Memnon

[50] Memnon, dieser in den Mythen so mancherlei Erklärungen veranlassende Fürst, war, so lautet die gewöhnliche Erzählung, ein Sohn des Tithonus und der Aurora. Bald wird er als König der Aethiopier, bald als König von Assyrien aufgeführt; er soll einen prächtigen Palast und Labyrinth erbaut, auch, nach andrer Erzählung, eine herrliche Straße in Persien, so wie auch viel schöne Gebäude in Egypten errichtet haben. Als Theilnehmer an dem trojanischen Kriege erwähnt ihn Homer, wo er vom Achilles erlegt wurde; sein Körper wurde feierlich verbrannt, und auf Bitten der Aurora, ihren Sohn ausgezeichnet zu ehren, ließ Jupiter aus Memnons Asche eine unzählige Menge Vogel (Memnonsvogel) entstehen, welche jährlich bei seinem Grabe miteinander kämpften und gleichsam Leichenspiele feierten. Nach seinem Tode wurde er als Heros [50] verehrt, und an mehrern Orten soll er Tempel gehabt haben. Berühmt ist auch die tönende Memnons-Säule bei Theben, welche man aber auch unter dem Namen Phamenophis (welches eigentlich Grab des Osiris bedeuten soll) bei den Alten aufgeführt hat, und von welcher man erzählte, daß sie beim Aufgang der Sonne, wenn diese sie beschien, einen fröhlichen Klang, wenn sie aber unterging, einen traurigen Ton von sich gegeben. Diesen Klang will man noch im 4ten Jahrhundert nach Christus gehört haben, und sehr viel ist unter den Gelehrten und Geschichtschreibern über die Beschaffenheit derselben gemuthmaßer worden, ohne zu einem bestimmten Resultate zu gelangen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 50-51.
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