[1327] Hungern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, Hunger empfinden. 1. Eigentlich, wo es auf doppelte Art gebraucht wird. 1) Als ein unpersönliches Zeitwort, mit der vierten Endung der Person. Es hungert mich. Es hat uns sehr gehungert. Uns hungert noch nicht. Mich hungert nach Brot. Da sie hungerte, Nehem. 9, 15. Hungert deinen Feind, so speise ihn, Kap. 25, 21. 2) Als ein persönliches Zeitwort, mit der ersten Endung der Person, freylich nicht auf die beste Art. Ich hungere. Wir hungerten. Sie werden weder hungern noch dürsten, Es. 49, 10. 2. In weiterer Bedeutung, Hunger leiden, ausstehen, nicht essen. Wir haben den ganzen Tag gehungert, d.i. nichts gegessen. Selig seyd ihr, die ihr hie hungert, Luc. 6, 31, d.i. allerley Mangel[1327] ertraget. Sich reich hungern wollen. Wenn mir etwas fehlet, so hungere ich, Gell. Er soll hungern, nichts essen. 3. Figürlich. 1) Ein heftiges Verlangen nach etwas empfinden, besonders im theologischen Verstande; als ein unpersönliches Zeitwort. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, Matth. 5, 6. 2) Mangel an etwas leiden, mit dessen lebhaften Empfindung; gleichfalls nur in der biblischen Schreibart, und als ein persönliches Zeitwort. Die Reichen müssen hungern, Ps. 34, 11. Ihr aber sollt hungern, Es. 65, 13.
Anm. Bey dem Notker hungeren, bey dem Ulphilas huggrian, (sprich hungrian,) im Angels. hungrian, im Engl. to hunger, im Schwed. hungra. Frisch und Haltaus lassen dieses Wort auf eine seltsame Art von Hund und Gier abstammen, so daß Hunger eigentlich eine hündische Begierde bedeuten müßte. Allein da es im Schwed. eigentlich verlangen überhaupt bedeutet hat, so leitet Ihre es weit wahrscheinlicher von dem Gothischen hunjan, verlangen, ab, von welchem es bloß das Intensivum ist, und welches hunjan entweder zu unserm hängen gehöret, von welchem noch Hang in einer ähnlichen Bedeutung gebraucht wird, aber auch zu dem alten Hug, das Gemüth, die Begierde, das Verlangen. S. Behagen.