[761] Toland, John, geb. 1670 in Redcastle in Irland, trat 1687 aus der katholischen Kirche aus, studierte in Glasgow und Edinburg, dann in Leiden, gab 1696 die Schrift »Christianity not mysterious« heraus, die ihm viele Anfeindungen zutrug (die Schrift wurde von Staats wegen verbrannt). 1701 verweilte T. in Hannover, dann, 1701-1702, in Berlin, wo ihm die Königen Sophie Charlotte freundlich begegnete, der er 1704 seine »Letters to Serena« widmete. 1709 reiste T. nach Deutschland und Holland. Zuletzt wohnte er in Putney bei London, wo er 1722 starb.
T., der von Locke u.a. beeinflußt ist, ist der bedeutendste englische Deist und Freidenker (»Freethinker«). In seiner ersten Schrift betont er, das Christentum enthalte weder etwas Widervernünftiges, noch auch etwas Übervernünftiges, Unbegreifliches; die christlichen Mysterien sind nur als Symbole aufzufassen, die von den Kirchenvätern zu etwas Geheimnisvollen gemacht wurden. Später wendet sich T., nicht ohne Beeinflussung durch Spinoza, an dem er aber Verschiedenes aussetzt, einer Art Pantheismus zu (er selbst bezeichnet sich zuerst als »Pantheisten«). Gott ist die All-Einheit, aus der die Dinge stammen; er ist ewig, unendlich, in den Dingen, als das Leben des Alls, wirksam. Nirgends gibt es absolute Ruhe, sondern die Bewegung ist das Wesen der Materie. Bewegung, Kraft, Materie sind nur Betrachtungsweisen derselben Substanz. Die Größe der Bewegung im All ist konstant. Die wirksame, tätige Materie ist durch ihre Bewegung die Ursache des Lebens und des Bewußtseins, welches aber nur an Gehirnprozesse sich knüpft, nicht auch an die anorganische Bewegung (gegen Spinoza). In der Schrift »Pantheisticon« stellt T. die Grundzüge einer Zukunftsreligion mit dem Kultus der Wahrheit, Freiheit und Gesundheit dar (Kultus der »pantheistischen Brüder«). T.s. Schriften waren von bedeutendem Einflusse auf die Aufklärung.
Schriften: Christianity not mysterious, 1696; 2. ed. 1696. – Letters to Serena, 1704. – Nazarenus, 1718. – Pantheisticon, 1720; deutsch 1897, u.a. – Vgl. G. BERTHOLD, J. T. u. d. Monismus der Gegenwart, 1876.