Geländer, das

[521] Das Geländer, des -es, plur. ut nom. sing. ein erhöhetes Werk, theils das Herunterfallen anderer Körper zu verhüthen, und sich daran zu lehnen, theils auch Gewächse daran zu befestigen, damit sie von dem Winde nicht umgeworfen werden. In der Baukunst ist das Geländer eine Lehne, welche von einer Reihe kleiner ausgezierter Pfeiler unterstützt wird, und um ein Dach, vor einem Balcon-Fenster, an den Treppen u.s.f. angebracht wird. Eine Brücke bekommt an den Seiten ein Geländer, damit niemand in den Fluß falle, und in gleicher Absicht wird zuweilen auch ein Brunnen mit einem Geländer umgeben. Das Gerüst von schwachen Latten oder Stangen in den Gärten und Weinbergen, woran man die Weinstöcke, und andere Gewächse befestiget, ein Spallier, heißt gleichfalls ein Geländer.

Anm. Gemeiniglich leitet man dieses Wort mit Wachtern von lehnen ab, weil doch das Anlehnen Hauptabsicht eines Geländers ist. Wenn diese Abstammung gewiß wäre, so würde man der zweiten Sylbe richtiger ein e als ein ä geben. Allein, wenn man den Gebrauch dieses Wortes in den verwandten Sprachen und Mundarten erwäget, so wird die Abstammung von lehnen ziemlich unwahrscheinlich. Im Nieders. heißt ein Geländer Land, Läne, Glind, im Holländ. Glend, in der Schweiz Lander, in andern Oberdeutschen Gegenden Lande, Lende, im mittlern Lat. Glandis. Im Mecklenburg. ist Glinde nicht nur ein breternes Geländer, sondern auch die Flügel einer Windmühle und ähnliche breterne Arbeiten. Fronsberg zählet die Landen, Lunden und Latten unter das Zimmerholz, welches in einem Zeughause vorräthig seyn soll. Es scheinet daher, daß dieses Wort zu dem Deutschen Latte, oder nach dem Frisch mit Lende zu dem Lat. Latus, die Seite, gehöret, wo das n, wie in vielen andern Fällen nur um des Wohllautes willen eingeschaltet worden. Indessen verdienet auch das Schwed. und Isländ. [521] Linda, das Holländ. Lint, ein Gürtel, eine Binde, in Betrachtung gezogen zu werden. Die Sylbe Ge hat hier eine collective Bedeutung, und zeiget an, daß ein Geländer aus mehrern einzelnen Stücken bestehe, wodurch es denn von einer Lehne an einem Stuhle u.s.f. hinlänglich unterschieden ist, ungeachtet in den gemeinen Sprecharten Lehne auch häufig von einem Geländer gebraucht wird.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 521-522.
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