[447] Ludwig Heß, einer der ausgezeichnesten Schweizer Landschaftsmaler, geb. zu Zürich 1760, war eines Fleischers Sohn, und wurde auch selbst für dies Handwerk seines Vaters bestimmt. Indessen folgte er dabei immerfort seinem Hange zur Kunst, und besonders zur Landschaftsmalerei: die gänzliche Entwickelung seiner ausnehmenden Talente verdankte er dem Umgang mit dem berühmten Dichter Geßner. Da er bei seinem Beruf und dem damit verbundenen Viehhandel öftere Reisen zu den Sennen auf den Alpen machte, so ward dies für ihn die schönste Gelegenheit, [447] die vielleicht selten einem Künstler so günstig erscheint, die ächte Schweizergebirgs-Natur zu malen, und bald wurden denn auch seine Gemälde und Zeichnungen von Einheimischen sowohl als Fremden gesucht. In Verbindung mit einer Gattin, die eben dies zarte Gefühl für die Schönheiten der Natur besaß, fand er sich noch mehr aufgefordert, seinen Wunsch, nach Italien zu reisen, zu befriedigen, und im Sept. 1794 trat er auch wirklich mit einem Freunde die Reise nach Rom zu Fuße an. Es war seine letzte merkwürdige Wanderung, von der er im November zurückkehrte. Schon fingen die Folgen des ausgebrochenen Revolutionskrieges an, auch auf die Schweiz ihren traurigen Einfluß zu zeigen; die Bestellungen vom Auslande her verminderten sich; er selbst mußte nun von 1798 an einen großen Theil seiner Zeit dem Kupferätzen widmen; aber eben dadurch beförderte er auch nur zu bald seinen allzufrühen Tod. Das anhaltende Sitzen, sein leidenschaftlicher Eifer für diesen neuen Zweig seiner Kunst untergruben seine Gesundheit; Brustbeschwerden, die er schon in der Jugend gehabt hatte, stellten sich aufs neue ein, und zuletzt machte ein damals herrschendes Gallenfieber, verbunden mit einem Lungengeschwür, seinem Leben am 13. April 1800 ein Ende. In ihm verloren Kunst und Natur allerdings einen großen und getreuen Schüler. Fest entschlossen, nie auf dem Wege der Mittelmäßigkeit stehen zu bleiben, suchte er alles auf, was ihn seinem Ziele näher führen konnte. Er nahm die Natur zu seiner ersten Führerin: auf welche Art er von ihr hingeleitet wurde, haben wir oben erwähnt. Er wählte meistens solche Gegenden für seinen Pinsel, welche noch nicht dargestellt waren. – Die helvetischen Alpen waren ihm ein wichtiger Gegenstand Charakteristische Darstellung der schweizerischen Gebirgs-Natur, Wahrheit und Klarheit, Ebenmaaß und Harmonie aller Theile, der Schmelz seiner Farben, leichte Keckheit seines Pinsels, hoher Fleiß in der Ausführung – sind Vorzüge, die ihm jeder gern zugesteht. Seine Arbeiten, die sich nach Deutschland, Frankreich, England, Dänemark, Rußland und in der Schweiz [448] verbreitet haben, sind sehr beträchtlich; aber auch die Zahl seiner Zeichnungen1, so wie seiner Blätter, die er in den letzten Jahren seines Lebens, wie oben gedacht, ätzte, ist nicht klein, und Alles zeigt von dem Fleiße dieses treflichen Künstlers, von dem sich noch so viel hätte erwarten lassen! – Ein Montblanc, ein Alpenmorgen, ein Abend am Lago Maggiore, ein Alpsee des glarnerschen Murgthales, der Grütli, und Tells Capelle in der hohlen Gasse mögen hier, außer so vielen, deren sich seine Besitzer freuen, nur zur Andeutung dienen.
* I) Hessen-Cassel wurde, nachdem es erst noch im Jahr 1803 zugleich mit Baden und Wirtemberg die Churwürde erhalten hatte, bei dem im Jahr 1806 ausgebrochenen preußisch-französischen Kriege am 1. Nov. von französischen (unter Mortier) und holländischen Truppen (durch den König von Holland selbst), wo sie in Cassel einrückten, besetzt, und zwar, zu Folge der von Mortier erlassenen Proclamation, »wegen der durch preußische Truppen geschehenen Verletzung des Hessencasselschen Gebiets und wegen der denselben von Seiten des Churprinzen erwiesenen guten Aufnahme, nicht minder, weil ihr Landesherr und sein Sohn in preußischen Diensten standen etc.« Mit Beibehaltung der zeitherigen Verfassung wurde es französischen Militair- und Civilbehörden untergeordnet, und in dem folgenden Jahre die sämmtlichen Staaten von Hessencassel (jedoch mit Ausnahme des Gebiets von Hanau, Schmalkalden und Katzenellenbogen am Rhein) in Gemäßheit des Decrets des französischen Kaisers vom 18. August 1807 nunmehr zum Königreich Westphalen geschlagen und vom 1. Sept. mit allen übrigen Staaten in ein einziges Gouvernement vereinigt, auch Cassel zur Residenz des Königs von Westphalen gemacht.
II) Hessen-Darmstadt hat durch den Beitritt [449] zur Rheinischen Conföderation zugleich den Titel als Großherzog und die Würde der Könige erhalten. Zufolge der neuen Organisation von 1803 bestehen die Großherzoglich hessischen Länder aus drei von einander abgesonderten Massen: 1) dem Oberfürstenthum Oberhessen, 2) dem Herzogthum Westphalen, 3) dem Fürstenthum Starkenburg, so daß das Ganze auf 167 Quadratmeilen eine Menschenmenge von 418,000 Einwohnern umfaßt.
1 Schon im Jahr 1774 brach ein Appenzeller Aelpler, bei der Betrachtung einer Zeichnung unsers damals 14jährigen jungen Künstlers, gegen die Umstehenden in die Worte aus: »Schau, schau! Ordetli hät er dʼBerg abgschribe.«