Die Schlacht an der Himera

[375] An dem Tage von Salamis ist, wie die Tradition behauptet, auch in Sizilien die Entscheidung gefallen. Die Karthager hatten ein großes Söldnerheer angeworben, nicht nur in den von ihnen abhängigen Gebieten, sondern auch bei den kräftigen Völkerschaften des westlichen Europa, Phöniker und Libyer, Sarden und Korsen, dazu Iberer vom Ebro, Elisyker von der Rhone (Bd. III2 S. 636, Ligurer aus den Alpen – so weit erstreckten sich bereits ihre Verbindungen. Die Führung übernahm der Suffet Hamilkar461, der in zahlreichen Kämpfen erprobte Sohn Magos, [375] des Schöpfers des karthagischen Heerwesens (Bd. III2 S. 645f. Im Frühjahr 480 landete das Heer bei Panormos; von hier ging es gegen Himera vor, das nächste Objekt des Kampfes, das dem Theron entrissen und an Terillos zurückgegeben werden sollte462.

Der Kampf auf Sizilien ist die Ergänzung zu den Kämpfen in Griechenland; aber er vollzog sich unter wesentlich anderen Bedingungen. Karthagos Machtbereich und Hilfskräfte waren weit ausgedehnter als die der sizilischen Tyrannen; aber das Heer, das es nach Sizilien schickte, wird schwerlich größer gewesen sein als das der Gegner. Überdies hatte Gelon, ganz im Gegensatz zu den Griechen des Mutterlands, eine vortreffliche Reiterei, die der, welche die Karthager landen konnten, jedenfalls weit überlegen war463. Auch zur See waren die Tyrannen den Karthagern wohl gewachsen; doch ist es zu Seekämpfen nicht gekommen. Vor allem aber war hier auch auf griechischer Seite von Anfang an eine einheitliche Leitung vorhanden; Theron mußte sich seinem weit mächtigeren Schwiegersohn unterordnen. Mit Geldmitteln war man ausreichend versehen. Auch wird erzählt, daß Gelons Gemahlin, Therons Tochter Damarete, ihren Schmuck für die Kriegsrüstung [376] hergegeben habe464. Um sich den Rücken zu decken, hatte Gelon seinen Vertrauten Kadmos mit einer großen Summe Geldes nach Delphi geschickt, um, wenn es nötig wäre, dem Xerxes seine Unterwerfung zu melden und einen Zug der Perser nach Sizilien zu verhindern.

Die Entscheidung fiel zugunsten der Griechen. Der Sieg an der Himera wird von Pindar (Pyth. 1, 146) den Schlachten von Salamis und Platää an die Seite gestellt. Aber über den Verlauf des Feldzugs und der Schlacht wissen wir garnichts465. Nicht einmal, ob die Selinuntier auf die Seite der Karthager getreten sind – nach Timäos hätten sie dem Hamilkar die Zusendung eines Reiterkorps versprochen –, steht fest466. Sicher ist nur, daß es am Fluß Himera, im Osten der gleichnamigen Stadt, zu einem gewaltigen Kampf kam, in dem das Heer der Karthager vernichtet wurde. Auch Hamilkar fand den Tod; nach karthagischer Erzählung hat er sich, als er die Schlacht verloren sah, in die Flammen des Opferfeuers gestürzt467. Gewaltige Beute fiel den Siegern in die Hände. In Karthago hat man an eine Fortsetzung des Kriegs um so weniger [377] gedacht, da der Doppelsieg der Griechen in Ost und West die Kooperation mit den Persern unmöglich gemacht hatte. Es konnte für sie nur noch darauf ankommen, ihre Besitzungen auf Sizilien zu retten. So erboten sie sich zu einer schweren Kriegskontribution; dafür gewährten ihnen die sizilischen Herrscher den Frieden468. Aus dem Gewinn hat Gelon mit seinen Brüdern zahlreiche Tempelbauten ausgeführt und Geschenke nach Sizilien und Griechenland geweiht, in Delphi einen schweren goldenen Dreifuß mit einer Nike des Bion von Milet, in Olympia ein Schatzhaus mit einer Zeusstatue und einen von Glaukos von Ägina gearbeiteten Wagen mit der Statue des Herrschers469. Die Stellung der Griechen auf Sizilien war dauernd gesichert. Auch Anaxilaos von Rhegion und Messana mußte sich der Suprematie Gelons fügen: seine Tochter wurde die Gemahlin Hierons, des ältesten der Brüder Gelons470.


Quelle:
Eduard Meyer: Geschichte des Altertums. Darmstadt 61965, Bd. 4/1, S. 375-378.
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