[12] Aberration, (Abirrung des Lichts). Der Umstand, daß auch das Licht, das von den Sternen zu uns strahlt, eine bestimmte Zeit braucht, um einen bestimmten Raum zu durchlaufen, gleichzeitig damit aber auch die Erde sich bewegt, verursacht, daß wir einen Stern durch das Fernrohr nicht genau an seinem wirklichen Orte sehen, sondern [12] etwas entfernt von diesem, und zwar vorwärts nach der Richtung der Erdbewegung, (in der Richtung der Diagonale eines Parallelogramms, construirt aus den in gleichen Zeiten zurückgelegten Wegen des Lichts und der Erde) diese Erscheinung nennt die Astronomie Aberration des Lichts. Jener Abstand des scheinbaren Ortes eines Sterns von seinem wahren Orte ist am größten und dann 20 Sekunden betragend, wenn die Richtung des Lichtstrahls und der Erdbewegung in einem rechten Winkel auf einander trifft; je mehr dieser vom rechten abweicht, desto kleiner wird jener Abstand, und verschwindet ganz, d.h. der Stern wird an seinem wahren Orte gesehen, wenn jene beiden Richtungen in Eine Linie zusammenfallen. Letzteres kann nur statt finden bei Sternen, die in der verlängerten Ebene der Erdbahn liegen, bei dem geraden Ab- und Zugehen der Erde gegen den Stern. Eine Folge dieses wechselnden Abstandes des scheinbaren Ortes vom wahren Orte ist, daß dem Auge des Beobachters der Stern seinen Ort am Himmel etwas zu verändern und eine jährliche kleine Bahn zu beschreiben scheint. Diese Bahn bildet bei Sternen in der Ebene der Erdbahn eine gerade Linie, während sie bei solchen über der Erdbahn eine Ellipse beschreibt, die sich immer mehr dem Kreise nähert, je höher der Stern, d.h. je näher er dem Pole der Erdbahn steht; ein Stern endlich in diesem Pole selbst beschreibt einen vollen Kreis, indem bei diesem das Zusammentreffen der oben genannten zwei Richtungen während des ganzen Jahres rechtwinklich geschieht. Der längste Durchmesser dieser Scheinbahnen ist immer 40 Sekunden, und der Mittelpunkt derselben ist der wahre Ort des Sternes selbst. Die Aberration des Lichts wurde 1727 von dem englischen Astronomen Bradley entdeckt, als er sich mit Aufsuchen einer Parallaxe der Fixsterne beschäftigte. Sie ist zugleich ein thatsächlicher Beweis von der Wahrheit des Copernikanischen Weltsystems und ein neuer Weg zur Berechnung der Geschwindigkeit des Lichts.