[72] Gesinderecht, in vielen Orten durch besondere Gesindeordnungen festgestellt. Seit dem Untergang aller Erbhörigkeit beruht das Verhältniß der Dienstherrschaft und ihres Gesindes immer auf freiem Vertrage beider Theile. Die Dienstboten verpflichten sich nicht blos zu einzelnen Dienstleistungen von vermögensrechtlichem Werth, sondern sie treten mit ihrer ganzen Persönlichkeit in ein enges Lebensverhältniß zu dem Herrn, sie gehören zu seinem Hause, zu seiner Familie u. sind ihm überhaupt zu Gehorsam u. Treue verpflichtet. Auch die alte strenge Knechtschaft der Römer wurde als ein Familienverhältniß betrachtet u. durch diese Rücksicht gemildert. An die Stelle der absoluten Gewalt des Herrn über die Sklaven ist nun die freie Unterordnung der Diener unter die Herrschaft getreten. aber die Natur des Familienverhältnisses hat sich erhalten und nur um der Freiheit und der anerkannten Rechte der Dienstboten willen reiner und edler sich entfaltet. Es ist eine [72] krankhafte Erscheinung unserer Zeit, wenn dieser Zusammenhang verkannt, die Kluft der Herrschenden u. Dienenden naturwidrig vergrößert u. das Verhältniß zu einer bloßen Dienstmiethe erniedrigt wird.