[204] *François Athanas Charette: geb. zu Couffé im Departement der Nieder-Loire im Jahre 1763. Vor der Revolution war er Lieutenant bei der Marine, und lebte nachher in gänzlicher Abgezogenheit von den öffentlichen Geschäften auf einem Landgute. Bei dem Ausbruch der allgemeinen Unruhen in der Vendee und den benachbarten Departements, soll eine Anzahl Mißvergnügter ihn aufgefordert haben, zu den Waffen zu greifen und Anführer einer Truppen-Abtheilung zu werden. Charette folgte zwar diesem Rufe unter der Bedingung der strengsten Unterwürfigkeit von Seiten seiner Untergebenen; allein sein Ehrgeitz trieb ihn zu ungleich höhern Entwürfen. [204] Er wünschte der Hauptanführer aller Colonnen zu werden, und da ihm der tapfere dʼElbee im Commando vorgezogen wurde: so widersetzte er sich stets allen vereinigten Unternehmungen, und schadete dadurch der gemeinschaftlichen Sache ungemein (vergl. den Art. Vendee). Demungeachtet kann nicht geläugnet werden, daß Charette alle übrige Anführer der Vendee an unerschütterlicher Beharrlichkeit, an listiger Verschlagenheit und an kühnen und auf das Terrain des Landes künstlich berechneten Operationen weit übertraf, und in dieser Rücksicht die Oberbefehlshaberstelle – die er auch in der Folge nach dʼElbeeʼs Tod erhielt – ganz vorzüglich verdiente. Der hartnäckige Widerstand, welchen er den Republikanern innerhalb drei Jahren (1793–1796) leistete, und die Klugheit, womit er die undisciplinirten Heerhaufen der Landbewohner zu geübten Truppen umschuf, oder sich doch wenigstens ihrer so zu bedienen wußte, daß ganze republikanische Armeen dadurch zu Grunde gerichtet wurden, verschaffte ihm die Bewunderung von Europa, und selbst die Achtung seiner unversöhnlichsten Feinde. Man hielt die Vendee für nicht besiegt, so lange noch Charette sie durchstreifte. Nachdem General Hoche im Anfange des Jahres 1796 sich die meisten Anführer der Vendee unterwürfig gemacht hatte: so schickte er überall einzelne Truppencorps umher, um Charetten aufsuchen zu lassen. Dieser hielt sich mit einer kleinen Anzahl seiner treuesten Anhänger in Gehölzen verborgen, und entging noch geraume Zeit den Nachspähungen seiner Gegner. Aber am 23. März 1796 wurde er auf einmal so dicht von allen Seiten umringt, daß es unmöglich blieb, sich länger zu halten. Ein Trupp Republikaner nahm ihn gefangen: auf Hocheʼs Befehl wurde er nach Nantes gebracht, einem Kriegsgericht übergeben und von diesem zum Tode verurtheilt. Seine ruhige Besonnenheit verließ ihn selbst in den letzten Augenblicken seines Lebens nicht. Er antwortete auf alle ihm vorgelegte Fragen mit Ruhe und Würde, und gab auf dem Richtplatze den Soldaten selbst das Zeichen zu dem Schusse, der seinem Leben ein Ende machte (am 29. März 1796.).