Ryswick

[371] Ryswick, ein Ort in der Provinz Holland, eine Stunde vom Haag, hat in staats- und völkerrechtlicher Hinsicht einen Namen erlangt durch den bekannten Ryswicker Frieden, welcher hier im Jahre 1697 durch Schwedens Vermittelung zu Stande kam, und für sämmtliche kriegführende Mächte nicht nur höchst nöthig, sondern in der That wohlthätig war. Durch diesen Frieden [371] nehmlich wurde ein Krieg geendigt, welchen der König von Frankreich, Ludwig XIV. mit dem unverdienten Beinamen: der Große, seit 1688 gegen den Deutschen Kaiser, Leopold I. und den Herzog von Savoyen in Italien, gegen das Deutsche Reich aber im Schwäbischen, Ober- und Niederrheinischen Kreise und in Bayern, gegen England und die vereinigten Niederländer in Burgund und den Niederlanden sowohl, als zur See, und endlich gegen Spanien in Catalonien mit so großem Glücke, aber zum größten Nachtheile aller dieser Staaten geführt hatte, und wozu ihm wenig oder gar kein Anlaß war gegeben worden. Wundern muß man sich beim erstern Anblicke über die überaus große Mäßigung des siegreichen Ludwigs, welcher, nachdem er fast überall so große Eroberungen gemacht hatte, dennoch sämmtlichen kriegführenden Mächten durch Carl XI. König von Schweden, diesen Frieden anbietet, in solchem alle Eroberungen wieder herausgiebt, und bloß das auf dem linken Rheinufer reunirte Elsaß nebst Straßburg behielt. Richtet man jedoch auch zugleich einen Blick auf Spaniens Thron, dessen baldige Erledigung der schlaue Ludwig voraussah, und welche 3 Jahre darauf, am 1. Nov. 1700, mit dem Tode Carls des Zweiten erfolgte, so wird sich jene bewiesene Mäßigung gar leicht begreifen lassen; ja man wird darin einen neuen Zug seiner Politik, seiner Hab- und Herrschsucht finden, indem er in der Folge der Zeit nichts weniger als die Krone Spaniens an sein Haus zu bringen sich bestrebte. – Uebrigens ist noch die Ryswickische Clausul, im 4. Art. des gedachten Friedensschlusses, bemerkenswürdig, Kraft welcher die katholische Religion in denjenigen Orten des Deutschen Reichs, wo sie nach dem Westphälischen Frieden von Frankreich eingeführt worden, in unverändertem Zustand verbleiben sollte. Trotz der nachherigen häufigen Bemühungen der protestantischen Stände, eine Abänderung hierin zu bewirken, ist es dennoch immerfort mit dieser Clausul im vorigen Stande geblieben.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 371-372.
Lizenz:
Faksimiles:
371 | 372
Kategorien: