Die Hexen

[202] Die Hexen. Alle alte und neue Völker des Erdbodens glauben in dem Stande geringerer Geistescultur an die Einwirkungen böser Geister; da man nun bei den ältesten Deutschen dem weiblichen Geschlecht die Gabe mit Geistern umzugehen und zu weißagen beinahe ausschließend beilegte, so kam dasselbe vorzüglich in den Verdacht der Zauberei und des Besitzes überirdischer Künste. Die Prozesse gegen dergleichen angebliche Zauberinnen (Hexen) wurden im Mittelalter aus Mangel an Beweisen gewöhnlich durch ein Gottesurtheil entschieden: die Angeklagte wurde z. B. auf ein tiefes Faß mit Wasser gesetzt, und wenn sie schwamm, als Hexe zum schmählichsten Tode verurtheilt, welcher gemeiniglich in der Verbrennung bestand; auch wog man zuweilen die Angeschuldigten, und wenn sie sehr leicht waren, hielt man sie für Hexen. Noch im vorigen Jahrhunderte verloren unzählige Unglückliche [202] durch Beschuldigungen der Hexerei Leben oder Freiheit; und erst vor ungefähr hundert Jahren gelang es dem unsterblichen Thomasius, die Hexenprozesse größten Theils zu verbannen. Man findet seitdem wenig Beispiele von dergleichen Abscheulichkeiten. Jedoch meldet uns Herr Hofrath Meiners im vierten Theil seiner Briefe über die Schweiz, daß noch im Jahre 1782 im Canton Glarus eine angebliche Hexe hingerichtet worden sei.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 202-203.
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