Steif

[329] Steif, -er, -este, adj. et adv. unbiegsam, was sich nicht biegen lässet. 1. Eigentlich, wo es sowohl überhaupt von dieser Eigenschaft gebraucht wird, als auch in engerm Verstande von solchen Körpern; welche gewöhnlich biegsam sind. Es bezeichnet alsdann einen geringern Grad der Unbiegsamkeit als das intensive starr. Steife Leinwand welche mit Gummi steif gemacht worden; im Oberd. starre. Mosis Hände bleiben steif, 2 Mos. 17, 12. Steife Stiefeln. Die Kleider, die Finger sind ganz steif gefroren. Einen steifen Hals, steifen Arm haben. Das Pferd ist steif, wenn es die Gelenke in den Füßen nicht biegen kann. Steif da stehen. In einigen Fällen auch von weichen Körpern, wenn sie einen hohen Grad der Dicke haben. Steifer Matz, steifer Käse, in einigen gegenden ein Nahme des Streichkäses oder Quarkes. Ehedem bedeutete es auch fest, unbeweglich, im eigentlichen Verstande; in welchem es aber im Hochdeutschen veraltet ist.


Diß Ganze hier, der Erden schönes Haus,

Hat er so steif gesetzet aus und aus,

Opitz.


Dein Same ist von mir unendlich steif gesetzet,

Opitz.


Die Erde hat er auch auf ihren Fuß[329]

So steif gesetzt, daß ihr Grund bleiben muß,

Opitz.


Auf welche Bedeutung sich noch einige der folgenden figürlichen beziehen. 2. Figürlich. (1) Steif auf etwas sehen, mit unverwandten Augen, wofür auch starr üblich ist. Jemanden steif in die Augen sehen. Steif auf die Erde sehen. Es ist hier nur als ein Nebenwort gangbar. (2) Standhaft, fest im figürlichen Verstande, mit anhaltender Anstrengung des Gemüthes. Sich etwas steif vorsetzen. Steif über etwas halten. Er hält steif über den alten Adel.


Ich bilde steif mir Gottes Beystand ein,

Opitz.


Weil alle steif auf ihren Sinn beharrten,

Gell.


Besonders in Verbindung mit dem Worte fest. Steif und fest auf etwas beharren. Es ist steif und fest beschlossen, unveränderlich.


Ich werde steif und feste daran hangen,

Opitz.


Im Hochdeutschen ist es auch hier als ein Nebenwort am üblichsten; in einigen Provinzen hingegen sagt man auch, ein steifer Vorsatz, ein fester; eine steife Liebe, eine standhafte; ein steifes Vertrauen, ein festes. (4) Auf eine fehlerhafte Art unbiegsam und gerade, von Dingen, welche eine angenehme Biegsamkeit haben sollten, und in weiterm Verstande, gezwungen, von Stellungen, Geberden u.s.f. Er stehet so steif da wie ein Klotz. Ein steifes Compliment. Die steife Förmlichkeit im Umgange. Die stolze Hofdame, welche ihrer Frau eine steife Verbeugung und ein durchlauchtiges Lächeln abgeborgt hat. In seinem Betragen steif seyn.


Ein Sprößling eigennützger Ehe,

Der stolz und steif und bürgerlich

Im Schmausen keinem Fürsten wich,

Haged.


Anm. Im Nieders. stief, im Angels. stif. im Engl. stiff, im Schwed. styf, im Ißländ stifur, im Griech. συφρος, welches sowohl steif als fest bedeutet. Es ist allem Ansehen nach mit Stab Eines Geschlechtes, und stammet mit demselben vermittelst des veränderten Endlautes von stehen ab. Im Niedersächsischen ist auch stävig für steif üblich, welches seine Abstammung von Stab, Nieders. Stav, noch weniger verläugnen kann.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 329-330.
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