Lacinia

[1419] LACINIA, æ, ein Beynamen der Juno, welche einen sehr berühmten Tempel sechs tausend Schritte von Krotone, in Italien hatte. Es war bey solchem ein besonderer Hayn, und eine Gegend, die mit lauter hohen Tannen umschlossen war, auf welcher allerhand Vieh, ohne einigen Hirten, gieng, an welches [1419] sich niemals einiger Mensch, oder ein wildes Thier wagete. Indessen gab es so viel Nutzen, daß davon eine Seule von dichtem Golde in den Tempel konnte gesetzet werden. In dem Vorhofe war ein ganz freyer Altar, und dennoch bewegte kein Wind die darauf liegende Asche. Liv. l. XXIV. c. 3. Q. Fulvius Flaccus nahm die Marmorziegel von dem Tempel, um sie auf denjenigen zu legen, welchen er der ritterlichen Fortuna zu Rom bauen lassen: sie wurden aber auf des Rathes Schluß wieder dahin geschafft, jedoch fand sich kein Künstler, der sie wieder auf das Dach legen konnte. Id. l. XLII. c. 3. Fulvius kam darüber von Sinnen, verlor seine beyden Sohne in dem illyrischen Kriege, und starb endlich vor Bekümmerniß. Lactant. Inst. l. II. c. 7. §. 15. & Val. Max. l. I. c. 1. n. 20. Es sollen aber besagte Ziegel die Eigenschaft gehabt haben, da sie noch auf dem Tempel gelegen, daß, wenn jemand seinen Namen mit Eisen in selbige geschrieben, solcher so lange geblieben, als der Mensch gelebet, hingeben gleich vergangen seyn, wann selbiger gestorben. Uebrigens sollte solchen Tempel ein König, Lacinus, oder auch Herkules, da er den Straßenräuber, Lacinius, in dasiger Gegend erleget, der Juno erbauet haben. Serv. ad Virgil. Aen. III. 551. Die Ueberbleibsel davon sollen noch im vorigen Jahrhun derte zu sehen gewesen seyn; Nascimbæn. ap. Taubm. ad Virg. l. c. und von den noch übrigen Säulen soll das ehe malige lacinische Vorgebirge jetzo Cabo delle Colonne genannt werden. Leander ap. Merul. Cosmogr. P. II. l. 4. c. 6. p. 60.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1419-1420.
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