Jetzt

[1434] Jétzt, ein Nebenwort der Zeit, die gegenwärtige Zeit zu bezeichnen. 1) Im schärfsten Verstande, diesen Augenblick, oder doch, vor oder nach einer sehr kurzen Zeit. Jetzt komme ich. Wo es oft durch die Nebenwörter gleich und eben verstärkt und genauer bestimmt wird. Eben jetzt erhalte ich einen Brief. Er ist eben jetzt erst weggegangen. Gleich jetzt ging er weg.[1434] Oft auch andere Neben- und Vorwörter vor sich leidet. Bis jetzt. Von jetzt an. Für jetzt gehöret es mir, d.i. was die jetzige oder gegenwärtige Zeit betrifft. Für jetzt habe ich genug. 2) In weiterer Bedeutung, mit Beziehung auf etwas vorher gegangenes, für nunmehr, gegenwärtig. Jetzt glaube ich dir. Jetzt sollst du sehen, daß du Unrecht hast. Jetzt schämet er sich. Jetzt ist es Zeit. Wenn es verdoppelt wird, so vertritt es die Stelle des bald – bald, oder Lat. nunc – nunc. Das Schwert frisset jetzt diesen, jetzt jenen, 2 Sam. 11, 25.


Sie stritten sich noch lange Zeit

Jetzt um die Sach, jetzt um den Nahmen,

Gell.


In welchem Falle doch jetzo und jetzund ungewöhnlich sind. 3) In noch weiterer Bedeutung, die gegenwärtige Zeit, in welcher man lebt, oder welche man als gegenwärtig in Gedanken hat, zu bezeichnen. Es ist jetzt die Mode so. Das jetzt laufende Jahr.

Anm. Diese Partikel ist von je her sehr verändert worden, und noch jetzt sind im Hochdeutschen jetzo, itzo, itzt, jetzund, itzund, jetzunder und itzunder gangbar; obgleich jetzt bey den meisten und besten Schriftstellern den Vorzug hat. In jetzo ist das o die müßige Alemannische Endung, welche sich auch in dero, ihro u.s.f. für der und ihr eingeschlichen hat. Ottfried gebraucht dafür mithont, die Schwäbischen Dichter jet; die Oberdeutsche Mundart des 15ten und 16ten Jahrhundertes hat iczund, yetzo, yeczund, yetzunder, yecz, Stryker jetzund, die Niedersächsische jetto. Im Engl. ist yet, im Angels. get, geta, und im Böhm. gesste, noch. Was die verlängerte Form jetzund betrifft, so ist sie unstreitig aus je oder dem bey dem Kero und im Tatian befindlichen giu, schon, Lat. jam, (S. Schon,) und Stund, zusammen gesetzet, welches ehedem nicht nur Zeit überhaupt, sondern auch ein Mahl, bedeutete, S. Stund; so wie noch jetzt die Niedersachsen upstund und upstunds sagen. Jetzt und jetzo scheinen aus diesem jetzund bloß zusammen gezogen zu seyn.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1434-1435.
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