Androgynes

[259] ANDROGYNES, um, Gr. Ἀνδρόγυνος, eine Art der ersten Menschen, welche von beyden Geschlechtern waren, zween Köpfe, vier Arme, vier Beine und alle Gliedmaßen doppelt hatten. Weil sie aber eben so, wie die beyden andern Arten Menschen rund waren, und eine außerordentliche Stärke besaßen, so entschlossen sie sich, mit ihnen die Götter zu bekriegen. Jupiter entrüstete sich darüber, und wollte sie doch auch nicht gern, wie die Giganten, niederdonnern, weil dadurch das ganze Geschlecht untergehen würde. Er begnügete sich also nur, sie in zween Theile zu theilen, damit sie hinführo nicht mehr so viel Stärke, noch so viel Kühnheit [259] hätten, wenn aus einem zwo Personen geworden wären. Zu gleicher Zeit befahl er dem Apollo, diese beyden Leiber in eine rechte Gestalt zu bringen, und damit sie in der Demuth erhalten würden, das Gesicht auf die Seite zu wenden, wo sie von einander gespalten worden. Er sollte über die Brust und den übrigen Theil die Haut ausspannen, und auf dem Bauche zusammen ziehen, welches denn auch sogleich geschah. Apollo knüpfete die Haut daselbst eben so zu, wie man einen Beutel oder Sack zubindet, welches noch der Nabel anzeiget. Diese beyden also getrenneten Theile eines Leibes suchen sich nunmehr wieder zu vereinigen, und daher entspringt die Liebe. Plato in Sympos. p. 1185. Ed. Frf. 1602. Man will, daß diese Fabel aus der Geschichte der Bildung des Weibes aus Adams Rippe entstanden sey. Ban. Erläut. der Götterl. I Band 154 S. Bayle Dict. critiq. hist. Art. Adam.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 259-260.
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