Posse, die

[812] Die Posse, plur. die -n, Diminut. das Pößchen, Oberdeutsch Pößlein, eine scherzhafte Geberde, oder Rede, welche bloß zur niedrigen Belustigung dienet; daher dieses Wort jetzt allemahl in einem nachtheiligen Verstande gebraucht wird, dagegen es ehedem auch für Spaß und Scherz überhaupt üblich war. Possen machen, Possen treiben, Possen reißen, (S. Reißen,) zunächst von Geberden, hernach aber auch von Reden. Alberne, grobe Possen. Das sind Possen. Jemanden Possen vormachen. Eine ungefähre Posse, Less.


Drum tummle sich im Thal der Posse,

Wer sich nicht höher schwingen kann,

Gottsch.


Anm. Im Oberdeutschen auch der Boß, in den Monseeischen Glossen im Plural Gibosi, im Nieders. wo es auch in gelinderm Verstande gebraucht wird, Butze, Putze, im Ital. Pazzie. Die Abstammung ist ungewiß. Unser Spaß, das alte fatzen, das Ulphilanische baud, närrisch, Böhm. possetily, und das Ital. Pazzo, ein Narr, Böhm. Possetilost, die Narrheit, sind allem Ansehen nach damit verwandt. Da die meisten gleichbedeutenden Wörter von der Bewegung hergenommen sind, wie Gaukeler, Schwank, das Lat. Jocus, u.s.f. und zunächst possenhafte Bewegungen und Stellungen bedeuten, so leidet auch dieses eine ähnliche Ableitung, da es denn mit wetzen, Witz, wachsen, Nieders. wassen, faseln, dem Dän. passe, thun, handeln, verrichten, dem veralteten fatzen u.s.f. Eines Geschlechtes seyn würde. Im Griech. ist παιζειν gleichfalls spielen und scherzen. Aus dem Frisch erhellet, daß die Geberden ehedem Bossen genannt wurden, daher auch Mimus in Golii Onomast. durch Bossierer übersetzt wird. S. der Possen, Possierlich und Spaß. Im Franz. ist Passepasse Gaukeley.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 812.
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