Mit

[231] Mit, eine Partikel, welche überhaupt eine Gesellschaft, Verbindung und Gemeinschaft bezeichnet, und in einer doppelten Gestalt üblich ist.

I. Als ein Vorwort, welches alle Mahl die dritte Endung des Nennwortes erfordert. Es bedeutet,

1. Eine Begleitung, und in weiterm Verstande, eine Gesellschaft, d.i. die Theilnehmung an einem Zustande, an einer Handlung zu Einer Zeit, und oft auch an Einem Orte. Mit einem gehen, reisen, fahren. Alle diejenigen, welche mit uns auf dieser Welt leben, zu Einer Zeit. Kommen sie mit uns. Flehe mit mir den Himmel. Mit einem essen, trinken, welches aber auch oft so viel bedeutet, als bey ihm, an dessen Tische. Etwas mit sich nehmen. Wein mit Wasser vermischen. Den Häcksel mit Haber vermengen. Vielleicht begleiten einige wenige deine Zähren mit den ihrigen. Mit einem Sohne in die Wochen kommen. Alle mit einander, d.i. sie alle insgesammt. Jemanden mit Briefen an einen andern abschicken. Den Mann mit der Frau fortjagen. Die Alten mit den Jungen tödten. In welchem Falle man in den gemeinen Sprecharten dieses Vorwort und mehrern Nachdruckes willen noch mit einem sammt begleitet.


Du solltest dich der Lust mit sammt der Braut verzeihen,

Günth.


der Lust mit der Braut, der Lust und der Braut, welcher Nachdruck aber der anständigen Sprechart fremd ist.

2. Eine Gemeinschaft, eine Theilnehmung an den Umständen eines andern. Mit einem leiden. Sich mit einem freuen.[231] Nach dem, was vorgefallen ist, kann ich nicht mehr mit dir leben, in Gemeinschaft mit dir. Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich, Luc. 11, 23. Sind wir mit Christo gestorben, so glauben wir, daß wir auch mit ihm leben werden, Röm. 6, 4. Mit euch wird die Weisheit sterben, Hiob 12, 2, in eurer Person, mit euch zugleich. Etwas mit einem andern gemein haben. Er hat gleiche Neigungen mit mir. Sie sind mit meinem Bruder von Einer Größe.

3. Ein Werkzeug. Mit dem Messer schneiden, mit dem Degen stechen, mit der Axt hauen, mit dem Hammer schlagen. Mit dem Degen in der Faust erobern. Etwas mit der bloßen Hand angreifen. Mit den Augen winken. Ich habe es mit meinen Ohren gehöret. Mit der Elle messen. Sein Vaterland mit dem Rücken ansehen. Mit der Zunge anstoßen. Und so in tausend andern Fällen mehr.

4. Ein Hülfsmittel, ein Mittel. Mit barem Gelde einkaufen. Mit Gelde läßt sich alles zwingen. Mit Gutem richtet man mehr aus. Mit Gottes Hülfe. Mit Gott wollen wir Thaten thun, Ps. 60, 14. Grüßet euch unter einander mit dem heiligen Kusse, Röm. 16, 16.

5. Eine Materie. Mit Eisen beschlagen. Mit Gold einfassen, sticken, belegen. Mit Tinte schreiben. Mit doppelter Kreide anschreiben. Mit Wasser getauft. Mit Rosen gekrönt. Mit Segen geschmückt. Mit Gelde bestechen. Einen Acker mit Gerste besäen. Mit Wasser anfüllen. Mit Koth besudeln. Mit einem Sternchen bezeichnen. Einen Wagen mit Getreide, mit Steinen beladen. Mit Bäumen, mit Unkraut bewachsen. Mit Unglück schwanger gehen. Mit Blindheit geschlagen. Mit einer Krankheit behaftet seyn.

6. Einen Gegenstand, und zwar, 1) den persönlichen Gegenstand einer Handlung. Mit jemanden sprechen. Mit einem zanken, streiten, hadern. Mit einem zu thun haben. Ich schmecke kein Vergnügen, welches ich nicht mit ihnen theile. Weisheit und Thorheit können sich nicht mit einander vertragen. Was habt ihr denn mit einander? Mit jemanden bekannt seyn. Sich mit etwas bekannt machen. Sich mit jemanden aussöhnen, vertragen. Ein Bündniß, einen Vertrag mit jemanden machen. Viele Noth mit einem haben. Es mit einem halten. Er meint es nicht aufrichtig mit mir. 2) Zuweilen auch den Gegenstand der Sache. Bist du mit dem Kranze fertig? Mit den Außenwerken weit ins Feld rücken. Verschone mich mit solchen Anträgen. Laß mich damit zufrieden. Mit dem Essen auf jemanden warten. Was wollen sie mit diesen Worten sagen? Was willst du denn mit ihm? warum erwähnst du seiner? Mit etwas unglücklich seyn. Wenn man mir mit dem Nachruhme kommt, so muß ich nothwendig lachen, Gell. Wenn sie mir mit ihrer Liebe angezogen käme, Weiße, wenn sie davon spräche. Nimm dich mit dem Lichte in Acht. Nur schweig mir dieses Mahl mit solchen Reden still. Halt an mit Lesen. Mit dem Reden kann ich es nicht lange aushalten. Sich mit etwas beschäftigen. Den Anfang, den Beschluß mit etwas machen. Mit etwas zufrieden seyn. Wohin, 3) auch viele Fälle gehören, in welchen dieses Vorwort gebraucht wird, den Gegenstand der Person oder Sache nur schlechthin zu bezeichnen. Ein Freund, mit dem es keiner Umstände braucht, in Ansehung dessen. Es ist aus mit ihm, es ist mit ihm gethan. Es sieht gefährlich mit ihm aus. Mit den Folgen sieht es noch sehr unsicher aus. Wie wird es nach unserm Tode mit dem Nachruhme aussehen? Gell. Wie läßt sich der Umstand mit dem Gespenste erklären? Es ist mit dem Schalle, wie mit den Tönen. Eben so ist es mit den Mannspersonen beschaffen. Es ist mit seiner Heiterkeit immer nur[232] ein Übergang. Ich dächte, es ließe sich mit ihrem Verstande noch wohl halten, Gell. Wie lange wird es denn noch mit mir werden? Weg mit der Sache! Ins Zuchthaus mit solchen ungerathenen Rangen? Gell. 4) Ingleichen, der in der vertraulichen Sprechart übliche elliptische Gebrauch, einen Gegenstand des Unwillens zu bezeichnen. Ach die böse Frau mit ihrem verwünschten Besuche! Gell. Mit deiner ewigen Freyheit! Gell. Mit eurem Schreyn! Weiße. Geh mit deiner Ehre!

7. Die Art und Weise, wie etwas geschiehet, gleichsam, von welcher Eigenschaft es begleitet wird. Etwas mit Geduld ertragen, geduldig. Mit Haufen kommen, haufenweise. Seine Schritte mit Vorsicht abmessen. Laß mich mit Frieden, im gemeinen Leben, wofür man auch sagt, laß mich zufrieden. Eine Stadt mit Sturm erobern. Seine Arbeit mit Bethen anfangen. Mit Heftigkeit auf etwas dringen. Dem Tode mit Standhaftigkeit entgegen sehen. Das Seinige mit einem ruhigen Gewissen besitzen. Ich fand ihn munter mit dem Stabe in der Hand. Etwas mit Vortheil, mit Schaden verkaufen. Das hast du nicht mit Recht. Mit Stumpf und Stiel ausrotten, gänzlich. Mit Lust arbeiten. Etwas mit Widerwillen thun. Mit Maßen züchtigen, mäßig. Mit Schande bestehen. Mit Ehren zu melden. Mit einer trotzigen Miene ansehen.


Der Ton, mit dem sie sprach, verrieth ein still Verlangen.

Gell.


Wohin auch das in den gemeinen Sprecharten, besonders Niedersachsens, übliche mit Ein Mahl für auf Ein Mahl gehöret.


Und ward mit Einem Mahl erweicht,

Gell.


8. Den Umstand des Besitzes. Mit großen Fähigkeiten geboren werden. Mit einem Schaden auf die Welt kommen. Der Mann mit der krummen Nase, welcher die krumme Nase hat. Markgraf Otto von Brandenburg mit dem Pfeile. Das Mädchen mit den schwarzen Augen. Es kam einer mit Nahmen Markolph. Judas mit dem Zunahmen Thaddeus.

9. Eine Zeit, wenn eine Veränderung erfolgt ist, oder erfolgen soll. Mit Anbruch des Tages verreisen. Das wird sich mit der Zeit schon geben. Mit den Jahren wird man klug. Mit dem Schlage zehen steht sie auf. Der Pacht hört mit dem ersten May auf. Mit diesen Worten lief er fort, nachdem er diese Worte gesprochen hatte. Ich werde mit dem Frühesten aufstehen. Ich will es mit dem neuen Jahre anfangen. Das längste Übel hört doch mit dem Tode auf, Gell.


Und so entzückte seine Brust

Ein frischer Scherz mit jedem Morgen,

Mit jedem Abend neue Lust,

Haged.


Ich trage dir die Speise zu

Schon mit dem frühsten Morgen,

Weiße.


II. Als ein Nebenwort, in der ersten Bedeutung des Vorwortes, eine Gesellschaft, Begleitung, zu bezeichnen. Ich kann es unmöglich mit anhören, mit ansehen. Warst du auch mit dabey, mit darunter? Es mischt sich immer etwas Menschliches mit ein. Mit zur Leiche gehen. Wohin auch das im gemeinen Leben übliche mit unter gehöret. Es läuft immer so etwas Lächerliches mit unter. Mit unter gibt es noch ehrliche Leute, d.i. hin und wieder. Sie sind mit unter (zuweilen) ein wenig grob. Ingleichen das in der anständigen Sprechart größten Theils veraltete mit nichten, für keinesweges, im Theuerdanke mit nicht.

Anm. 1. Diese alte Partikel lautet im Salischen Gesetze mitho, im Kero schon mit, bey dem Ulphilas mith, im Angels. mid, im Engl. with, im Schwed. med, im Isländ. medur midur, im Finnischen myöden, bey den Krainerischen Wenden med, mejd, mej,[233] welche zunächst unter bedeuten, und im Griech. μετα. Im Niedersächsischen ist das Nebenwort von dem Vorworte genau unterschieden; indem ersteres daselbst mede, mee, letzteres aber mit lautet. Auch bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern lautet das Nebenwort gemeiniglich mitte, das Vorwort aber mit. Beyde sind indessen nur Ein Wort, und bezeichnen zunächst eine Begleitung, eine Gesellschaft, aus welchem Begriffe alle übrigen Bedeutungen als Figuren herfließen; so daß dieses Wort ein naher Geschlechtsverwandter von mengen, mischen, machen, verbinden, 4. Matte, Materie, Masse u.s.f. ist, welche sich zum Theil nur in den Ableitungssylben unterscheiden.

Anm. 2. So häufig dieses Vorwort auch gebraucht wird, so gilt doch von demselben auch, was von fast allen Vorwörtern gilt, daß es nehmlich bey der Anwendung auf den Gebrauch ankommt, ob derselbe es in diesem oder jenem Falle hergebracht habe oder nicht. Nur in der ersten und dritten Bedeutung einer Begleitung, Gesellschaft, und eines Werkzeuges, kann es fast ohne alle Einschränkung gebraucht werden. Ehedem wurde es sehr häufig auch für bey und durch gesetzet. Mit Gotes kreftin, Ottfried, durch Gottes Kraft. Somit, im Oberdeutschen für dadurch, folglich. Mit dem Glauben, Buch Belial 1472, für, durch den Glauben. Im gemeinen Leben sagt man noch mit alle dem, für, bey dem allen; so wie es auch noch im Niedersächsischen häufig da stehet, wo der Hochdeutsche das Vorwort bey gebraucht. Mit einem dienen, bey ihm.

Anm. 3. Dieses Vorwort wird so, wie alle Vorwörter, häufig mit andern Wörtern zusammen gesetzet. Von Partikeln gehören dahin, damit, womit, mithin, hiermit, und das schon gedachte Oberdeutsche somit, S. diese Wörter. Weit größer ist die Zahl der Nennwörter, und besonders der Hauptwörter, welche diese Partikel in der Zusammensetzung vor sich leiden, wo sie denn alle Mahl die zweyte Bedeutung der Gemeinschaft, der Theilnehmung an einerley Umständen hat. Mitarbeiter, Mitchrist, Mitglied u.s.f. Auch einige Bey- und Mittelwörter leiden diese Zusammensetzung, ein Mitschuldiger, Mitbelehnter u.s.f. Eben so häufig wird es auch den Zeitwörtern vorgesetzet, in der ersten Bedeutung des Vorwortes, eine Begleitung, Gesellschaft, zu bezeichnen. Mitgehen, mitfahren, mitlaufen, mitbringen u.s.f. Fast alle Zeitwörter können es in diesem Verstande vor sich leiden, ob sie gleich nicht alle in demselben üblich sind. Im folgenden sind nur einige der vornehmsten und gangbarsten aufgeführet worden. Mit ist in dieser Verbindung alle Mahl ein trennbares Vorwort, welches in den gewöhnlichen Fällen hinter das Zeitwort tritt, und das Augment unmittelbar nach sich hat: nimm es mit, mitgekommen. Man hat die Frage aufgeworfen, ob mit in der Verbindung mit Zeitwörtern mit denselben zusammen gezogen, oder getheilt geschrieben werden müsse; das heißt mit andern Worten so viel, ob es hier die Gestalt eines Vorwortes oder eines Nebenwortes habe. Es lassen sich für beydes Gründe anführen. Indessen ist die Zusammenziehung einmahl hergebracht, und mit hat über dieß die Analogie der andern Vorwörter vor sich, welche in so unzähligen Fällen adverbisch stehen. Man schreibe also immer mitbringen, mitgehen, mitbethen, mitwirken u.s.f. Nur wenn das Zeitwort schon mit einer andern Partikel zusammen gesetzet ist, so wird das mit lieber von demselben abgesondert; mit genießen, ich kann nicht mit einstimmen, mit erwachen. Auch ist es rathsamer, wenn man neue, eben nicht allgemein gangbare Ausdrücke dieser Art wagt, eine Handlung zu bezeichnen, welche von mehrern zu Einer Zeit, und an Einem Orte vorgenommen wird, das mit getheilt zu schreiben. Wollen sie nicht mit spazieren gehen? Mit gefangen, mit gehangen. Mit hat in allen Fällen den Ton, es sey nun ein Vorwort oder ein Nebenwort.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 231-235.
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