Isocrates

[480] [480] Isocrates, ein berühmter Redner zu Athen, geb. 436 vor Christus. Da sein Vater im veloponnesischen Kriege sein ganzes Vermögen verlor, so hatte der Sohn nichts als seine Talente, womit er sich der Beredsamkeit widmete, obgleich er wegen seiner schwachen Stimme und wegen Furchtsamkeit sich nicht getraute, öffentlich aufzutreten. Er gab daher vielmehr in der Redekunst Unterricht, und fertigte auch für Andre Reden, welche Arbeiten ihm sehr viel eintrugen. Mit Plato von Jugend auf ein Gespiele, hatte er auch die innigste Freundschaft mit ihm, so wie er denn auch vom Socrates ein inniger Verehrer war, und dessen Tod sogar öffentlich zu betrauern, den Muth hatte. Da er aber nie öffentlich sich hören ließ, so war die natürliche Folge davon, daß er auch kein öffentliches Amt, keine Magistratswürde erhalten konnte, was freilich seinen Ehrgeitz so kränkte, daß er zuletzt in keiner Volksversammlung mehr erschien. Dennoch waren seine Verdienste um die Beredsamkeit und den Unterricht darin sehr groß Er brachte freilich mit Ausfeilung seiner Arbeiten einen großen Theil seiner Zeit zu, und an seiner berühmten Lobrede auf Athen soll er ganzer zehen Jahre gearbeitet haben; allein desto treflicher gerieth sie auch, und zierlich ausgesuchter Ausdruck, Ründung der Perioden, glückliche Wendungen waren immerfort Vorzüge in seinen Reden, obgleich man diesen einen Mangel an Abwechselung, an Wärme und fortreißendem Feuer vorgeworfen hat. – Sein Patriotismus für sein geliebtes Griechenland war so groß, daß er aus Verdruß über das unglückliche Treffen bei Chäronea sich im 98. Jahre seines Alters zu Tode hungerte (337 vor Christus – im dritten Jahre der 110. Olympiade). Man hat unter seinem Namen viele Reden, die aber großentheils für unächt gehalten werden. Gegenwärtig sind noch 21, und unter ihnen der Panegyricus und sein (oben erwähnter) Panathenaicus die vornehmsten. Er soll auch als Trauerspieldichter sich ausgezeichnet haben.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 480-481.
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