[2224] SISỸPHVS, i, Gr. Σίσυφος, ου, (⇒ Tab. XXV.)
1 §. Namen. Dieser soll aus σιὸς, jwelches äolisch so viel, als Gott, heißt, und σοφὸς eise, zusammen gesetzet seyn, daß also σίσυφος so viel, als σιόσοφος, Gottesweiser, bedeuten soll. Becmann. Orig. L. L. in Sisyphus, & Thom. Gale. ad Apollod. l. I. c. 9. §. 3.
2 §. Aeltern. Sein Vater war Aeolus, und die Mutter Enarete, des Deimachus Tochter. Apollod. l. I. c. 7. §. 2. Jedoch wollen auch einige, er sey zwar aus des Aeolus Geschlechte, nicht aber eben dessen Sohn gewesen. Schol. Apollon. ad Nat. Com. l. VI. c. 17.
3 §. Stand und Thaten. Er bekam von der Medea das Königreich Korinth. Paus. Corinth. c. 3. p. 91. Darauf begrub er nicht allein den vom Meere [2224] ausgeworfenen Melicertes, sondern stiftete ihm zu Ehren, auch die isthmischen Spiele. Id. ib. c. 1. p. 86. Indessen bauete er doch erst die Stadt Korinth, oder, wie sie damals hieß, Ephyra. Apollod. l. I. c. 9. §. 3. Dieß soll geschehen seyn, nachdem er sich des Isthmus mit einer Rotte Räuber bemächtiget hatte, und alle die, welche in seine Hände geriethen, auf die Art hinrichtete, daß er einen ungeheuren Stein auf sie legte, und sie also erdrückte. Lactant. ap. Boccacc. l. XIII. c. 56. Er verrieth es auch dem Asopus, gegen die Versprechung, ihn mit Wasser auf seinem Schlosse zu Korinth zu versehen, daß es Jupiter gewesen, der ihm seine Tochter, Aegina, geraubet habe. Pausan. l. c. c. 5. p. 93. Inzwischen bekam er mit dem Autolykus Händel, und wurde dadurch mit dessen Tochter, Antiklea, zu genau bekannt. Apollod. l. III. c. 11. §. 6. Sieh Autolycus. Hiernächst lebete er mit seinem Bruder, dem Salmoneus, in steter Feindschaft. Er fragete so gar das Orakel um Rath, wie er sich an demselben rächen könnte. Dieses verständigte ihn, daß es nicht anders, als durch seine und des Salmoneus Tochter Kinder geschehen könne. Er brachte daher die Tyro durch seine List und Bosheit zu Falle. Allein, wie diese erfuhr, wozu es abgesehen gewesen, so brachte sie ihre beyden daher erzeugten Söhne um, und machte damit des Sisyphus Absehen doch zu nichte. Hygin. Fab. 60.
4 §. Tod und Zustand nach demselben. Nach einigen starb er eines natürlichen Todes, wobey er seine Gemahlinn bath, ihn nicht zu begraben. Da er nun zum Pluto kam, so wußte er sich über dieses Unrecht dergestalt bey demselben zu beschweren, daß ihm solcher erlaubete, aus der Hölle wieder zurück zu gehen, und von seiner Gemahlinn dießsalls Rechenschaft zu fordern. Er hatte solches aber nur gethan, sich aus dessen Reiche wieder zu befreyen, und war nicht gesonnen, wieder dahin zurück zu kehren. Pluto aber schickete den Mercurius ab, der ihn wieder zurück brachte. Ihm wurde dabey die [2225] Strafe aufgeleget, daß er einen großen Stein einen hohen Berg hinan wälzen mußte, und, wenn er ihn auf die Höhe gebracht, so rollete solcher den Berg wieder hinab; daher er denn seine Arbeit, ohne alles Aufhören, immerzu wiederholen mußte. Nat. Com. l. VI. c. 17. Cf. Didym. ad Hom. Ζ. 153. Jedoch wollen auch einige, er habe solche Strafe leiden müssen, weil er auf obbemeldete Art den Jupiter, mit seinem Raube, verrathen; Apollod. l. I. c. 9. §. 3. oder, weil er die Reisenden auf obbesagte Weise hingerichtet. Lactant. ad Stat. Theb. l. II. v. 380. Andere wollen wissen, er hätte der Götter Heimlichkeiten den Menschen offenbaret. Serv. ad Virgil. Aen. VI. v. 616. Jedoch will man auch, er habe solche Strafe bloß mit seiner Gottlosigkeit verdienet. Hyg. Fab. 60. Nicht weniger geben einige vor, er habe, als Jupiter den Tod abgeschicket, ihn für seine Verrätherey zu bestrafen, denselben durch seine List selbst gefangen genommen, und ihn so lange gefesselt gehalten, bis derselbe vom Mars wieder befreyet worden, welchen Pluto darum ersuchet hatte, weil sein Reich, da die Menschen nicht mehr starben, ganz öde wurde. Pherecydes ap. Schol. Hom. Ζ. 153. Er war auf der korinthischen Landenge begraben, der eigentliche Ort aber nur wenigen bekannt. Pausan. Car. c. 2. p. 87.
5 §. Gemahlinnen und Kinder. Seine eigentliche Gemahlinn soll Merope, des Atlas Tochter, gewesen seyn. Apollod. l. I. c. 9. §. 3. & l. III. c. 10. §. 1. Er zeu gete mit ihr den Glaukus und Kreon. Nat. Com. l. VI. c. 17. Einige geben ihm die oberwähnte Antiklea zur Gemahlinn. Ap. eumd. l. l. c. Sein Liebeshandel mit der Tyroist auch bereits erwähnt worden. Es werden ihm daher, außer erwähnten beyden Söhnen, noch Ornytion, Thersander und Almus als dergleichen zugeschrieben. Pausan. Corinth. c. 4. p. 92.
6 §. Eigentliche Historie. Man vermuthet, es habe zween Könige dieses Namens gegeben, deren einer ein Sohn des Aeolus, der andere aber ein Nachkömmling desselben gewesen. Ban. Erl. [2226] der Götterl. IV B. 157 S. Beyde scheinen Könige zu Korinth gewesen zu seyn. Pausan. Cor. c. 3. p. 91. Der letzte soll ums Jahr der Welt 3184 gelebet, und seine Nachkommen bis 3849 daselbst geherrschet haben. Petav. Rat. Temp. P. I. l. 1. c. 7. Calvis. Chronol. ad A.M. 2849. Um die Zeit bemächtigte sich Aletas, einer von des Herkules Nachkommen, solches Reiches, und Doridas und Hyanthidas, als die letzten seines Geschlechtes, beschlossen ihr Leben als Privatpersonen daselbst. Pausan. l. c. Indessen soll auch ein Sisyphus des Königes zu Troja Secretär gewesen, und, weil er seines Herrn Heimlichkeiten ausgeschwatzet, dafür exemplarisch gestrafet worden seyn, welches denn eben die Heimlichkeiten der Götter gewesen, die Sisyphus den Menschen soll offenbaret haben. Banier Entret. IX. ou P. I. p. 277. Cf. Nat. Com. l. VI. c. 17. Seine Rückkehr aus dem Reiche der Todten und seine Gefangennehmung des Todes sollen bloß anzeigen, daß er von einer schweren Krankheit wieder genesen, und nachher lange gelebet habe. Ban. Erl. der Götterl. a. a. O. Die Tragödien, welche Aeschylus, Sophokles, und Euripides von ihm geschrieben, sind insgesammt verloren gegangen. Fabric. Bibl. Gr. l. II. c. 16. §. 7. c. 17. §. 3. & c. 18. §. 3.