Orlandus Lassus

[362] Orlandus Lassus, Kapellmeister zu München, geb. zu Bergen im Hennegau 1520, ein seiner ganzen musikalischen Verdienste wegen sehr berühmter Tonkünstler [362] des 16. Jahrhunderts, wurde schon als Knabe wegen seiner schönen Stimme mehrere Mahl seinen Aeltern entführt. Im achtzehnten Jahre, nachdem er zu Sicilien, Mailand und Neapel gewesen war, verlor er die Stimme ganz, erwarb sich aber durch sein angenehmes Betragen und seine Geschicklichkeit immer mehr Freunde, wurde endlich 1557 vom Herzog Albert zu Bayern nach München berufen, und 1562 daselbst bei der damahls äußerst berühmten und ansehnlichen Kapelle zum Director erhoben, wo er durch die Aufmunterung seines Fürsten die schon als Jüngling in der Composition gezeigten und bewunderten Talente ganz ausbildete, und überall, wo man seine Compositionen hörte, Leben und Kraft verbreitete. Sein Ruhm erscholl bald durch ganz Europa, seine Compositionen verdrängten beinahe alle die übrigen seiner Zeitverwandten, sein Bildniß wurde sehr häufig in Holz geschnitten und in Kupfer gestochen, und Kaiser Maximilian II. erhob ihn endlich in den Adelstand. Viele seiner Werke, die er mit Lateinischen, Deutschen, Italiänischen und Französischen Texten herausgegeben, bestehen in geistlichen Stücken; aber man hat auch unter andern eine Sammlung Madrigale von ihm, die zu seiner Zeit für das Schönste gehalten wurden, was man nur hören konnte. Er starb 1594 zu München unter dem Namen Orlando di Lasso.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 362-363.
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