[416] Guyana (Guiana) ist ein beträchtlicher Landesstrich in Südamerika, welcher zwischen dem Ocean, dem Amazonenfluß, dem Oronoko und dem [416] Rio-Negro liegt. Vier Mächte haben Antheil daran, nemlich Portugal, Spanien, Holland und Frankreich; indessen besitzen doch den größern Theil mehrere Indianer Stämme. Die Franzosen besitzen ihren Antheil seit 1664, und Cayenne ist der Hauptplatz davon. Das Land, in dessen Innerm hohe Gebirge mit großen Ebenen abwechseln, wird von außerordentlich vielen Flüssen durchschnitten, und unter den Seen ist der Parime vorzüglich bemerkenswerth. Man hat dies Land wegen der vielen Sümpfe und auch sonst wegen der Lage, als äußerst ungesund verschrieen; indessen haben neuere Reisebeschreiber dies Vorurtheil, welches aus einer vor ungefähr 50 Jahren hieher unternommenen, aber verunglückten, Expedition vorzüglich entstanden ist, widerlegt, und das Land als sehr fruchtbar, das Clima als gesünder, wie in den übrigen westindischen Colonien, geschildert. Es giebt nur zwei Jahreszeiten hier, nemlich die trockne (vom Juni bis September) und die Regenzeit. Anfangs baute man hier, der Ueberschwemmungen wegen, blos die Anhöhen an; doch sing man in der Folge an, auch das niedere Land durch Anlegung von Gräben urbar zu machen; und dies Verdienst erwarb sich vorzüglich ein Deutscher, der Baron Beßner, Gouverneur von Guyana. Die dortigen landeinwärts lebenden Indianer haben sehr wenig Geisteskräfte; doch die unglaubliche Schärfe ihrer Sinne und die große Geschicklichkeit im Bogenschießen giebt ihnen Ersatz dafür. Uebrigens sind hier bedeutende Producte an Baumwolle, Indigo, Kaffee, Zucker, Cacao, Tabak. Auch der Zimmt und Nelkenbaum, so wie die Ananas gedeihen hier sehr gut. Wildpret, Fische, Vögel, vorzüglich auch schöne Vögel und trefliche Schmetterlinge, die häusig für europäische Cabinette geliefert werden, sind in großer Meage zu finden.
Ein vorzügliches Interesse hat dieses Land zu Ende des verflossenen Jahrhunderts dadurch erhalten, daß in den Zeiten der französischen Revolution, als schon etwas gemäßigtere Gesinnungen eintraten, es zum Deportationsorte derjenigen bestimmt wurde, welche man nicht so ganz mit dem Scheine Rechtens [417] zur Guillotine verurtheilen konnte. Daß auch hier noch so mancher verdiente, oft wohl schuldlose Mann im Exil schmachtet, ist eben so wenig zu bezweifeln, als es ausgemacht ist, daß auch diese Deportation oft nicht einmal vollzogen wurde, sondern man sich noch unterwegs der unglücklichen Schlachtopfer auf eine geschwindere Art entledigte. (M. s. den Art. Deportation i. d. Nachtr.)