[42] Taktmesser, Zeitmesser, Chronometer zu sagen. Es ist nehmlich für die musikalische Ausführung eines Tonstücks sehr wichtig, die richtige Zeitbewegung zu treffen, in welcher es, nicht zu langsam oder nicht zu geschwind – kurz, dem Charakter desselben angemessen, vorgetragen werden soll; denn die Zeitbestimmungen, welche zu Anfange gewohnlich angegeben werden – Andante, Adagio, oder Allegro, Presto etc. – sind immer noch zu schwankend und ungewiß, weil jeder Compositeur sich sein Andante, sein Allegro langsamer oder geschwinder denkt, als ein andrer, mithin auch in einer andern Bewegung vorgetragen wissen will.1 Man hat daher lange, in London sowohl als in Paris, mit Ausfindung einer Maschine, durch welche der Tonsetzer genau angeben kann, nach welchem Maßstabe für die musikalische Zeit er sein Stück ausgeführt wissen will, Versuche gemacht, die auch zum Theil glückten, und von der Akademie der Künste und Wissensch. zu Paris mit Be fall gekrönt wurden. Allein in Deutschland wollte es keinen Eingang finden, bis Prof. Bürja zu Berlin, und Kantor Weißke zu Meißen fast zu gleicher Zeit ein solches Instrument erfanden. Neuerlich aber hat hauptsächlich Stöckel, Kantor zu Burg, hierin einen sehr glücklichen Versuch gemacht, nach welchem jener Taktmesser, oder Chronometer, aus einer[42] auf ein Postament gestellten Maschine, gleich einer Uhr mittler Größe, besteht, an welcher ein Pendul und eine Schnur mit einer Rolle hängt, woran sich ein Gewicht befindet; auf dem Zifferblatte sind Zahlen, auf welche, so wie es von dem Componisten über seinem Stücke angegeben ist, man den Zeiger hinrückt, um dann durch den in Bewegung gesetzten Pendul, und dessen Schnelligkeit oder Langsamkeit die Zeit zu erfahren, welche jener für sein Stück haben will. Indessen hat man doch nicht gehört, ob von dieser bedeutenden Erfindung öffentlich Gebrauch gemacht worden ist. »Vielleicht – sagt der Redact. der geschätzten Leipziger allg. musikal. Zeitung v. 1807. – kommt einmahl ein Englischer oder Französischer Mechanicus darauf, das Instrument nachzumachen und es mit gehörigem Geräusch der Welt um einen verzehnfachten Preis anzubieten – dann wirds wohl gehen!« –
1 So ist es z. B. bekannt, daß der große Mozart seine Tempi gewöhnlich nicht zu geschwind nahm; und es ist daher manchen Musikdirectoren nicht zu verzeihen, wenn sie seine Werke mit überschneller, beinahe möchte man sagen, Raserei versudeln.
Brockhaus-1809: Taktmesser [2]