] bedeutet. Den Drachen feyern, den papiernen Drachen durch Nachgebung des Bindfadens höher steigen lassen; ein Beweis, daß dieses Zeitwort, wenigstens nicht in allen Bedeutungen, unmittelbar aus dem Latein. entlehnet worden. S. Feyer.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 141-142.
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