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[73] Unglückliche Lage der Juden in Spanien. Die Marranen. Die Satyren. Der jüdelnde Ton in der spanischen Poesie. Pero Ferrus und die Gemeinde von Alkala. Diego de Valencia und Villasandino. Der Neuchrist Astrüc Raimuch, seine Proselytenmacherei und Salomo Bonfed. Der Apostat Salomo-Paulus de Santa Maria und seine judenfeindlichen Schritte. Joseph Orabuena. Josua Lorqui Ibn-Vives, sein fein zugespitztes Sendschreiben an Paulus de Santa Maria und dessen Erwiderung. Chasdaï Crescas und seine antichristianische Abhandlung. Die feine antichristianische Satyre des Profiat Duran an En-Bonet Buengiorn. P. Duran's (Efodi) anderweitige literarische Thätigkeit. Meïr Alguadez, Großrabbiner und Leibarzt des Königs Heinrich III. Chasdaï Crescas' philisophische Leistung. Tod Don Heinrich's, ein Wendepunkt. Paulus de Santa Maria im Regentschaftsrathe. Edikt gegen die Juden. Hinrichtung des Meïr Alguadez. Die Fortleitung der Kabbala: Abraham aus Granada, Schem-Tob Ibn-Schem-Tob und Mose Botarel, der messianische Schwärmer von Cisneros. Die Einwanderung in die Barbaresken. Isaak b. Scheschet in Algier. Marranen. Simon Duran. Kaiser Ruprecht und der erste deutsche Großrabbiner Israel.
Traurig genug war auch die Lage der Juden in den beiden Hauptländern der iberischen Halbinsel. Es waren eigentlich nur winzige Ueberbleibsel, die in Folge des über sie gekommenen Jammers ohne Halt und Zusammenhang waren. In den großen Städten Castiliens und Cataloniens gab es eigentlich keine Gemeinde mehr, sondern nur verzweifelte Einzelne. Der König Juan von Aragonien löste die Gemeinde von Barcelona auf (Sept. 1392), die nicht blos reich in jeder Art und glücklich durch verbriefte Privilegien und Freiheiten, sondern auch ausgezeichnet durch Edelsinn und Geistesgröße gewesen war, und er verordnete, daß die Einzelnen sich nimmermehr als Körperschaft (Aljama) zusammenschließen sollten1. Das Verbot war eigentlich überflüssig, denn die übrig Gebliebenen und Standhaften, [73] welche nicht zum Kreuze als einem Rettungsanker gegriffen hatten, waren von Sorgen für die Sicherheit ihres Daseins erfüllt und konnten nicht an Fortsetzung oder Aufrichtung des Gemeindeverbandes denken. Viele hatten zur Rettung ihres Lebens die mit jüdischem Blute vielfach gefärbten Stätten verlassen. Aus Castilien waren die an der Grenze der noch in den Händen der Mohammedaner befindlichen Gebiete Wohnenden dorthin geflüchtet. Granada, Malaga, Almeria und andere Städte im mohammedanischen Andalusien im Süden, welche seit der Ausweisung durch die fanatischen Almohaden von Juden gemieden waren, bevölkerten sich wieder durch jüdische Flüchtlinge2. Die Gehetzten aus den nördlichen Landestheilen suchten Schutz in Portugal, wo sie auch nicht weich gebettet waren3. Der junge castilianische König Heinrich III. oder seine Räthe sahen wohl ein, daß die eingetretene Zerrüttung den Rückgang des Wohlstandes und bedeutende Einbuße an der Einnahme für den Staat und den Hof herbeigeführt hatte, und versuchten, die alte Ordnung durch Beschützung der Juden vor Wiederholung der Wuthausbrüche wiederherzustellen. Mit schweren Strafen wurden diejenigen bedroht, welche wagen sollten, die Ruhe der Juden zu stören oder sich an ihrem Eigenthum zu vergreifen (1395). Daraufhin, auf das Wort des Königs vertrauend, hatten sich Glieder der Gemeinde Cordova und anderer Städte des Südens bestimmen lassen, aus dem Gebiete der Mohammedaner wieder in ihre zerstörten Wohnplätze zurückzukehren. Juan von Aragonien, von denselben Rücksichten geleitet, widerrief sein Edikt, daß in Barcelona keine zusammengehörende Gemeinde bestehen sollte, und gestattete dem dort gebliebenen winzigen Reste sich durch ein Gemeindestatut zu reorganisiren mit Rabbinern und Gemeindebeamten wie in früherer Zeit4. Aber weder der eine, noch der andere König haben ihren für die Juden günstigen Erlassen Nachdruck gegeben, um sie thatkräftig durchzuführen. Hat doch der Castilier das Ungeheuer Ferran Martinez, den Urheber so vieler Gräuel, den Zerstörer des Wohlstandes Spaniens, der tausendfach den Tod verdient hatte, äußerst milde bestraft5. Vielleicht war des Königs Kränklichkeit daran Schuld, daß er den ernsten Willen, die stets in Todesgefahr Schwebenden zu schützen, nicht ausführen konnte. Seine jüdischen Leibärzte, zuerst Mose Çarçal, und nach dessen Tode Meïr Alguadez, haben es doch gewiß nicht fehlen lassen, ihren Einfluß zu Gunsten ihrer unglücklichen Brüder geltend zu machen. Er konnte [74] vielleicht nicht den stürmischen Forderungen der Cortes zur Beschränkung und zur Demüthigung der Juden Widerstand genug leisten. So genehmigte er die Beschlüsse der Cortes (1405): die Hälfte der Schuldforderungen jüdischer Gläubiger an christliche Schuldner für verfallen zu erklären, die Zeugenschaft von Juden gegen Christen in Processen nur in beschränktem Maße zuzulassen, und Abzeichen, wie grobe Gewänder zu tragen6.
War durch alle diese Umstände die Lage der Ueberbleibsel traurig genug, so wurde sie es noch mehr durch die Täuflinge: Viele Tausende7 hatten bei dem grausigen Gemetzel ihr Leben durch die Taufe gerettet. Der Schrecken vor dem Feuer und Schwert war so gewaltig, daß in kleinen Städten die ganze jüdische Bevölkerung sich zur Taufe drängte, und ihre Synagogen in Kirchen umwandelte, die sie der heiligen Maria des Wunders widmete (Santa Maria del Milagro8). Sollten ihnen etwa die geballten Fäuste, die blutgefärbten Schwerter, das Wuthgeschrei der frommen Mörder und das Todesröcheln ihrer hingeschlachteten Verwandten, Freunde und Stammgenossen die Ueberzeugung von der Wahrheit der Christusreligion beigebracht haben? Die meisten jüdischen Zwangstäuflinge (Anusim) empfanden daher nach der Taufe mit gebrochenem Herzen und stierem Blicke noch mehr Abneigung gegen das Christenthum als vorher9. Viele von ihnen hatten daher den festen Vorsatz, die Maske bei der ersten Gelegenheit fallen zu lassen und sich mit noch größerer Wärme zum Judenthum zu bekennen. Von diesen Neuchristen wanderten Viele nach den nahegelegenen maurischen Ländern, nach Granada oder über die Meerenge nach Marokko, Tunis, Fez aus, die in dieser Zeit toleranter und milder als die christlichen waren und die Juden mit ihrem Gelde oder ihrem Gewerbfleiße gern aufnahmen. Auch nach Portugal hatten sich viele Täuflinge gerettet, um ihrer Religion treu zu bleiben. Hier wurden sie indeß trotz der päpstlichen Bullen als Apostaten vom Volke und der Geistlichkeit angefeindet. Viele, welche sich nicht von dem spanischen Boden [75] trennen und auch ihre angestammte Religion nicht verleugnen mochten, beobachteten die jüdischen Riten noch immer, wenn sie auch zum Scheine Christen waren. Die Könige von Castilien, Aragonien und Mallorca, welche den Taufzwang durch die Pöbelmassen mißbilligt hatten, ließen sie gewähren. Die Behörden sahen deren Rückfall zum Judenthume nicht oder mochten ihn nicht sehen10. Die Inquisition hatte damals noch keine Gewalt über sie, sie existierte noch nicht in Spanien. Aus diesen in Spanien gebliebenen Zwangstäuflingen bildete sich eine eigene Klasse, äußerlich Christen, innerlich Juden; man könnte sie Juden-Christen nennen. Von der christlichen Bevölkerung wurden sie aber mit mißtrauischem Auge betrachtet und als Neuchristen mit dem Spitznamen Marranos11 oder die Verdammten fast mit noch glühenderem Hasse als die treugebliebenen Juden umlauert, nicht etwa wegen ihrer heimlichen Liebe zum Judenthume, sondern wegen ihrer Abstammung, ihrer eifrigen Rührigkeit und Anstelligkeit. Diese Abneigung empfanden auch jene getauften Juden, welche gerne das Judenthum von sich abgestreift und nichts davon beibehalten hatten. Es waren weltlich [76] gesinnte Menschen, welche Lebensgenüsse, Reichthümer, Ehren über jede Religion schätzten, oder Uebergebildete, welche durch die Philosophie zu Zweiflern geworden waren12 und daher jenes Bekenntniß vorzogen, welches sie über die engen Schranken der Judenheit hinausführte und ihnen eine weite Welt öffnete. Diese Klasse, welche schon früher kein Herz für das Judenthum hatte und nur aus Rücksichten oder einem gewissen Schamgefühl darin verharrte, war froh, daß ihr die Zwangstaufe auferlegt wurde, weil sie sich dadurch der Fesseln entschlagen und sich über Bedenklichkeiten hinwegsetzen konnte. Sie schmiegte sich äußerlich dem Christenthume an oder heuchelte eifrig Gläubigkeit, wenn es ihr Vortheil mit sich brachte, wurde aber deswegen weder religiöser, noch besser. Gewissenlose unter diesen Neuchristen fanden einen eigenen Reiz darin, ihr früheres Bekenntniß oder ihre ehemaligen Glaubensgenossen zu verfolgen. Sie traten, um Rache an den Vertretern des Judenthums, an Rabbinen, Vorstehern oder Diesem und Jenem aus der Gemeinde zu nehmen, als Ankläger gegen sie auf13 und gefährdeten die Existenz der spanischen Judenschaft überhaupt. Nicht genug, daß die Judenheit durch den Uebertritt gebildeter und gelehrter Männer, Aerzte, Schriftsteller, Dichter, vieler Talente beraubt wurde, und daß die Kirche sich nicht blos mit deren Geld, sondern auch mit deren Geist bereicherte, wendeten diese Neubekehrten sich gegen den Schooß, der sie in die Welt gesetzt. Mit den Schwächen des Judenthums und der Judenheit vertraut, konnten sie leicht auf diese ihre Angriffe richten. Don Pero Ferrus, ein getaufter Jude, nahm die Gemeinde und den Rabbiner von Alkala zur Zielscheibe seines Spottes. Er stellte in einem Gedichte dar, wie er von durchwachten Nächten und langer Erschöpfung endlich in einer Synagoge Ruhe und Schlaf gefunden, woraus ihn »Juden mit langen Bärten und unsauberer Kleidung, zum Frühgebet dahin gekommen«, unbarmherzig aufgescheucht hätten. Ein jüdischer Dichter drückte aber im Namen der Alkalaer Gemeinde einen spitzen Pfeil gegen Ferrus' »possenreißende Zunge« ab.
»Ja, wir singen beim Morgenroth
Ein Frühgebet dem Heiligen Israel's,
In wohllautenden Tönen,
Wie sie Nachtigallenkehlen nicht erreichen«14.
[77] Die spanische Poesie hatte reichen Gewinn davon. Sie, die bis dahin ernst, steif und feierlich war wie das Hofceremoniell, das in Madrid herrschte, erhielt durch die Spottlust judenchristlicher Satyriker Beweglichkeit, Witz und launigen Uebermuth, wie die neuhebräische Poesie in ihrer Blüthezeit. Nach und nach stimmten auch christliche Dichter in diesen Ton ein und eigneten sich Schlagwörter aus dem jüdischen Kreise an, um der Satyre stechende Spitzen zu verleihen. Wie der getaufte Mönch Diego de Valencia, um die Juden zu verspotten, hebräische Wörter in sein Stachelgedicht einflocht15, so gebrauchte auch der christliche Satyriker, damals »der Dichterfürst« Alfonso Alvarez de Villasandino, jüdische Bezeichnungen mit überraschender Gewandtheit.16 Ein boshafter Kritiker hätte von dieser Erscheinung bemerken können: Die spanische Poesie sei im Zuge, sich zu verjüdeln. Die Juden hatten durch die Satyre zum Schaden noch den Spott dazu.
Manche Neuchristen waren von einem Bekehrungseifer ergriffen, als wären sie geborene Dominikaner, oder als fühlten sie sich in ihrem neuen Glauben unter den alten Christen vereinsamt und suchten ihre ehemaligen Freunde zur Gesellschaft. Ein neugetaufter Arzt Astrüc Raimuch17 aus Fraga, der als Jude zu den Säulen der Rechtgläubigkeit gehört und mit den angesehensten Juden, wie Benveniste Ibn-Labi von Saragossa verkehrt hatte, bemühte sich als Christ, unter dem Namen Francisco Gottfleisch (Dios-carne), Proselyten zu machen. Er breitete seine Netze gegen seinen jungen Freund En-Schaltiel Bonafos aus, um ihn zum Uebertritt zu bewegen. Als [78] gewandter hebräischer Stylist richtete Astrüc-Francisco ein Sendschreiben in dieser Sprache an denselben, hob darin die Verkümmerung des Judenthums hervor und schwärmte glaubensselig für die christlichen Dogmen. Seine Anwendung biblischer Verse auf die Dreieinigkeit, die Erbsünde, die Erlösung und das Abendmahl nimmt sich im hebräischen Gewande sehr drollig aus. En-Schaltiel antwortete darauf ausweichend und mit milden Worten. Mußten nicht die Juden auf derlei Zumuthungen die Worte auf die Goldwage legen, um die empfindliche Kirche und ihre eifervollen Diener nicht zu verletzen? Mehr Muth zeigte der satyrische Dichter Salomob. Rëuben Bonfed; er erwiderte Astrüc-Francisco in gelungener Wendung mit gereimter Prosa und schonte ihn wenig. Er entschuldigte zuerst seine Einmischung in eine Angelegenheit unter Freunden; allein er stehe der Sache doch nicht so fremd, sie treffe auch ihn als Juden. Wie könnte er auch schweigen, da der Angreifer eine gerade Linie zur krummen und Paare zu Unpaaren mache? Salomo Bonfed geht dann in seinen Sendschreiben näher auf die Dogmen der Menschwerdung, der Erbsünde und der Hostienwandlung ein, hebt deren Unhaltbarkeit und Vernunftwidrigkeit hervor und macht die richtige Bemerkung: »Ihr drehet und deutelt die Bibelverse, um die Dreieinigkeit zu begründen. Hättet ihr eine Viereinigkeit, so würdet ihr sie eben so schlagend und überzeugend aus dem Schriftworte des alten Testaments beweisen«18. Ein Umstand jedoch, gestehe er ein, beschwere sein Gemüth, daß die Leiden des Exils für Israel sich so lange, lange hinziehen, und der erhoffte Erlöser sich nicht einstelle. Er beruhige sich aber damit: Die Sündhaftigkeit des israelitischen Volkes habe mehr denn ein Jahrtausend gedauert, und es sei nur gerecht, wenn die Büßung die doppelte Zeit andauere.
Doch keiner von den 1391 getauften Juden hat seinen Stammgenossen so viel Leid zugefügt, wie der Rabbiner Salomo Levi aus Burgos, als Christ Paulus Burgensis oder Pablo de Santo Maria genannt (geb. um 1351-52, gest. 143519), der es zu sehr hohen[79] kirchlichen Stellungen gebracht hat. Er war in der That vor seiner Taufe Rabbiner, d.h. er war in Bibel, Talmud und rabbinische Literatur eingeweiht, stand, wie es scheint, mit der angesehensten jüdisch-spanischen Autorität, mit Isaak Ben-Scheschet, in gelehrter Correspondenz20 und wurde von diesem ebenbürtig behandelt. Philosophische Bildung aber besaß Salomo von Burgos gar nicht. Dagegen war er als Jude sehr religiös, beobachtete alle Ritualien auf's Pünktlichste und galt als eine Säule des Judenthums in seinem Kreise. Er war aber außerordentlich klug und berechnend und wußte, wann Zeit ist zu sprechen und wann zu schweigen21. Von Ehrgeiz und Eitelkeit besessen, wurde ihm das Lehrhaus, in dem er eine geraume Zeit lernend und lehrend zugebracht hatte, zu enge und drückend. Er sehnte sich nach einer geräuschvollen Thätigkeit, suchte an den Hof zu kommen, [80] irgend ein Amt zu erlangen, fing an, den Großen zu spielen, hielt sich einen Prachtwagen, ein lustiges Gespann und zahlreiche Dienerschaft22. Sein Ehrgeiz ging dahin, es zu einem jüdischen Almoxarifen oder zu einem noch höhern Amte zu bringen. Da ihn sein Geschäft täglich mit Christen zusammenführte und in Religionsgespräche verwickelte, sah er sich in der Kirchenliteratur um, um mit seiner Gelehrsamkeit prunken zu können. Die blutigen Gemetzel von 1391 raubten ihm jede Aussicht, es als Jude zu einer hohen Stellung bringen zu können, und er entschloß sich kurz, sich im vierzigsten Lebensjahre taufen zu lassen. Die hohen Stufen der Kirchen- und Staatsämter, die er später erklomm, mögen ihm dabei verlockend vorgeschwebt haben. Um seinen Uebertritt ausnutzen zu können, verbreitete der Neuchrist Paulus de Santa Maria: Er habe sich freiwillig zum Christenthum bekehrt, die theologischen Schriften des Scholastikers Thomas von Aquino hätten sein Inneres ergriffen. Die Juden zweifelten aber an seiner Gläubigkeit und schrieben, sie, die ihn gut kannten, diesen Schritt seinem Ehrgeiz und seiner Ruhmsucht zu23. Seine Familie, Frau und Söhne, sagten sich anfangs von ihm los, als er seinen Glauben wechselte.
Um als Bürgerlicher ein hohes Amt zu erreichen, gab es damals nur einen Weg, nämlich, sich dem geistlichen Stande zu widmen. Salomo-Paulus wußte das und schlug ihn auch ein. Er begab sich nach Paris und verlegte sich an der dortigen Universität auf das Studium der Theologie. Seine Kenntniß des Hebräischen gab ihm Vorsprung und Gelegenheit zur Auszeichnung. Es dauerte nicht [81] lange, so war der Rabbiner geweihter katholischer Priester. Dann begab er sich an den päpstlichen Hof zu Avignon, wo der hochmüthige, starrsinnige, bekehrungssüchtige Cardinal Pedro de Luna als Gegenpapst Benedictus XIII. gewählt war (seit 28. Sept. 1394). Hier gab es während des Kirchenstreits und des Schisma der Gegenpäpste die allergünstigste Gelegenheit für Intriguen und Beförderungen. Paulus gefiel dem Papste wegen seiner Klugheit, seines Eifers und seiner Beredtsamkeit, er schien ihm ein brauchbares Werkzeug. So wurde er zum Archidiaconus von Treviño und zum Canonicus von Sevilla ernannt. Das waren die ersten Sprossen auf der Leiter der katholischen Hierarchie, die er erstieg. Er wiegte sich aber in hochfliegende Träume, er gedachte Bischof, Cardinal zu werden, und warum nicht noch mehr? Die Zeit war dazu günstig. Paulus gab zu verstehen, daß er von dem ältesten jüdischen Adel seine Abkunft herleite, vom Stamme Levi, demselben Stamme, dem auch die Gottes-Mutter Maria entsprossen sei: deßwegen nannte er sich de Santa-Maria. Er war also nicht ein einfacher Priester aus dem Volke, sondern hatte Ahnen, die in der Kirche Anerkennung und Auszeichnung finden müßten. Auf Empfehlung des Papstes überhäufte ihn später der König von Castilien, Don Heinrich III. mit vielen Gunstbezeugungen und Ehrenstellen. Sein Ehrgeiz wurde befriedigt.
Der Uebertritt des Salomo Pablo, eines ehemaligen geachteten Rabbiners, zur Kirche erregte nicht blos das höchste Erstaunen im jüdischen Kreise, sondern erfüllte die Gemüther mit Angst. Wird das Beispiel in der Zeit so vieler Anfechtungen und Prüfungen ohne Nachahmung bleiben? Wird es nicht vielmehr die Schwachen zum Abfall ermuthigen oder mindestens die Scheinchristen in dem einmal gethanen Schritte beharren lassen? Zudem betrachtete es Paulus nach seiner Bekehrung als seine Aufgabe, seine ehemaligen Glaubensgenossen zu bekehren. Er ließ kein Mittel dazu unversucht. Mit Wort und Schrift bekämpfte er das Judenthum, und die jüdische Literatur lieferte ihm Waffen dazu. Nicht lange nach seiner Bekehrung richtete er ein Sendschreiben an seinen ehemaligen Bekannten, an den Leibarzt des Königs Karl III. von Navarra, Großrabbinen der navarrensischen Gemeinden, Joseph (José) Orabuena24, legte ihm sein [82] Glaubensbekenntniß ab: Daß er Jesus als den von den Propheten verheißenen Messias betrachte und verehre, und forderte ihn wahrscheinlich auf, seinem Beispiele zu folgen. An einen andern Oberrabbinen und Leibarzt des castilianischen Königs Don Heinrich III., Don Meïr Alguades, einen philosophisch gebildeten Mann, richtete Paulus de Santa Maria eine hebräische Satyre in Prosa und Versen25, und machte sich darin über ein unschuldiges Fest der Juden lustig. Als gönnte er den Juden die geringe Heiterkeit nicht, der sie sich am Purimfeste hinzugeben pflegten, zog er bei dieser Gelegenheit übertreibend über die Trunksucht der Juden los und hob dagegen seine Nüchternheit hervor. Paulus zeigte in dieser Satyre viel Gewandtheit in Behandlung der neuhebräischen Sprache, aber wenig Witz, so nah er auch bei diesem Stoffe liegt.
Als er am päpstlichen Hofe zu Avignon zu Ansehen gelangte, schwärzte er die Juden an, um, wenn möglich, neue Verfolgungen gegen sie heraufzubeschwören. Er trieb es so auffallend, daß der Cardinal von Pampeluna selbst und andere Geistliche ihm Schweigen auflegten. Freilich mußten die Juden sein Schweigen theuer erkaufen26. Auch gegen den eifrigen Annehmer seiner Glaubensgenossen, gegen Chasdaï Crescas, schmiedete er Ränke27. So weit ging die Judenfeindlichkeit dieses Apostaten, daß er dem König Don Heinrich III. rieth, nicht nur keinen Juden, sondern auch keinen Neuchristen zu irgend einem Amte zu befördern28. Wollte er dadurch jede Nebenbuhlerschaft [83] von Seiten eines gewandten oder ihm überlegenen Stammgenossen beseitigen? Als Schriftsteller zeigte sich Paulus de Santa Maria eben so giftig gegen Judenthum und Juden. Während der geborene Christ, der Franciscaner Nicolaus de Lyra, jüdische Schriftausleger und selbst Raschi als Muster einfacher Exegese empfahl29, verurtheilte der ehemalige Rabbiner Alles, was je ein rabbinischer Schriftsteller bemerkt hatte, als abgeschmackt, widersinnig und lästerlich, dagegen jede noch so lächerliche Auslegung eines Kirchenschriftstellers sei erhaben und unübertrefflich30.
Einsichtsvolle Juden erblickten mit Recht in diesem Neuchristen ihren erbittertsten Feind und rüsteten sich zu einem Kampfe mit ihm. Freilich waren sie in der Wahl der Waffen äußerst beschränkt. Die Vertreter des Christenthums hatten nicht blos das freie Wort, sondern auch die Faust, den Kerker, den Todesknebel zur Behauptung ihrer Dogmen und ihrer Beweisführung, während die Juden sich drehen und winden mußten, um nicht mit einem kräftigen Worte anzustoßen und Gewaltmittel gegen sich in Bewegung zu setzen. Darum sollte das muthige Entgegentreten einer Handvoll Schwacher gegen die erdrückende Zahl Uebermächtiger und Uebermüthiger die Bewunderung aller Derer erregen, welche ihren Beifall nicht der siegenden Gewalt, sondern dem ringenden Rechte schenken.
Das Vortreffen gegen die Gehässigkeiten des Paulus de Santa Maria eröffnete ein junger Mann, der früher zu dessen Füßen gesessen hatte, Josua b. Joseph Ibn-Vives (Lorqui31), ein Arzt und Kenner des Arabischen. In einem demüthig gehaltenen Sendschreiben, wie von einem gelehrigen Schüler an einen bewunderten Meister, versetzte Josua Lorqui seinem abtrünnigen Lehrer empfindliche Stiche und unter dem Scheine des Zweifels erschütterte er die Grundfeste des Christenthums. Er bemerkte im Eingange, daß ihm der Uebertritt seines geliebten Lehrers, an den sich sein gläubiges Gemüth früher angelehnt hat, ihn noch mehr als Andere in Erstaunen gesetzt und zum Nachdenken gebracht habe. Er könne sich nur vier Beweggründe für einen so überraschenden Schritt denken. Entweder Paulus habe sich zur Bekehrung bewogen gefühlt aus Ehrgeiz und Sucht nach [84] Reichthum, Glanz und Befriedigung sinnlicher Begierden oder wegen Zweifels an der Wahrheit des Judenthums und jeder Religion überhaupt aus philosophischen Gründen, und er habe darum diejenige Religion vorgezogen, welche ihm wenigstens freie Bewegung und Sicherheit der Existenz gewährt, oder weil er durch die jüngste grausige Verfolgung der Juden in Spanien den Untergang des jüdischen Stammes mit Sicherheit vorausberechnet habe, oder endlich aus Ueberzeugung von der Wahrheit des Christenthums. Er wolle sich daher erlauben zu untersuchen, so weit er den Charakter seines ehemaligen Lehrers kenne, welcher der vier Beweggründe ihn zu diesem Schritt bestimmt haben könnte. Er könne sich freilich nicht denken, daß Ehrgeiz und Glanzsucht ihn dazu bewogen habe; »denn ich erinnere mich noch, wie Du, bereits von Reichthum und Dienerschaft umgeben, Dich nach Deiner ehemaligen bescheidenen Stellung, eingezogenen Lebensweise und Beschäftigung mit der Wissenschaft zurückgesehnt und Deine damalige hohe Stellung als ein wenig befriedigendes Scheinglück bezeichnet hast«. Auch könne er nicht annehmen, daß Paulus von philosophischer Zweifelsucht beunruhigt gewesen sei, da er bis zur Taufe gewissenhaft sämmtliche jüdische Pflichten erfüllt und von der Philosophie nur den mit dem Glauben stimmenden Kern angenommen, die schädliche Schale dagegen verworfen habe. Auch müsse er den Gedanken abweisen, daß ihn die blutigen Gemetzel der Juden an der Möglichkeit des Fortbestandes des jüdischen Stammes haben verzweifeln lassen, da es ihm doch bekannt sein müsse, daß unter den Christen nur die Minderzahl der Juden wohne, der größte Teil derselben dagegen in Asien weile und eine gewisse Selbständigkeit genieße, so daß, wenn es auch Gott gefiele, die Gemeinden in christlichen Ländern vertilgen zu lassen, der jüdische Stamm dadurch nicht von der Erde verschwinden werde. Es bleibe ihm daher, so fährt Josua Lorqui fort, nur die Annahme, daß Paulus das Christenthum genau geprüft und dessen Dogmen bewährt gefunden habe. Er bitte ihn daher, ihm seine Ueberzeugung mitzutheilen und seine Zweifel an der Wahrheit des Christenthums niederzuschlagen.
Im Verlauf macht Lorqui seine Gründe gegen den christlichen Glauben geltend, die meistens sehr schlagend sind. Unter Anderem wirft er ein, daß anstatt der allgemeinen Verbreitung der Gotteserkenntniß und des ewigen Friedens, welche die Propheten mit dem Erscheinen des Messias verknüpft haben, nur Unwissenheit und Kriegsjammer auf Erden herrschen, ja, heftige Kriege haben nach Jesu Auftreten noch mehr zugenommen. Wie könnte er nun der erwartete Messias sein? Wie durfte dieser ferner als Messias das Gesetz des [85] Judenthums aufheben? Und selbst wenn er Jesu Messianität, jungfräuliche Geburt, Auferstehung und alle unbegreiflichen Wunder zugeben wollte, könne er sich doch nicht mit der Menschwerdung Gottes befreunden; das widerstreite jedem geläuterten Gottesbegriffe. Auch plagen ihn noch andere Zweifel an der Wahrheit der christlichen Dogmen, die er aber nicht wage ihm schriftlich mitzutheilen. Zum Schlusse legte ihm Josua Lorqui noch ein inhaltschweres Dilemma zur Entscheidung vor. Ist Jeder, der in irgend einem Glauben geboren und erzogen worden, verpflichtet zu forschen und andere Religionen zu prüfen, ob sie nicht Besseres lehren? Ist dem so, wo bliebe dann der feste Glaube, da das Gewissen doch in steter Unruhe sein müsse, vielleicht nicht auf dem rechten Wege zur Seligkeit zu sein? Dürfe man aber nicht prüfen und vergleichen, sondern müsse im angestammten Glauben verharren, dann müsse man auch auf die Seligkeit durch eben diesen, so zu sagen, heimischen Glauben rechnen können; sonst würde ja Gott ungerecht erscheinen, daß er das Forschen einerseits verböte und andrerseits die Seligkeit nur den Anhängern einer gewissen Religion zu Theil werden ließe. Lorqui bittet seinen abtrünnigen Lehrer zum Schluß mit Schülerdemuth, ihn über alle diese Fragen und Zweifel aufzuklären. Jeder Satz in diesem Sendschreiben war ein Nadelstich für den judenfeindlichen Neuchristen.
Paulus antwortete auf dieses Sendschreiben; aber man sieht es der Antwort an, daß er in Verlegenheit war und den ihm auf den Leib rückenden Fragen ausweichen wollte. Er entschuldigte sich, daß er sich nicht mehr klar in hebräischer Sprache auszudrücken vermöge, da er durch seine anderweitigen Studien diesem Idiom abgewandt sei. Was er sonst noch sagt, verräth entweder Unklarheit des Geistes oder Heuchelei. Nur eines ist aus seiner kurzen Gegenschrift zu erkennen: daß jeder Jude sich zum Christenthume bekennen und nöthigenfalls dazu gezwungen werden müsse. Er unterzeichnete das Sendschreiben als, »der unter dem Namen Salomo Levi Gott nicht richtig erkannt, aber als Paulus de Burgos ihn auf die rechte Weise verehren gelernt« hatte32.
Auch der philosophische Denker Chasdaï Crescas trat als wackerer Kämpfer für den Glauben seiner Väter auf. Er verfaßte (um 1396) eine polemische Abhandlung (Tratado) über die Glaubensartikel des Christenthums, die er vom philosophischen Gesichtspunkte aus beurtheilt, und deren Unhaltbarkeit nachwies. Diese Schrift war mehr an die Christen als an die Juden gerichtet und auf [86] Veranlassung vornehmer Christen verfaßt, mit denen Chasdaï Crescas befreundet war. Er bediente sich daher nicht der hebräischen, sondern der spanischen Sprache, die er ebenfalls stylistisch beherrschte, und hielt einen ruhigen, gemäßigten Ton ein. Chasdaï Crescas setzte darin die Unbegreiflichkeit der Lehre vom Sündenfall, der Erlösung, der Dreieinigkeit, der Incarnation, der jungfräulichen Geburt, der Abendmahlwandelung auseinander und untersuchte den Werth der Taufe, Jesu Erscheinen, das Verhältniß des neuen Testaments zum alten in einer so leidenschaftslosen Haltung, als wenn er gar nicht wüßte, daß es brennende Fragen waren, an denen sich Scheiterhaufen entzünden könnten. Nur hin und wieder bediente er sich solcher Beweise, die ihm die damaligen Zustände der Kirche an die Hand gaben. Das Christenthum giebt sich, meinte Crescas, als eine neue, das Judenthum gewissermaßen ergänzende und verbessernde Offenbarung aus. Nun diese Offenbarung reiche aber so wenig aus, daß in der so lange dauernden Kirchenspaltung schon eine neue göttliche Verkündigung nöthig wäre, um die verderblichen Irrthümer zu zerstreuen. Zwei Päpste und ihre Anhänger schleudern gegen einander Bannbullen und verdammen einander zur tiefsten Hölle. Wo bleibt da die Wahrheit und Gewißheit einer Offenbarung?33.
Tief einschneidend und verwundend wirkte ein scharfer Pfeil, den ein begabter Zwangstäufling, welcher zum Judenthume zurückgekehrt war, gegen das Christenthum und die jüdischen Neuchristen fast zur selben Zeit abgedrückt hat. Seitdem Judenthum und Christenthum in Schriften und Disputationen mit einander rangen, ist keine so gespitzte Satyre von jüdischer Seite losgelassen worden, wie diejenige, welche der Arzt, Astronom, Geschichtsforscher, Grammatiker Duran veröffentlicht hat. Profiat Duran, mit seinem jüdischen Namen Isaak b. Mose (in Cordova geboren?) und seinem Schriftstellernamen Efodi (Ephodaeus34), befand sich während der blutigen Verfolgung von 1391 in Catalonien in der Zwangslage, zum Scheine zum Christenthum übertreten zu müssen. Mit ihm zugleich trat sein Freund David En-Bonet Buen-Giorn (wahrscheinlich ein Sohn des Astronomen Jakob Buen-Giorn Poel) über. Beide [87] beschlossen später, den ihnen verhaßten Glauben abzuschütteln und nach Palästina auszuwandern, um dort das Judenthum frei bekennen zu dürfen und Sühne für die Sünde des Abfalles zu finden. Nachdem Beide ihre Vermögensverhältnisse geordnet hatten, reiste Profiat Duran nach einer Hafenstadt in Südfrankreich voraus und erwartete seinen Freund. Dieser aber war inzwischen mit dem judenfeindlichen Apostaten Salomon – Paulus zusammengekommen, vielleicht von ihm aufgesucht und von ihm dahin gebracht worden, im Christenthum zu verharren. Wie erstaunt war Profiat Duran, von En-Bonet ein Schreiben zu empfangen, worin dieser ihm sein christliches Glaubensbekenntniß mit vieler Ruhmredigkeit auseinandersetzte, ihn selbst zum Verbleiben im Christenthum aufforderte und eine schwärmerische Verehrung für Paulus de Santa Maria – welcher inzwischen beim König von Castilien in Gunst gekommen war – zu erkennen gab! Profiat Duran durfte nicht dazu schweigen, und er gab in einem Antwortschreiben seinem Freunde und noch mehr dem bekehrungseifrigen Paulus einen Denkzettel, der heute noch nicht vergessen ist. Dieses Sendschreiben (erlassen um 139635) ist voll Ironie, wie sie nicht feiner ausgedrückt werden kann. Der Ton ist so gehalten, als wenn Profiat Duran seinem Freunde in allen Punkten Recht gäbe und ihn bestärkte, im christlichen Glauben zu verharren. »Sei nicht wie Deine Eltern« (Al tehi ka-Abotechá) ist der stete Refrain des Sendschreibens, und es ist so täuschend gehalten, daß Christen es (unter dem Titel Alteca Bote ca) für eine Schutzfrist zu Gunsten des Christenthums genommen haben36. Indem Profiat Duran zum Scheine »den Glauben der Väter« als irrthümlich darstellte, legte er die Blößen der christlichen Dogmen und Sacramente so offen dar, daß man da, wo das Christenthum herrschende Religion ist, nicht wagen darf, den Inhalt auseinanderzusetzen. Alles, was der gesunde Menschenverstand, die logische Folgerung, die Philosophie, die heilige Schrift gegen die christlichen Glaubensartikel geltend machen können, führt Profiat Duran in Schlachtreihe gegen seinen verführten Freund, aber scheinbar nicht um dessen Sinn zu ändern, sondern ihn noch mehr im katholischen Bekenntniß zu bestärken. Ein Theil der Efodischen Satyre ist gegen den Judenfeind Paulus de Santa Maria gerichtet, von dessen Lob das Schreiben des En-Bonet überfloß. »Du meinst, er werde es vielleicht noch dahin bringen, Papst zu werden, hast mir aber nicht zu erkennen gegeben, ob er nach Rom gehen oder in Avignon bleiben wird«, ein Hieb gegen den Kirchenstreit zwischen [88] zwei Päpsten. »Du rühmst ihn, daß er sich bemüht habe, jüdische Frauen und Kinder vom Tragen der Abzeichen zu befreien. Bringe diese frohe Botschaft den Weibern und Kindern. Mir ist aber berichtet worden, er predige Unheil gegen die Juden und mußte vom Cardinal von Pampeluna und Anderen zum Schweigen gebracht werden. Du meinst, Paulus, Dein Lehrer, werde bald einen Bischofssitz einnehmen oder den Cardinalshut tragen. Freue Dich deß; denn dann wirst auch Du zu Ehren gelangen, wirst Priester oder Levite werden.« Erst gegen den Schluß läßt Profiat Duran seinen ironischen Ton fahren und schreibt mit Ernst: Er bitte seinen ehemaligen Freund, als Christ nicht den Namen seines hochgeachteten Vaters zu führen; denn er würde, wenn er noch am Leben wäre, gewünscht haben, lieber keinen Sohn, als einen abtrünnigen zu haben. Und auch so trauere seine Seele jenseits wohl über den Abfall seines Sohnes. Dieses satyrische Sendschreiben sollte als Flugblatt dienen und wurde verbreitet. Der Verfasser schickte es nicht blos seinem ehemaligen Freunde, sondern auch dem Großrabbinen und Leibarzt des Königs von Castilien, Don Meïr Alguadez, zu. Es hat eine so einschneidende Wirkung hervorgebracht, daß die Geistlichen, als sie erst den satyrischen Charakter desselben erkannten, darauf fahnden und es verbrennen ließen37. – Profiat Duran arbeitete im Auftrage des Chasdaï Crescas noch ein anderes gegenchristliches Werk aus38, aber nicht in satyrischem Tone, sondern in der ruhigen Sprache geschichtlicher Auseinandersetzung. Vertraut mit dem neuen Testamente und der Kirchenliteratur, wies er nach, wie das Christenthum im Verlaufe entartet sei. Jesus habe sich gar nicht als einen Gott oder einen Theil der Gottheit ausgegeben, habe auch gar nicht eine neue Religion stiften wollen. Erst die Späteren haben aus Verkennung seiner Absichten ihn dazu gemacht. Profiat Duran setzt darin manchen Punkt des Christenthums in ein eigenthümliches Licht.
Paulus von Burgos stieg indeß, von dem Gegenpapste Benedictus XIII. von Avignon begünstigt und gefördert, immer höher und höher, wurde Bischof von Cartagena, Kanzler von Castilien und Geheimrath des Königs Don Heinrich III. Indessen gelang es seinem bösen Willen doch nicht, den König von Castilien gegen die Juden einzunehmen und sie von Hofämtern fernzuhalten. Don Heinrich hatte zwei Leibärzte, denen er besonderes Vertrauen schenkte. Den Einen von ihnen, Don Meïr Alguadez, einen Astronomen und Kenner der Philosophie, ernannte er zum Großrabbinen über sämmtliche [89] castilianische Gemeinden39. Er war stets im Gefolge des Königs40. Sein Leibarzt von früher war Don Mose Zarzal (Çarçal41), wahrscheinlich ein Sohn des Don Abraham Zarzal, welcher am Hofe Don Pedro's sehr viel galt (VII.2 p. 39042), besang in volltönenden spanischen Versen die lang ersehnte Geburt des Thronerben für Castilien, entlehnte der neuhebräischen Poesie ihre Farbenpracht, um den neugeborenen Infanten zu verherrlichen und prophezeihte die Vereinigung sämmtlicher Staaten der pyrenäischen Halbinsel in seiner Hand. Die Windstille, welche zwischen zwei wüthenden Stürmen für die spanischen Juden während der Regierung Don Heinrichs III. eintrat, begünstigte den Nachtrieb einiger literarischen Spätlinge, fast die letzten von einiger Bedeutung. Epochemachend waren diese Leistungen allerdings nicht; sie haben nur den Werth, daß sie als Fundort die Schätze aus günstigen Zeitlagen bewahrten und sie nicht in Vergessenheit geraten ließen. Profiat Duran – von dem man nicht weiß, wie es ihm möglich geworden, seine Taufe vergessen zu machen und sich in Spanien oder Perpignan zu behaupten – Profiat Duran commentirte Maimuni's philosophisches Werk, auch Mehreres von Ibn-Esra, verfaßte ein mathematisches und kalendarisches Werk (Chescheb-Efod) und stellte in einem Geschichtswerke die Verfolgungen zusammen, welche sein Stamm seit der Zerstreuung erlitten. Seine beste Arbeit ist seine hebräische Grammatik (Maaszé Efod, verfaßt 140343), worin er die Ergebnisse älterer Forscher zusammenfaßte, ihre Irrthümer berichtigte und sogar den Ansatz zur Lehre einer hebräischen Syntax machte. Dabei beklagt er die unheilbare Krankheit der Zeit, daß das einseitige Talmudstudium und die Verkehrtheit der Kabbala die Bibelerklärung und die Erforschung der [90] heiligen Sprache durchweg verdrängt und in Vernachlässigung gebracht hatten.
Eine durchaus nicht alltägliche Leistung hinterließ Chasdaï Crescas, schon am Rande des Grabes und durch die Verfolgung zusammengebrochen. Er war ein tiefer und umfassender Denker, der sich nicht an Einzelnes verlor, sondern das Ganze umspannen wollte. Schon der Plan, den er faßte, ein Werk über alle Seiten des Judenthums nach maimunischer Art auszuarbeiten, die Ideen und Gesetze, aus denen die jüdische Lehre besteht, auseinanderzusetzen, das Besondere mit dem Allgemeinen, die auseinander gefallen waren, wieder zu verknüpfen, dieser Plan zeugt nicht blos für seine außerordentliche Gelehrsamkeit, sondern noch mehr für seine Geistesklarheit. Das Werk sollte zugleich ein Leitfaden für das Talmudstudium und ein Handbuch für die Praxis sein. Der Tod scheint ihn an der Ausführung dieser Riesenarbeit gehindert zu haben, und er hat lediglich den philosophischen Theil oder die Einleitung dazu ausgearbeitet44. In dieser Einleitung beleuchtet Chasdaï Crescas einerseits die Principien der Religion im Allgemeinen: das Dasein Gottes, die göttliche Allwissenheit, die Vorsehung, die menschliche Willensfreiheit, den Zweck des Weltalls, und andererseits die Grundwahrheiten des Judenthums, die Lehre von der Weltschöpfung, der Unsterblichkeit und vom Messias. Chasdaï ließ sich aber mehr von dem religiösen, als von dem philosophischen Bedürfniß leiten. Ihm lag nicht so sehr daran, die Gewißheit zu haben, daß die Grundlehren des Judenthums mit der Philosophie übereinstimmen (die Hauptgedankenarbeit Maimuni's, Gersonides' und Anderer), als vielmehr nachzuweisen, daß jene von dieser nicht berührt und noch weniger erschüttert werden. Ihm imponirte die aristotelisch-mittelalterliche Philosophie nicht mehr so gewaltig wie seinen Vorgängern, sie hatte für ihn bereits ihre Strahlenkrone eingebüßt, weil sein klarer Geist ihre Schwächen tiefer als Andere erkannt hatte. Mit kühner Hand riß er daher die Stützen des riesigen Gedankenbaues nieder45, welchen Maimuni auf aristotelischem Grunde aufgeführt hatte, um das Dasein Gottes und sein Verhältniß zum Weltall zu beweisen. Vertraut mit dem ganzen Gedankenapparat der scholaristischen Philosophie, bekämpfte er sie mit wuchtigen Streichen.
[91] Während ihm die Philosophie der Zeit auf bodenlose Abwege gerathen zu sein schien, stand ihm das Judenthum auf unerschütterlichem Grunde fest, und er bemühte sich, lediglich die Anfechtungen und Einwendungen von seiten jener gegen dieses in ihr Nichts aufzulösen. Die Religionsphilosophen zerarbeiteten sich, um nur die göttliche Allwissenheit zu retten, sie auf das Wesentliche, Dauernde und Allgemeine zu beschränken. Chasdaï Crescas setzte sich über diese zimperliche Bedenklichkeit hinweg und bewies, daß das göttliche Wissen auch das Einzelne und Mögliche umfasse46. Die Vorsehung Gottes folgte ihm ohne Weiteres daraus; sie erstrecke sich nicht blos auf Gattungen, sondern auch auf Einzelne47. Die Annahme einer unbegrenzten göttlichen Allwissenheit führte Chasdaï Crescas zu einer kühnen Behauptung: daß der Mensch in seinen Handlungen nicht ganz frei sei, daß vielmehr alles Geschehen nothwendig aus einer Ursache folge, und jede bis zur ersten Ursache hinauf das Eintreffen dieses oder jenes Zustandes unfehlbar bedinge. Der menschliche Wille folge nicht einer blinden Wahl, sondern sei durch die Gliederkette vorangegangener Wirkungen und Ursachen bestimmt. In wiefern könne es aber Lohn und Strafe geben, wenn der Wille nicht frei ist? Darauf antwortete Chasdaï Crescas: Lohn und Strafe erfolgen nicht auf Handlungen, sondern auf Gesinnungen. Wer das Gute – das allerdings nothwendig erfolgen müsse – mit Freudigkeit des Herzens vollbringe, verdiene belohnt zu werden, ebenso wie der, welcher das Böse gern befördere, der Strafe verfallen müsse48.
Das höchste Gut, dem der Mensch zustreben soll, und der Endzweck der Schöpfung sei die geistige Vollkommenheit des Menschen oder das ewige Leben der Seligkeit. Diese werden aber nicht erworben, wie die Philosophen meinen, durch die Aufnahme von theoretischen und metaphysischen Wahrheiten im Geiste, sondern einzig und allein durch thätige Liebe zu Gott. Das sei der Inbegriff der Religion, und besonders des Judenthums49. Insofern könne man mit Recht behaupten: Die Welt sei um der Thora willen erschaffen worden, weil sie durch Ideen und Gebote Anleitung zu Gesinnungen und Handlungen gebe und so das ewige Leben fördern wolle50.
[92] Chasdaï Crescas, welcher zu allererst den Unterschied zwischen der allgemeinen Religion und einer besonderen Religionsform, Judenthum und Christenthum, machte, stellte, abweichend von Maimuni, nur acht das Judenthum charakterisirende Glaubensartikel auf. Gegen die dreizehn Glaubensartikel Maimuni's wendete er mit Recht ein, daß ihrer entweder zu viel oder zu wenig aufgezählt seien, weil darin die Grundwahrheit jeder Religion überhaupt mit den Glaubenslehren des Judenthums zusammengeworfen und nicht streng geschieden seien51. Die acht Grundlagen des Judenthums seien solcher Natur, daß zwar eine Religion ohne dieselben gedacht werden könne, aber wer sie leugne, gehöre nicht mehr zum Judenthume, sei eben Ketzer. Diese wesentlichen Lehren seien: Die Schöpfung der Welt aus einem freien Willensakte Gottes zu einer bestimmten Zeit; die Unsterblichkeit der Seele; die vergeltende Gerechtigkeit Gottes! die Auferstehung der Todten in einer gewissen Zeitepoche; die Unabänderlichkeit der Thora; die höhere Prophetie Mose's; die Lehre von der göttlichen Verkündigung durch den Hohenpriester vermöge der Urim und Tummim und endlich die Hoffnung auf den Messias52. So sehr auch Chasdaï Crescas bemüht war, die Wichtigkeit aller dieser Glaubensartikel zu begründen, so konnte er doch die Willkürlichkeit seiner Annahme nicht ganz verdecken. Er hat sich hierbei mehr vom Talmud als von folgerichtiger Gedankenstrenge leiten lassen. Auch in der Vertheidigung des Daseins von Dämonen53 und des Einflusses von Beschwörungsformeln und magischen Kameen folgte er nur allzusehr dem Talmud und der nachmanidischen Schule, in der er sich gebildet hatte. Indessen schützte ihn sein gesunder Sinn vor den Kindereien der Kabbala, und er bezweifelte die kabbalistische Afterlehre von der Seelenwanderung54.
Nächst Profiat Duran und Chasdaï Crescas trat auch in der kurzen Pause zwischen zwei blutigen Verfolgungen in Spanien der castilianische Großrabbiner Don Meïr Alguadez als philosophischer Schriftsteller auf, nicht mit einer selbstständigen Arbeit, sondern mit der Auswahl eines Themas zum Uebersetzen. Aristoteles Sittenlehre (Ethik) übertrug er (1405 auf Anregung des Benveniste Ibn-Labi55) ins Hebräische und machte sie den Juden zugänglich, welche sie mehr im Leben angewendet haben, als die Griechen, aus deren Schooß sie [93] hervorging, und als die Christen, welche sich durch Glaubensformeln und Kirchenlehren über die Moral erhaben dünkten.
So lange der junge, aber kränkliche Monarch des Hauptreiches Castilien, Don Heinrich III., regierte, konnten die Juden ihre Existenz noch leidlich führen. Sobald aber dieser König ins Grab stieg (Ende 1406), trat abermals eine unglückliche Wendung für die Juden Castiliens ein, ein Vorbote unglückseliger Tage. Der Thronerbe Juan II. war ein kaum zweijähriges Kind. Die Regentschaft führte die Königin-Mutter Catalina (Katharina) von Lancaster, eine launenhafte, übermüthige, überkirchliche junge Frau, welche zu herrschen glaubte, aber von ihren jeweiligen Favoritinnen beherrscht wurde. Der Mitregent, der Infant Don Fernando (später König von Aragonien), zwar klug und milde, ließ sich ebenfalls von Geistlichen leiten. Im Staatsrath saß neben ihm der abtrünnige Rabbiner Salomo – Paulus de Santa Maria, ein noch schlimmerer Elisa-Acher, dem nicht blos das Judenthum ein Gräuel, sondern auch die Juden Gegenstand des Abscheues waren. Der verstorbene König Don Heinrich III. hatte ihn zum Vollstrecker seines Testaments und zum Erzieher des Throninfanten ernannt, und so hatte Paulus im Regentschaftsrathe eine gewichtige Stimme. Welche Aussicht für die Juden Castiliens! Sie empfanden auch bald den ihnen feindseligen Geist des Hofes. Zunächst war es auf die Demüthigung der angesehenen Juden abgesehen, welche im Verkehr mit dem Hofkreise oder mit den Granden des Reiches standen und als solche eine geachtete Stellung einnahmen. Sie sollten daraus verdrängt und gemahnt werden, daß auch sie zur verachteten Kaste gehörten.
Ein Edikt wurde im Namen des vierjährigen Königs veröffentlicht (25. October 1408), welches die judenfeindlichen Paragraphen der Gesetzsammlung Alfonso's des Weisen (VII.2128) zur Ausführung brachte. »Weil die Bekleidung von Aemtern von Seiten der Juden zum Schaden des christlichen Glaubens und der Gläubigen gereiche«, so sollte dieses für alle Zukunft untersagt sein. Jeder Jude, der von einem Adeligen oder einer Stadt sich mit einem Amte belehnen ließe, sollte das Zweifache seiner Einnahmen davon als Strafe erlegen, und wenn sein Vermögen nicht ausreichte, dasselbe ganz einbüßen und noch dazu fünfzig Streiche gewärtig sein. Jeder Christ, der einen Juden in ein Amt einsetzte, sollte ebenfalls in eine Geldstrafe verfallen. Um das Edikt wirksam zu machen, wurde bestimmt, daß jeder Angeber einer Uebertretung desselben und der Gerichtshof, der jüdische Uebertreter verurteilte, je ein Drittheil des confiscirten Vermögens erhalten sollte. Alle öffentlichen Beamten wurden angewiesen. [94] es überall bekannt zu machen und auf dessen Erfüllung zu achten. Man kann die Hand des Paulus de Santa Maria in diesem Gesetz nicht verkennen. Er kannte recht gut die starken und schwachen Seiten der spanischen Juden und mochte berechnen, daß die angesehenen Juden, in Gefahr ihr Amt und ihre Stellung zu verlieren, zum Christenthum übergehen würden, und daß die Treubleibenden, ausgeschlossen vom Verkehr mit der christlichen Gesellschaft und von der Betheiligung am öffentlichen Leben und auf sich selbst angewiesen, der Mißachtung verfallen und verkommen würden.
Zu gleicher Zeit richtete sich sein giftiger Haß gegen den ehemaligen Leibarzt des verstorbenen Königs, Meïr Alguadez. Hatte die Königin-Regentin etwas gegen ihn? Oder wollte der Apostat Paulus ihn verderben, weil Meïr Alguadez den Mittelpunkt für diejenigen bildete, welche dessen Plänen entgegen arbeiteten und ihn der Verachtung preisgaben? Ein aufregender Prozeß wurde zu diesem Zwecke in Scene gesetzt. Als die Königin-Mutter mit dem gekrönten Kinde in Segovia war, erhoben einige Priester eine schwere Anklage gegen einen Juden dieser Stadt: Er habe vom Sakristan eine Hostie gekauft, natürlich um sie zu schänden; sie habe so erschreckliche Wunder bewirkt, daß der Käufer sie in Angst und Zittern dem Prior eines Klosters wieder zugestellt habe. Sei es nun, daß dieser Vorfall durchweg erfunden oder daß ein Fäserchen Wahrheit zu einem haarsträubenden Lügengewebe geflissentlich verarbeitet worden war, genug der Bischof Juan Velasquez de Tordesillas gab der Sache eine ungemeine Wichtigkeit, ließ mehrere Juden als Mitschuldige verhaften und darunter auch Don Meïr Alguadez. Die Regentin Catalina ließ in Folge dessen einen peinlichen Prozeß anstellen. Alguadez und die Mitverhafteten wurden gefoltert und gestanden ihre Schuld an der Hostie ein. Meïr Alguadez soll aber ein noch ganz anderes Geständniß unter der Tortur abgelegt haben: daß der König Don Heinrich III. durch seine Hand umgekommen sei. Obwohl alle Welt wußte, daß der Monarch von Jugend angekränkelt hatte, so wurde Don Meïr – dem die Richter unter der Folter die Frage wegen Vergiftung des Königs vorgelegt haben müssen – auf eine grausame Weise hingerichtet; Glied für Glied wurde ihm ausgerenkt56. Dasselbe Loos traf auch seine Mitangeklagten. Damit [95] noch nicht zufrieden, beschuldigte der Bischof von Segovia einige Juden, sie hätten seinen Koch bestochen, für ihn Gift in die Speisen zu mischen, wofür die Angeklagten ebenfalls mit dem Tode büßen mußten. Eine Synagoge in Segovia wurde in dieser Zeit in eine Kirche verwandelt.
Die trübe Zeit, welche eigentlich erst den vorausgeworfenen Schatten künftiger unglückseliger Ereignisse bildete, erzeugte die düstere Erscheinung einer neuen messianischen Schwärmerei. Sie ging wieder von Mystikern aus. Die Kabbala, welche – durch den geschickten Kunstgriff, den Sohar als ein heiliges Grundbuch [96] einschleichen zu lassen – immer mehr Boden gewann, hatte zwar in diesem Zeitabschnitte keine besonders befähigte Vertreter, aber doch rührige Parteigänger. Drei Kabbalisten waren besonders thätig, ihrer Lehre die Gemüther zu unterwerfen und die Köpfe einzunehmen: Abraham aus Granada, Schem-Tob b. Joseph und Mose Botarel. Der Erstere verfaßte eine kabbalistische Schrift (zwischen 1391-140957), ein Wirrsal voll von abenteuerlichen Gottes- und Engelnamen, von Buchstabenversetzungen und Spielereien mit Vocal- und Tonzeichen. Abraham aus Granada hatte die Kühnheit, zu behaupten: Wer nicht in kabbalistischer Weise Gott erkennt, gehöre zu den Kleingläubigen, der sündige unwissentlich, den beachte Gott nicht und wende ihm nicht seine besondere Vorsehung zu, wie er die Entarteten und Abtrünnigen dem Zufall überlasse58. Er deutete ferner an, daß der Abfall der gebildeten Juden von ihrem Glauben in der leidigen Beschäftigung mit der Wissenschaft und in der Verachtung der Kabbala seinen letzten Grund habe59. Andererseits sah er in der Verfolgung von 1391 und in dem Uebertritt so vieler angesehener Juden zum Christenthum die Vorzeichen der messianischen Zeit, die Leiden, die ihr vorangehen müßten, und die Nähe der Erlösung60. – Schem-Tob b. Joseph Ibn-Schem-Tob (gest. 1430) beschuldigte geradezu die jüdischen Philosophen, Maimuni, Gersonides und Andere, als Verführer des Volkes zur Ketzerei und zum Unglauben und als eigentliche Urheber der Abtrünnigkeit so Vieler zur Zeit der Prüfung. In einer Schrift (Emunot61) machte er die heftigsten Ausfälle gegen die jüdischen Denker und die Beschäftigung mit der Philosophie; er behauptete, das Heil Israels liege in der Kabbala, welche die echte lautere Wahrheit, wie die uralte jüdische Tradition sei. Sein ganzes Buch ist eine lange Reihe der schwersten Anklagen gegen das vernünftige Denken innerhalb des religiösen Gebietes und eine fortlaufende Verherrlichung des kabbalistischen Unverstandes.
Doch waren diese beiden, Abraham von Granada und Schem-Tob, beschränkte, aber doch ehrliche Männer; anders aber Mose Bonjak Botarel aus Cisneros, der es geradezu auf Täuschung [97] abgesehen hatte. Er verfaßte ein Werk zur Auslegung des räthselhaften »Buches der Schöpfung« (140962) für einen der Kabbala unkundigen Mann, Maestro Juan, worin er, um seine Alfanzereien zu belegen, geachteten Autoritäten älterer Zeit kabbalistische Aussprüche oder Schriften andichtete oder Namen für angebliche Verfasser mystischer Bücher geradezu erdichtete. Den Amoräer Rab Aschi, die Gaonen Saadia und Haï, den liturgischen Dichter Kaliri, einen Natronaï, ein Schulhaupt Ahron aus Babylonien führte er als Gewährsmänner für kabbalistische Träumereien an. Botarel versicherte aber dabei, daß er nicht lüge63, wie er auch mit seiner Bescheidenheit prahlte64. Im Gegensatz zu Schem-Tob, der die Philosophie verabscheute, that Botarel sehr schön mit ihr, rühmte Aristoteles als einen Weisen, der, wiewohl Heide, mehr als ein Prophet gewesen sei, machte seinen Zeitgenossen Vorwürfe, daß sie sich von dieser göttlichen Wissenschaft ferne hielten und behauptete, Philosophie und Kabbala hätten dieselbe Lehre und seien nur im Ausdruck und in der Sprechweise verschieden; sie hängen beide zusammen wie die Flamme an der Kohle65. Allein das ist Alles eitel Aufschneiderei. Mose Botarel war nicht blos jeder Kenntniß der Philosophie, sondern jedes gesunden Gedankens überhaupt baar. Er war ein beschränkter Kopf, der an die Wirksamkeit von Amuleten und Kameen glaubte, sich darauf zu verstehen vorgab, wie man die Gottesnamen zu magischen Operationen zusammensetzen könne66. Er gab ein Verfahren an, wie man durch Fasten, Waschungen, Gebete, Anrufung von Gottes- und Engelnamen solche Träume erzeugen könne, welche die Zukunft enthüllen67. Er verschwor seine Seele für die Behauptung, daß die Gaonen Saadia und Haï, ja sogar Maimuni sich solcher Mittel bedient hätten. Dieser Lügenschmied war es wohl, welcher vorher durch Schwindeleien hatte glauben machen wollen, daß ihm, vom Propheten Elia gesalbt, eine messianische Rolle zugewiesen sei. So verdüstert waren die Gemüther in Folge der blutigen Gemetzel, daß nicht Wenige, sich an einen Strohhalm der Hoffnung anklammernd, seinen Spiegelfechtereien Glauben beimaßen und ihn hoch verehrten und unter diesen auch der philosophisch geschulte Chasdaï Crescas. Gestützt auf seinen gläubigen Anhang und treu seiner messianischen Rolle hatte Botarel, sich als das Haupt des großen Synhedrion geberdend, ein ruhmrediges und [98] prahlerisches Sendschreiben an sämmtliche Rabbinen Israels erlassen, daß er im Stande sei, alle Zweifel zu lösen, alle Dunkelheit zu lichten68.
Wie zur Zeit der westgothischen Verfolgung der Juden, welche von den Königen und der Geistlichkeit ausgegangen war, der Spanien gegenüberliegende berberisch-afrikanische Küstenstrich eine Zufluchtsstätte für die Verfolgten bildete, ebenso bei der Wiederholung ähnlicher Scenen, die zwar nicht mehr von den Königen, aber von einem noch strengeren Tyrannen, dem irregeleiteten Volke, herbeigeführt wurde. Die nordafrikanischen Städte Algier, Bugia, Constantine, Miliana, Oran, Tenes, Tlemsen und andere wurden von den Juden bevölkert, welche dem Gemetzel von 1391 entkommen waren, und auch von den Neuchristen, welche das ihnen verhaßte, aufgezwungene christliche Bekenntniß los werden wollten. Fast täglich kamen neue Züge von allen Theilen Spaniens und Mallorca's dort an. Die Flüchtlinge verpflanzten ihre Reichthümer, ihren Gewerbfleiß, ihre Handelsverbindungen und ihre Intelligenz dorthin. Die mohammedanischen Berberfürsten, duldsamer und menschlicher als die Christen, nahmen die flüchtigen Juden ohne Einzugsgebühren auf. Anfangs beschwerte sich zwar die mohammedanische Bevölkerung über diesen Zuwachs, weil sie dadurch eine Vertheuerung der Lebensmittel befürchtete. Als ihr aber ein einsichtsvoller Bey ihre Engherzigkeit und Kleingläubigkeit zu Gemüthe führte, beruhigte sie sich und legte der Einwanderung der Juden kein Hinderniß in den Weg69. Die kleinen berberischen Gemeinden, welche sich nach dem Aufhören der almohadischen Intoleranz seit einem Jahrhundert gebildet hatten, erhielten durch den Zuzug größere Bedeutung. Die aus Spanien Eingewanderten führten das Regiment in den Gemeinden.
Der angesehenste Rabbiner Isaak Ben-Scheschet-Barfat, welcher der Verfolgung entgangen war und sich zuerst in Miliana und zuletzt in Algier ansiedelte, wurde vom König von Tlemsen als Oberrabbiner und Richter70 über sämmtliche Gemeinden anerkannt. Einer seiner Verehrer, Saul Astrüc Cohen, ein beliebter Arzt, der überhaupt viele Verdienste hatte, seine Kunst nicht nur unentgeltlich ausübte, [99] sondern noch von seinem Vermögen an Mohammedaner und Juden ohne Unterschied spendete, war ihm dazu behilflich71. Im Namen des Königs wurde den Rabbinen untersagt, ohne Erlaubniß des Großrabbinen Ben-Scheschet weder religiöse, noch richterliche Funktionen auszuüben. Wie in Spanien, so wurde er auch in Algier mit Anfragen zur letztgiltigen Entscheidung bestürmt72. Auch hier wirkte er mit religiöser Gewissenhaftigkeit und Unparteilichkeit, um Unrecht abzuwenden. Es gab in seiner Gemeinde ein boshaftes Mitglied von großem Einflusse bei den Behörden; dieses wollte die immer mehr zunehmende Einwanderung der Marranen aus Eigennutz hintertreiben. Der Engherzige wußte den Kadi zu überreden, sich von jedem eingewanderten Juden eine Dublone zahlen zu lassen. Als aber auch dieses Mittel nicht verschlug, und trotzdem Schaaren von Flüchtlingen ankamen, stachelte derselbe den Eigennutz der Gemeinden auf, sich dem Zuwachs von Glaubensgenossen zu widersetzen. Fünf und fünfzig zum Judenthum zurückgetretene Neuchristen aus Valencia, Barcelona und Mallorca harrten im Hafen von Algier, um zugelassen zu werden, und sie wurden von den Juden selbst abgewiesen, was so viel bedeutete, als sie den christlichen Henkern ausliefern. Eine solche Lieblosigkeit und Ungerechtigkeit konnte der Großrabbiner nicht dulden! Er legte die herzlosen Juden, welche sich der Aufnahme der Scheinchristen widersetzt hatten, in den Bann, und diese Ausschließung aus der Gemeinde ist wohl für keine gerechtere Sache verhängt worden. Die Gegner machten zwar Anstrengung, die über sie verhängte Strafe zu vereiteln; aber durch das energische Auftreten Ben-Scheschets gaben sich seine Anhänger Astrüc Kohen und dessen Bruder Mühe, den harrenden Marranen die gewünschte Aufnahme zu verschaffen73. In Afrika wirkte Ben-Scheschet Barfat viele Jahre zum Wohle seiner Glaubensgenossen und zur Hebung von Religion und Sittlichkeit. Er erhielt aber einen heftigen Gegner an einem jüngern Rabbinen, welcher aus Mallorca ebenfalls dahin eingewandert und ein bedeutender Talmudkundiger war, an Simon b. Zemach Duran74, und sein Alter wurde dadurch verbittert; er soll in seiner Gemeinde bis zu seinem Ableben unbeliebt gewesen sein75.
Nach Ben-Scheschet's Tode wurde dieser Simon Duran (geb. 1361, gest. 144476, welcher dem Gemetzel in Palma entkommen war, zu [100] seinem Nachfolger ernannt. Die Gemeinde Algier wählte ihn aber nur unter der Bedingung, daß er sich nicht vom Könige bestätigen lassen dürfte77, weil sein Vorgänger zu selbstständig aufgetreten war. Simon Duran, ein auch mit wissenschaftlichen Fächern, Mathematik und Medizin, vertrauter Mann, war der erste Rabbiner, der von der Gemeinde Sold bezog, was bis dahin in spanisch-jüdischen Gemeinden ohne Beispiel war. Er hielt es daher für gerathen, sich deßwegen vor der öffentlichen Meinung zu entschuldigen. Es sei ein Nothfall für ihn, da er einen Theil seines bedeutenden Vermögens während des Gemetzels eingebüßt und den Rest auf Bestechung hätte verwenden müssen, um nicht als judaisirender Christ den Molochsarmen der Dominikaner überliefert zu werden. Fast als ein Bettler sei er nach Algier gekommen, und die Arzneikunde, von der er sich Subsistenzmittel versprochen hatte, bringe ihm nichts ein, da der ärztliche Stand unter den Berbern nicht geachtet sei. Hinterher bemühte sich Simon Duran die Annahme von Gehalt für rabbinische Funktionen mit dem Talmud in der Hand zu rechtfertigen78. Waren die Kirchenfürsten, Bischöfe und Aebte ebenso gewissenhaft?
Es ist bemerkenswerth, daß bei der vorherrschenden Neigung im Mittelalter, einerseits ein straffes geistliches Regiment zu schaffen, und andererseits sich blindlings der Autorität zu unterwerfen, es innerhalb der Judenheit nicht gelingen wollte, ein die Gemeinden und die Rabbinen beherrschendes Oberrabbinat zu gründen. Wo es vorkam, wie in England und zuletzt auch in Spanien und Portugal, wurden die Großrabbinen (archipresbyter, Rabi mor) den Gemeinden vom Staate zum Nutzen der Staatseinkünfte förmlich aufgezwungen. Auch waren die Gemeindeverbände in diesen Ländern von so geringem Umfange, daß sich neben dem Rabbinen der Hauptstadt kein ebenbürtiger und gleichberechtigter vorfinden mochte, und daher eine Unterordnung sich von selbst verstand. In den größeren Reichen dagegen, bei größerer Dichtigkeit jüdischer Gemeinden, verspürten diese keine Lust, sich einem außerhalb ihres Verbandes fungirenden Rabbinen unter allen Umständen zu unterwerfen.
Der Kaiser Ruprecht von der Pfalz machte in dieser Zeit den Versuch, ein deutsches Oberrabbinat zu schaffen. Dieser einsichtsvolle [101] und milde Fürst, der sich durch eine Verschwörung gegen seinen Vorgänger, den Trunkenbold Wenzel, die deutsche Kaiserkrone verschafft hatte – die eigentlich eine Dornenkrone war – büßte seine Auflehnung gegen die Majestät des Herkommens dadurch, daß ihn die Hälfte Deutschlands nicht anerkannte, und daß seine Anhänger selbst sich gegen ihn verschworen. Gegen die Juden war er nicht besonders milde, wenn auch nicht ein Wütherich wie sein Vorgänger. Auch er betrachtete nicht blos das Vermögen, sondern auch die Personen der jüdischen Kammerknechte als sein Eigenthum, bestätigte einerseits den ungerechten Erlaß Wenzels, bezüglich der Schuldentilgung, und ertheilte andererseits mehreren Gemeinden Freiheitsbriefe, je nachdem es sein augenblicklicher Vortheil erheischte. Da sich viele Fürsten und Städte gegen ihn auflehnten, oder ihn nicht anerkennen mochten, die Judensteuern unter dem Namen »güldner Opferpfennig« und andern Titeln nicht einliefen, so ernannte er, ohne Beispiel in Deutschland, zwei Juden zu Einnehmern79: zuerst Elia von Mainz und Isaak von Oppenheim und um zwei Jahre später Meyer von Kronenberg (Ende 1403) in der Hoffnung, daß Stamm-und Religionsgenossen, die ihren Nutzen dabei haben würden, besser im Stande sein dürften, seine Einnahmequellen flüssig zu machen. Das Mittel, dessen sich die jüdischen Einnehmer bedienen sollten, um den Widerstand der einzelnen Juden und der sie unterstützenden Fürsten und städtischen Obrigkeiten zu brechen, war der Bann. Die Widerspenstigen und Zahlungssäumigen sollten aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden. Dazu bedurfte es aber der Zustimmung der Rabbinen, da ohne sie der Bann nicht verhängt werden durfte. Weil aber diese sich eben nicht immer so willfährig zeigten, des Kaisers Interessen im Widerspruch mit der Landesbehörde zu unterstützen, so kam Ruprecht auf den Plan, ein deutsches Oberrabbinat zu schaffen (3. Mai 1407). Der Oberrabbiner oder »Hochmeister über alle Rabbinen, Juden und Jüdinnen des deutschen Reiches« sollte durch Bannsprüche, Vorladungen und andere Mittel für Wahrung der kaiserlichen Rechte an seine Kammerknechte und namentlich für die Judensteuern Sorge tragen. Kaiser Ruprecht übertrug diese Würde oder Bürde dem Rabbinen Israel (wahrscheinlich von Krems, der Zusätze und Glossen zu Ascheri's Hauptwerk gemacht). Der Kaiser ertheilte diesem Israel das Zeugniß, »daß er ein bewährter und alter Meister in jüdischer Wissenschaft war und in der Judenheit einen guten Leumund hatte, daß er keinem Juden je Unrecht gethan, sondern, ein gelehrter [102] und redlicher Jude, nie einen Juden oder eine Jüdin mit dem Banne belegt.« Um nicht dadurch bei den Kurfürsten und den, Juden besitzenden städtischen Körperschaften Anstoß zu erregen, daß er seinem Oberrabbiner Rechtsbefugnisse über die ihnen zuständigen Gemeinden eingeräumt wissen wollte, machte ihnen der Kaiser die Vorspiegelung, daß es in ihrem eigenen Interesse geschehe. Denn es käme vor, daß Unberufene sich rabbinische Befugnisse anmaßten, einzelne Gemeindeglieder mit dem Banne belegten, um von denselben Geld zu erpressen, wodurch Manche verarmt oder zur Auswanderung gezwungen worden wären. Dem sollte nun durch die Ernennung eines Oberrabbiners über die Judenschaft des deutschen Reiches ein Riegel vorgeschoben werden; denn es sollte keinem sonstigen Rabbinen gestattet sein, den Bann über Jemand auszusprechen80.
Indessen waren die deutschen Rabbinen weit entfernt, sich dem neu ernannten kaiserlichen Oberrabbinen unterzuordnen. Sie verdächtigten Israel bei den Gemeinden, daß er das Judenthum verletzt habe, weil er sich von der christlichen Staatsgewalt ein religiöses Amt übertragen ließ – was allerdings sehr mißliebig war. Sie sprengten aus, er werde die Gemeindeglieder übermäßig schätzen und ihnen Geld abnehmen, um sich die Gunst des Kaisers zu erhalten. Von vielen Seiten kamen Sendschreiben nach Nürnberg, laut welchen der neuernannte Oberrabbiner mit dem Banne belegt werden sollte, falls er in seinem Amte verbleiben sollte. Sie warfen ihm vor, daß »er über die Judenschaft gesprungen«. Der Kaiser Ruprecht, dem dieser Widerstand geklagt wurde, war natürlich über diese Unbotmäßigkeit seiner Kammerknechte sehr ungehalten, erließ ein Schreiben (23. November [103] 1407) an sämmtliche Juden des Reiches: »keinen anderen als Hochmeister oder Rabbinen anzuerkennen denn Israel« und bedrohte die Widerspenstigen mit schwerer Geldstrafe von zwanzig Mark Goldes81. Indessen konnte er seiner Drohung keinen Nachdruck geben. Denn gerade in demselben Jahre traten Fürsten und Städte dem gegen in gestifteten Bunde bei, die Hände wurden ihm von allen Seiten gebunden, und er war in den letzten drei Jahren seiner Regierung (1407-1410) so recht ein Schattenkaiser. Wie gesunken muß das deutsche Kaiserthum gewesen sein, daß Juden, die doch ein fallendes Blatt erschreckte, die Drohungen des Kaisers Ruprecht nicht fürchteten! Das deutsche Oberrabbinat starb gleich nach seiner Geburt, und sein Träger wurde von den Zeitgenossen durch hartnäckiges Stillschweigen über ihn und seine Wahl gerichtet82.
1 Amador II. 407 nach Documentos ineditos del Archivo de Aragon. Mitgetheilt in Frankels Monatsschrift, Jahrg. 1866, p. 91 D.
2 Das. S. 413.
3 Das. S. 414.
4 Das. S. 408 f.
5 Das. 414, zum Theil nach Zuñiga's Bemerkung.
6 Das. 420.
7 Zacuto in den alten Ausgaben hat die Leseart: ורימה ףלא םיתאממ רתוי םתד, die neue Ausgabe von Filipowski dagegen p. 225 a: םירודי םיפלא 'דמ רתוי gewiß eine zu geringe Zahl Escolano berechnet allein die Zahl der Täuflinge in Valencia auf 7000, Zuñiga auf 11000. Der Bericht der Rathsherren von Valencia bemerkt, daß die Getauften in dieser Stadt kaum gezählt werden konnten; en la Seu é en los parroquias era è es stada de batejar tants Juheus, que casi non son en nombre. A. das. 602 Documentos, vergl. das. 403.
8 Das. 402.
9 Ibn-Verga Schebet Jehuda p. 96.
10 Simon b. Zemach Duran Respp. (?יבשת) I. No. 46.
11 Das Wort Marranos ist bisher noch nicht glücklich erklärt worden. Es wurde zwar richtig von Maran atha abgeleitet; aber da dieses im neuen Testamente vorkommende Wort verkannt wurde, so traf das Derivat dasselbe Mißverständniß. Portugiesische Historiker geben an: das Wort Marrano kommt von Maranatha, d.h. »der Herr kommt«, und man bezeichnet damit solche, welche die Ankunft des Messias leugnen. Es sei ein Schimpfname für die Bekenner des Judenthums geworden. Achnlich Llorente (histoire de l'Inquisition en Espagne I. p. 142): Les Juifs se servaient entre eux (comme signe de malédiction) de l'expression hébraïque »Marranos« derivée par corruption des mots Maran-atha »le Seigneur vient«. Cet usage fut cause que les anciens Chretiens appelèrent par mepris cette classe de nouveaux fidèles la génération des Marranos, ou la race maudite. Es ist richtig, daß Marranos bedeutet »die Verwünschten«, aber nicht weil es von der Phrase »Der Herr kommt« abgeleitet ist. Das Wort Maran atha oder Maranatha kommt im I. Korintherbrief zu Ende (16, 22) vor. Dort heißt es: Wenn Jemand Christus nicht liebt, der sei Anathema und Maranatha. Εἴ τις οὐ φιλεῖ ... Ἰƞσοῠν Χριστόν, ἤτω ἀνάϑεμα, μαραναϑά. Gedankenlos giebt die syrische Uebersetzung das betreffende Wort durch: ןרמ אתא »der Herr kommt« wieder. Welchen Sinn soll nun jener Vers haben? Entschieden ist das Wort Maranatha das neuhebräische Wort תא םרחמ oder in chaldäischer Form תמרחמ »Du bist gebannt«, entsprechend dem Worte: Anathema. Daraus ist im Griechischen die Corruption Maranatha statt Maramt oder Maramta entstanden. In Spanien und Portugal bildete man daraus des Wort Marrano, welches »gebannt, verflucht, verwünscht« bedeutet. In der Voraussetzung, daß die Neuchristen Jesus nicht liebten, wandte man auf dieselben das Maranatha an. Man muß daher Marranos orthographiren und nicht, wie Einige haben, Maraños.
12 Schem-Tob Ibn-Schem-Tob Einleitung zu seiner antiphilosophischen Schrift תונומא und Andere.
13 Vergl. Isaak b. Scheschet Respp. No. 11. (שי יכ ... .םנואב ןתלחת םא ףא ודמתשנש רחאמ ... (םיסונאה ןמ) םהמ םידוהיה רחא םיפדורש אלא דוע אלו ... םימש לוע וקרפ .דוע לארשי םש רכזי אלו םתירכהל ידכ םלילעהל ... םיללמואה
14 Diese und ähnliche Spottgedichte gegen Juden und Judenthum hat ein getaufter Jude, Juan Alfonso de Baëna, in einer Sammlung »el Cancionero« aufbewahrt, jetzt edirt Madrid 1851. Satyren daraus sind mitgetheilt in Rodriguez de Castro, Bibliotheca I. p. 310, A de los Rios, Estudios p. 421 ff. und Kayserling, Sephardim, S. 69 ff.
15 Rodriguez de Castro a.a.O. p. 332 f.
16 Das. p. 290.
17 Das Sendschreiben des Astrüc = Raimuch = ךומיר, der sich später ונרוק שויד (Dios-carne, Fleischgewordener Gott) nannte, ist als Anhang edirt bei Efodi's satyrischer Epistel ךיתובאכ יהת לא, und auch Bonfed's Antwort befindet sich daselbst, von Isaak Akrisch edirt. Vergl. darüber Note 3. Ein Commentar zu den Psalmen befindet sich in der Bodlejana von Abraham b. Chajim ךומר ןב, der zu den Notabeln bei der Disputation von Tortosa gehörte (s. Note 3) und dieser Familie angehörte. – Raimuch's Correspondent hieß: ינא סופנוב לאיתלש; im Verlaufe bemerkt Raimuch, daß dessen Vater Isaak geheißen: אלה יל היה קחצי רחפ אלול ךנק ךיבא אוה. Nun war לאיתלאש ןב סופנוב קהצי ein Schwiegersohn des Isaak b. Scheschet, (dessen Respp. No. 71, 133, 147). Sollte dieser auch Vater des En-Schaltiel Bonafos und also sein Sohn der Enkel des Isaak Ben-Scheschet gewesen sein, den Raimuch verführen wollte?
18 Bonfed's Sendschreiben a.a.O.: ואב בורקמ םישדח תרחא חוד םכמע היהת ולאו .השלש לע םיקוחר םיקוספ ובירקי .םידסומ םיקוספ םיעבר לע םישלש (לעכ l.) לע ואצמת השדח
19 Es ist bemerkenswerth, daß der Apostat Salomo Paulus de Santa Maria später vergessen machen wollte, daß er erst in Folge der Verfolgung von 1391 zum Christenthum übergetreten war. Er gab vor, daß ihn die Leetüre der Schriften des Scholastikers Thomas von Aquino bekehrt habe. Vergl. seine Biographica aus Perez de Guzmann und Sanctotis bei Wolf Bibliotheca s.v. und bei Rodriguez de Castro I. p. 295 ff. Es liegen aber Momente vor, welche beweisen, daß er erst 1391 das Judenthum verließ. Sein jüngerer Freund, Josua Lorqui, der ihn wegen seines Religionswechsels zu Rede stellte (wovon weiter), fragte ihn unter Anderem: רשא אלפנה הז ךילע שדחתה ירחא ... ךתעיגה חבס וזיא ... יתבשחמ תטטוש וינזא הנלצת ועמושל ונוממה ונילע תושדחתמה תורצה ונתדלומ ןדבאב תיאר וא םימשה ףועל לכאמל וננתנו ונממ םינפ םשה ריתסה טעמכו דוע לארשי םש רכזי אל יכ ךתעדב הלעו ץרא ותיחלו. Paulus kann sich also erst nach dem Gemetzel von 1391 bekehrt haben. Dasselbe geht auch aus der Vergleichung der Data hervor. Er starb nämlich nach der Angabe seiner Grabschrift im 83. Lebensjahre 1435 (bei Florez España sagrada T. XXVI. p. 387 und bei de Castro l.c.p. 237): Profectus est ad omnipotentem Deum (Paulus de sancta Maria) senex et plenus dierum 29 Augusti anno 1435 aetatis suae 83. Er ist also zwischen 1351-52 geboren. Perez de Guzmann zu Ende der Cronica de Juan II. p. 579 läßt ihn zwar zwei Jahre älter werden: murio.. don Pablo en edad de 85 años.. ano de 1435 en Agosto. Daß er aber nur 83 Jahre alt wurde, folgt auch daraus, daß er sein Werk Scrutinium scripturarum 1432 im 81 sten Lebensjahre verfaßt und 1434 veröffentlicht hat. Dieses Datum hat die Princepsausgabe (Mantua 1474). Folglich ist er 1351-52 geboren. Die spätere Edition bezeichnet irrthümlich das Jahr 1434 als das 81 ste. Er selbst gab in seinem Testamente an seinen Sohn an, er habe sich in seinem vierzigsten Lebensjahre taufen lassen: anno vero aetatis quadragesimo, quod ipse in testamento suo testatur, ad Christum perductum, bei Sanctotis. Folglich empfing er die Taufe 1392 oder 1391, keineswegs früher. Wenn dieser Sohn oder wahrscheinlich gar Paulus selbst angab, er sei 21. Juli 1390 getauft worden, so ist das ein Gedächtnißfehler oder eine geflissentliche Täuschung. Amador de los Ríos hat sich davon täuschen lassen und angenommen, daß er aus freien Stücken sich zum Christenthum bekehrt hatte (a.a.O. 404, 490). Es ist eben so unwahr, daß er durch die Lektüre der Schriften des Thomas von Aquino bekehrt worden sei, wie daß ihn Vicente Ferrer bekehrt habe.
20 Die Respp. des Isaak b. Scheschet No. 188-192 sind gerichtet an ןוד דובכ רב שוגרובד יולה המלש ןוד םכחה יולה קאצ. Name, Zuname und Ortsname sprechen für die Identität mit dem getauften Salomo Levi Burgensis.
21 Garibay, compendio de las chronicas L. XV. c. 48:.. fue (Pablo) de gran consejo y maraviloso silencio y prudencia.
22 Josua Allorqui, Sendschreiben an Paulus: רשא םיסוסו הבכרמ ךל תישעו תוכלמה ינינעב קסעתהל זא תלחתה יכ יתמחנ :ינזאל ךיפמ תרמא ךנוצר תואלמל םיצר םישנאו השעמ המה לבה יכ תומודמה תוחלצהה הלא ימצע לע יתכלמה תודיקשב ... הנטק ריק תילע התוא הנקמל יננתי ימ ... םיעועתעת .הלילו םמוי ןויעה
23 Efodi deutet es in seiner antichristlichsten Satyre an und Joseph Ibn-Schem-Tob sagt es deutlich im Commentar dazu: ןימאמ היה אל (סולופ) ודמלמש רמול הצר הררשו רשועו דובכל ותד תא ףילחהו הנומאה תאזב ללכ. Selbst Christen haben an der aufrichtigen Gläubigkeit Paulus' und seiner Söhne gezweifelt, und selbst ihre von Orthodoxie strotzenden Schriften konnten diese Zweifel nicht zerstreuen. Perez de Guzmann bemerkt zum Schlusse der Cronica de Juan II. p. 596: y en este lugar cordó de engerir algunas razones contra la opinion de algunos, que sin discrecion e diferencia absoluta e sueltamente condenan e afean en gran estremo esta nacíon de los Christianos nuevos en nostro tiempo convertidos, e afirmando, non ser Christianos, ni fue buena e util su conversion. ... E.. algunos dicen que ellos (D. Pablo e su hijo D. Alonso) hacen estas obras (de gran utilidad a nuestra fé) por temor de los Reyes e de los Perlados, ó por ser mas graciosos en los oyos de los principes ... y valer mas con ellos.
24 Sendschreiben des Josua Lorqui Anfang: ידיל אב וב יתיארו הניאובארוא ףסוי 'רל ךדי בתכ םפוט םישדח 'ב ומכ חישמה אוהש ינש תיב ףוסב אב רשא שיאה ןינע ןימאמ ךתויה וב םילחימ ונינומדק ויה רשא. Von diesem Joseph Orabuena theilt das diccionario de Antiguadades del reino de Navarra von Yaguas y Miranda (Pampelona 1840), Artikel Judios T. II. p. 116 eine Urkunde mit: En 1401. Juze Orabuena, rabi mayor de los Judios del reino, era medico del Rey D. Carlos III. etc. Der König schenkte ihm lebenslänglich die Renten, Einnahmen und außerordentlichen Einkünfte von der Gemeinde Tudela, das. I. p. 31. Daß J. Orabuena Lehrer des natürlichen Sohnes Karls III. gewesen wäre, folgt aus der Urkunde das. II. p. 183 durchaus nicht. An diesen J. O. ist ein Sendschreiben des Don Benveniste b. Labi gerichtet in einem Codex (Katalog der Wiener Bibliothek Nr. 108); vergl. Note 2 und 3.
25 Diese Purim-Satyre findet sich handschriftlich in mehreren Bibliotheken und hat die Ueberschrift: (?) שירדנול ריעמ (אימט קיתש) ט"ש יולה ןומלש ןוד החלש בתכ 'וכו שידוולא ריאמ ןוד ברהל (?). Daß er sie als Convertit geschrieben, geht aus einigen Wendungen hervor: חפהסהמ ינושרג ינועו יבא תיבמ יתוא םיהלא ועתה רשאב .'וכו יתובא תלחנב
26 Efodi's Satyre: בשח ןויניבאב םשש העומשה יפמ ונדמל לש לאנודרקה ןודאהמ הוצו העות םידוהיה לע (סולופ) רבדל ול ןתנו הער לארשי לע רבדל אלש םירחא םינשמו אנולפנב .(םיתרפ הברה Var.) םיחרפ ה"כ להקה
27 Vergl. Note 2.
28 Garibay a.a.O.: Este notable perlado don Pablo ... con ser converso, aconsejó al Rey don Enrique por causas notables que a ello le devieron mover, que a ningun Judio, ni converso, no recibiese en el servicio de sua casa real, ni en el consejo, ni en la administracion del patrimonio real. Cosa notable, que con ser dellos.. fuesse deste parecer contra su nacion.
29 Vergl. Bd. VII2. Note 13. III.
30 Die Additiones des Paulus de Santa Maria ad postillam Nicolai de Lyra super Biblias (öfter edirt) haben keinen anderen Zweck, als die von Nikolaus empfohlene einfache Exegese jüdischer Commentatoren zu discreditiren.
31 Das Sendschreiben des Lorqui an Paulus ist abgedruckt in dem Sammelwerke Dibre Chachamim von Elieser Aschkenasi Tunensis p. 31 ff. Vergl. Note 3.
32 Paulus' Antwortschreiben an Josua Lorqui, abgedruckt in der Sammelschrift Ozar Nechmad II. p. 5 f.
33 Vergl. darüber Note 3.
34 Die berühmte Satyre: ךיתובאכ יהת לא תרגא, deren Verfasser Profiat Duran, abgekürzt = וארוד טפירפ ינא דופא oder ידופא ist, erschien zuerst von Isaak Akrisch edirt, Constantinopel 1554, und ist in neuester Zeit noch einige mal edirt; vergl. über Efodi Note 1. Efodi nannte er sich erst nach seinem Rücktritt von der Zwangstaufe.
35 Vergl. über die Zeit Note 1.
36 Isaak Akrisch' Einleitung zu dieser Satyre.
37 Das.
38 םיוגה תמלכ; Note 1.
39 Von diesem, dem Uebersetzer der aristotelischen Ethik aus dem Lateinischen, dessen Beiname orthographirt wird bald: שידאוגלא, bald שידאולא, auch ץידוגלא, berichten die Historiographen לכב לודגה ברה אייליטשק תוכלמ. Gewiß identisch mit diesen ist der corrumpirte Name, den Bartolocci nach einem vaticanischen Codex anführt (VI. p. 239). (legendum) השמ 'ר leg.) איבנה ןב יתשבנב ןוד רזע םע שידאולא המלש ןב ריאמ וטסראמ תודמה רפס רבח התסוקרסב ןכושה (איבל. Zacuto berichtet, er sei ein Jünger des Juda b. Ascher gewesen; dann müßte er sehr alt geworden sein, es sei denn, daß unter Juda b. Ascher II. (o. S. 58) zu verstehen ist.
40 Handschriftliche Einleitung zur Uebersetzung der Ethik תודמה רפס; vergl. Note 3, dessen Beziehung zu Benveniste Ibn-Labi.
41 Cancionero des Alfonso de Baena: este desir fiso don Mosse, curgiano del Rey Enrique quando nascio el Rey nostro señor. Das Gedicht bei Amador de l.R. Estudios p. 419 ff.
42 Amador d.l.R. historia II. 352.
43 Vergl. über seine Schriften Note 1.
44 Unter dem Titel 'ה רוא, zuerst edirt Ferrara 1556 und dann erst wieder Wien 1860, beide Editionen sehr verdorben; der Text bedarf noch der kritischen Vergleichung mit Codices. In der Einleitung setzte er den Plan auseinander, wie er das umfassende Werk רנ הוצמ bearbeiten wollte.
45 In derselben Schrift Or Adonaï I. 2, 1-20.
46 Das. II. 1.
47 Das. II. 1.
48 Das. II. 5, 5. Chasdaï's Ansicht hat einige Verwandtschaft mit Spinoza's Theorie von der bedingten Willensfreiheit des Menschen, nur daß dieser von kosmischen Principien ausging, jener sich aber von religiösen Prämissen leiten ließ.
49 Das. II. 6, 1.
50 Das. II. 6, 2-5.
51 Das. III. Anhang.
52 Der größte Theil des III. Abschnittes ist diesem Thema gewidmet.
53 Das. III. zweite Abtheilung 5te und 6te Untersuchung.
54 Das. 8te Untersuchung.
55 Vergl. o. S. 90 Anmerk.
56 Die erste Quelle für dieses Factum ist Alfonso de Spina in seinem Fortalitium fidei ganz am Ende, noch hinter dem Register. Der Verf. hörte die Erzählung von einem Augustiner, Martin aus Cordova, der sie von einem Augenzeugen, einem Dominikaner Juan de Canaleyes vernommen hat. Aus dem Fortalitium fidei schöpfen sie Colmenares, historia de Segovia c. 28 § 6-7 und Samuel Usque III. Nr. 23, wie am Rande angegeben ist F. F. Aus der letztern Secundärquelle hat sie Gedalja Ibn-Ichja direkt oder indirekt bezogen und die Neuern sämmtlich aus Secundärquellen. Der Erzählung bei Alfonso de Spina muß ein geschichtlicher Kern zu Grunde liegen, namentlich das Factum von der Hinrichtung des Don Meïr, da der Verf. damals schon gelebt hat und einen Gewährsmann angiebt. Es ist kein Grund, das Factum als unhistorisch zu erklären, etwa weil die jüdischen Quellen nichts darüber berichten. Joseph b. Zaddik aus Arevalo, dessen רוצק קידצ רכז Neubauer aus einer Hs. edirt hat (Anecdota Oxoniensia p. 84 fg.) muß etwas davon erwähnt haben, seine chronologische Erzählung erscheint lückenhaft: תנש לודג םכח שידאוגלא ריאמ ןוד ברה היה ונמזב הכלמה אנילטק אינוד ידי ילע יטניסיו חלג ב"פק. Daß Alguadez nicht als קדוש bezeichnet wird, spricht ebensowenig dagegen, da er doch nicht wegen seiner Standhaftigkeit in seiner religiösen Ueberzeugung hingerichtet worden ist, wie etwa Simon Maimi, von dem gesagt wird: תשורק לע) ומצע רסמש שודקה ימימ ןועמש 'ר ברה (םשה. Die Identität des hingerichteten Leibarztes Don Mayer mit dem Don Meïr Alguadez steht außer Zweifel. Die denselben betreffenden Worte des Alfonso de Spina lauten: ... inter quos (accusatos) fuit unus qui dicebatur Don Mayr, qui fuerat medicus regis Henrici. ... Hic tormentis expositus, non solum supradicta (de sacramento violato) cum aliis concessit, sed et declaravit, quod ipse occiderat regem Henricum, propter quod membratim divisi sunt ille et alii). Das Datum für dieses Factum bei demselben, nämlich 1456, ist sicherlich ein typographischer Fehler. Denn in diesem Jahre waren die Regentin und ihr Sohn Juan II. bereits aus dem Leben geschieden, und doch giebt Alfonso d.S. selbst an: es sei während der Kindheit des Letztern und der Anwesenheit der Regentin geschehen. Das falsche Datum ist auch bei Usque übergegangen. Colmenares hat dafür 1410 a.a.O. und auch am Schluß in der Synopsis episcoporum Segoviensium p. 649; Juan de Zapeda.. Judaeos Eucharisticum panem igni tradere attentantes ultimo tradidit suplicio anno 1410. Es ist aber zweifelhaft, ob die Regentin in diesem Jahre in Segovia residirte, da die spanischen Quellen angeben, sie habe sich seit 1409 in Valladolid aufgehalten. Ich weiß auch nicht, woher Usque den Zug hat, die Unschuld des Don Meïr und der Hingerichteten sei später an den Tag gekommen, vielleicht aus Efodi's Schrift s. Note 1. Moderne spanische Historiker de los Rios (p. 79) und Lafuente (VIII p. 74) halten die Vergiftung des Königs Heinrich für eine boshaft erfundene Anklage gegen die Juden.
57 החונמ תירב, nur ein einziges Mal edirt, Amsterdam 1648; die Edition ist defekt im Anfange und am Schlusse. Das Zeitalter des Verfassers ist nachgewiesen B. VII.2 S. 481.
58 Das. p. 16 d.
59 Das. p. 14 a.
60 Das. p. 15 c. citirt B. VII.2 S. 481.
61 Das Sepher Emunot edirt Ferrara 1556. Das Todesjahr des Verf. giebt Zacuto an.
62 In Botarels Jezira-Commentar. Mantua 1562, 46 b. giebt Botarel selbst das Jahr an.
63 Das. p. 34 b.
64 Das. Einleitung.
65 Das. p. 26 b, 70 a.
66 Das. p. 34 a, b.
67 Das. p. 76 a, b.
68 Vergl. Note 2, Monatsschr., Jahrg. 1879 S. 75 fg. und die interessante Notiz im Diwan Bonfeds Katalog, Ms. Bodleiana No. 1984 p. 673 klein No. 40: ימרא ןושלב ברועמ יברעב לירטוב השמ האשע תיחרא המיתח אסכ לע בשויה לירטוב השמ רמא :השארב ליחתהו שדקה ןושלו ףוסב יתמש רודה ימכחל יתאנקמו .תואלו תפומל תוארוהה 'ר ברה הב םימותח ויהו .תראפתלו רקיל המיתחה תאז תרגאה ודובצע אלו יראלשקה לאסתי 'ר ברהו ל"ז היתתמ. Herr Neubauer sollte diese Piece veröffentlichen.
69 Isaak b. Scheschet Respp. No. 66.
70 Das. verglichen mit Respp. Simon b. Zemach Duran (ץבשת) I. No. 158.
71 Respp. Isaak b. Scheschet No. 60.
72 Das. No. 5, 52, 60.
73 Vergl. das. No. 60.
74 Das. No. 61.
75 Das. No. 60, 101.
76 Sein Geburtsjahr giebt er öfter in mehreren seiner Werke an, sein Todesjahr geben die approbirenden Rabbinen in dem langen Vorworte zur ersten Edition seiner Respp. an: 53 Jahre nach seiner Ankunft in Algier, d.h. seit 1391.
77 Dessen Respp. I. No. 158.
78 Dessen Respp. I. No. 148 und dessen Commentar zu Abot IV. 5. ed. Jellinek p. 64.
79 Vergl. den Auszug der Urkunden von Ruprecht bei Wiener, Regesten I. S. 53 ff.
80 Diese Urkunde des Kaisers Ruprecht ist mitgetheilt in Fischer, de statu et jurisdictione Judaeorum § 50 und bei Chmel Regesta Ruperti regis p. 254. Daraus hat sie Schaab mitgetheilt, diplomatische Geschichte der Juden zu Mainz, S. 113 f. und Wiener, Regesten a.a.O. S. 71 ff. Stobbe a.a.O. S. 146 fg. Da es im Anfang des XV. saec. keine andere bedeutende rabbinische Autorität Namens Israel gegeben hat, als זמירקמ לאדשי 'ר, Verfasser der ירשא תוהגה, wie sein Urenkel Israel Isserlein angiebt, so kommt man ohne Weiteres auf diese Identificirung. Vergl. Asulaï s.v. ירשא תוהגה. Wo derselbe seinen Aufenthalt hatte, ist in der Urkunde nicht einmal angedeutet. Ob derselbe vielleicht identisch ist mit dem von Jakob Weil (Respp. No. 151) erwähnten: 'רהמ היה קרעבנידונב ל"ז ןמליפוק 'רהמו לארשי? Auch aus der weiter zu erwähnenden Urkunde scheint hervorzugehen, daß derselbe in Nürnberg wohnte. Nach Isserlein's Wortlaut im Supercommentar zu Raschi's Pentateuchcommentar (Venedig 1545, p. 8 a zu יחיו) war Israel von Krems nicht sein Großvater, sondern Urgroßvater: יבא יבא ץריתו לארשי 'ר ונרומ ןב אקרובנייהמ לישעה הנוכמה םייח 'ר םכחה ירשאב תוהגה רבחש ריזמרקמ Kremsier steht für Krems.
81 Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins IX. S. 280 fg.
82 Stobbe a.a.O. S. 259 (Note 139) theilt aus einer Schrift Hansselmann's (Nürnberg 1757) mit, daß dieser Israel noch 1415 gelebt und daß ihm der Kaiser Sigismund in diesem Jahre die Function übertragen hat, bei der Eintreibung der Judensteuern zu helfen. Er wurde dem Erbkämmerer Conrad v. Weinsberg darin untergeordnet, und dieser erhielt die Befugniß, falls Israel krank werden oder sterben sollte, zwei oder drei Judenmeister einzusetzen, mit der Vollmacht, renitente Juden in den Bann zu thun.
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