Pfrieme, die

[753] Die Pfrieme, plur. die -n, oder der Pfriem, des -es, plur. die -e, bey einigen auch der Pfriemen, des -s, plur. ut nom. sing. überhaupt ein jeder langer und spitziger Körper; in welcher weitern Bedeutung es doch veraltet ist, indem es jetzt nur noch von einzelnen Körpern dieser Art gebraucht wird. Von den spitzigen Blättern wird so wohl der Ginster, Genista L. als auch die Hasenheide, Spartium L. häufig Pfriemen und Pfriemenkraut genannt. Bey den Tuchmachern ist der Pfriemen der eiserne Draht in dem Schützen, worauf die Pfeife steckt. Ein schmales an Einem Ende spitzig zulaufendes Stück Ackers ist in der Landwirthschaft häufig unter dem Nahmen eines Pfriemens bekannt. Am häufigsten gebraucht man dieses Wort von einem spitzigen Eisen, Löcher damit in einen weichen Körper zu bohren, dergleichen Pfriemen besonders die Schneider und Sattler haben, bey welchen letztern dieses Werkzeug zugleich mit einem Hefte versehen ist. Mit einem Pfriemen das Ohr durchbohren, 2 Mos. 21, 6. Sich mit Pfriemen ritzen, 1 Kön. 18, 28. In einer andern Stelle gebraucht Luther es im weiblichen Geschlechte: so nimm eine Pfrieme und bohre ihm durch sein Ohr, 5 Mos. 15, 17; in welchem Geschlechte es, wenn es dieses Werkzeug bedeutet, auch im Hochdeutschen am üblichsten ist. Die Ahlen oder Orte der Schuster sind eine Art dünner, schwacher und gemeiniglich gekrümmter Pfriemen.

Anm. Im Nieders. Preem, im Schwed. Pren, im Griech. περονƞ. Der Begriff der Länge, besonders aber der Spitze, ist in[753] diesem Worte ohne Zweifel der herrschende. Im Nieders. wird daher die Geniste Brahm genannt, Angels. Brom, und bremen war ehedessen für stechen üblich. Im Isländischen ist Prionn eine Nadel, und im Holländ. Moordpriem ein Dolch. Wenn es bey dem Tacitus heißt, daß die alten Deutschen ihre Spieße, mit welchen sie sich so wohl in der Nähe als Ferne vertheidigten, Frameas genannt, so bleibt Wachter bey den Wörtern nahe und fern stehen, und da fram in allen alten Mundarten beydes bedeutet, so läßt er das Framea des Taciti davon abstammen, worin ihm auch Ihre beypflichtet, ungeachtet diese Ableitung überaus gezwungen und sprachwidrig ist. Wahrscheinlicher wäre sie geworden, wenn er das alte rahmen, schießen, bey dem Ottfried rammen, als das Stammwort angenommen hätte. Allein, was bedarfs so vieler Umschweife, da unser Pfrieme die natürlichste Ableitung an die Hand gibt. Noch Hornegk gebraucht Fram von einem Wurfspieße, einer Lanze. S. Riemen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 753-754.
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