[213] Henry Christoph, Negergeneral auf Cap François in Domingo, that seine ersten Kriegsdienste unter dem Negergeneral Biassou, der die ersten Unruhen auf der Insel St. Domingo leitete, aber durch Toussaint Louvertüreʼs Hinterlist von einem andern Negergeneral, Jean François, gestürzt wurde. Schon in Biassouʼs Schule hatte er sich durch Morden und Verwüstung ausgezeichnet. Als in der Folge Toussaint (s. dies. Artik. in den [213] Nachtr.) durch seine verstellte Anhänglichkeit an Frankreich und Unterwerfung sich zum Obergeneral der Negerarmee aufgeschwungen hatte, aber unter dem Vorwande, daß zwischen den auf Domingo befindlichen weißen Einwohnern und den Engländern ein Einverständniß herrsche, viele Weiße niedermetzeln ließ; so zeigte sich Christoph bei diesen Schandthaten sehr thätig, und erwarb sich Toussaintʼs Liebe. Besonders zeichnete er sich im Juni 1795 aus, als die französischen Commissarien den Negern eine gänzliche Amnestie anboten. Mit dem Neger Macaya an der Spitze von 3000 Negern nach Cap François eindringend, richtete er eine entsetzliche Metzelei unter den Weißen an, und steckte endlich die Stadt selbst in Brand. Durch diese und andere Gräuelthaten hatte er Toussaintʼs Liebe immer mehr gewonnen, so daß ihm dieser den Oberbefehl über den District von Cap François anvertraut hatte. So sehr sich auch jener zu verstellen gewußt und Unterwerfung und Gehorsam gegen die französische Regierung geheuchelt hatte, so sendete doch diese, die ihn nun kannte, endlich nach Abschluß des Friedens zu Amiens 1802 eine Escadre unter le Clerc nach Domingo, um dort die Ruhe und Ordnung wieder herzustellen. Als ein Theil davon vor dem Cap erschien, und ein Officier an Christoph abgesendet wurde, weigerte sich dieser geradezu, Frankreichs Oberherrschaft anzuerkennen; schlug der Escadre den Eingang in den Hafen ab, und forderte seine Soldaten auf, die errungene Freiheit mit Gefahr des Lebens zu vertheidigen. Vergebens suchte man ihn von Seiten der Einwohner zu erweichen; und als die Franzosen wirklich einen Angriff unternahmen, ließ er die Stadt anstecken und die Einwohner, die der Wuth des Feuers zu entfliehen suchten, verfolgen. Ja, er gab sogar Befehl, daß, wenn seine Truppen durch die französischen genöthiget würden, die Stadt zu verlassen, sie die entflohenen Einwohner umbringen sollten. Allein da diese ins Gebirge, wo man sie nicht leicht auffinden konnte, entflohen und überdies die französische Escadre wirklich vor Anker ging, so konnte er seinen teuflischen Plan nicht ausführen. Er sowohl, als Toussaint und Dessalines, sahen nun [214] ein, daß sie, wenigstens für jetzt, den französischen Truppen keinen Widerstand leisten könnten; Christoph war daher der erste unter ihnen, der einen scheinbaren Schritt zur Unterwerfung that. Er ließ dem französischen General erklären, daß er stets ein Freund der Weißen gewesen sei, und daß ihm nur die Umstände nicht erlaubt hätten, so zu handeln, wie er gewünscht. Und da auf die Frage: ob er auf seine Sicherheit rechnen könne? der General ihm diese nicht abschlug, so lieferte er nach einigem Bedenken, auf dessen Befehl, seine Truppen, Magazine und Artillerie an die französischen Truppen ab. Auch Toussaint Louvertüre und Dessalines, Gnade bittend, schworen Frankreich Treue; allein alle drei suchten nichts sehnlicher, als neue Empörungen zu erregen, die besonders Toussaint vorbereitete. Dieses Kleeblatt von Bösewichtern handelte jedoch selbst nicht aufrichtig gegen sich. So wie Toussaint zuerst Biassouʼs Sturz vorbereitet hatte; so suchte jetzt Dessalines den Toussaint und nachher Christoph den Dessalines zu stürzen. Zu dem Ende spielten Christoph und Dessalines einen Brief Toussaintʼs, in welchem er die Negern zur neuen Empörung vorbereitete, in die Hände des französischen Generals, und bewirkte dadurch, daß Toussaint nach Frankreich geschifft wurde. An seine Stelle trat nun Dessalines, der nur den Zeitpunkt abwartete, wo die französischen Truppen durch Krankheiten viel gelitten hatten, um durch neue Unruhen diese zu beschäftigen und aus der Insel zu vertreiben, wobei Christoph und ein anderer Negergeneral, Clervaux, ihn unterstützten. Da endlich die französischen Truppen genöthiget waren, die Insel ganz zu verlassen, und Christoph seinen Pian, Dessalines zu stürzen, durch eine Revolution vom 16. October bewirkt hatte, stellte er sich mit einem andern Negergeneral, Pethion, an die Spitze der Regierung in Domingo; jedoch erhielten beide ganz verschiedene Rechte. Pethion ward Chef der Mulatten (s. den Art. Creolen) und durch die für sie entworfene Constitution vom 27. Jan. 1807 auf 4 Jahre zu ihrem Präsidenten gewählt. Hingegen wurde durch die [215] für die Neger auf Cap François entworfene Constitution vom 17 Febr. Domingo unter seinem ursprünglichen Namen, Hayti, als eine Republik und Christoph auf Lebenszeit zum Präsidenten und Generalissimus der Land- und Seemacht ernannt, mit dem Rechte, Krieg und Frieden zu erklären. (s. den Art. Domingo in den Nachtr.) Allein zwischen beiden Generalen entstanden bald Mißhelligkeiten, die endlich in völligen Krieg ausbrachen. Christoph wurde mehrere Male geschlagen und nach Cap François zurückgetrieben, welches (so weit die Nachrichten von Domingo jetzt bekannt sind) Pethion angreifen wollt.