[642] Topik (gr. topikê sc. technê von topos = Ort), eigentlich Örterlehre, heißt die von den alten Rhetoren besonders gepflegte Erfindungskunst, welche lehrt, wie man die zur Behandlung eines Themas geeignetsten Punkte (topoi, loci communes, Gemeinplätze) auffinden könne. Schon Aristoteles (384-322) schrieb solche topika, ebenso Cicero (106-43) (de inventione); ein ähnliches Werk ist Lullus' »Große Kunst« (1235-1315) (s. Lullische Kunst), die Giord. Bruno 1580 durch seine »Kompendiöse Architektur« vervollständigte. Auch läuft die Chrie des Aphthonios (Anf. d. 4. Jahrh. n. Chr.) auf dasselbe hinaus, die Daries (1714-1772) auf folgenden Vers brachte: Quis, quid, ubi, quibus auxiliis, cur, quomodo, quando? (Wer, was, wo, wodurch, warum, wie, wann?) Endlich hat sich Leibniz (1646-1716) zeitlebens mit Aufstellung einer »allgemeinen Charakteristik« beschäftigt. Kant (1724 bis 1804) unterschied von der logisch-rhetorischen die transscendentale Topik, die sich mit Erforschung des Ursprungs der Vorstellungen beschäftigt. Es ist nicht zu leugnen, daß die Topik sowohl als mnemonisches, wie auch als heuristisches Hilfsmittel gute Dienste leisten kann; andrerseits bringt sie auch die Gefahr mit sich, daß man im Denken mechanisch und eintönig und in der Anordnung des Stoffes schematisch werde. Vgl. Erfindung, Heuristik, Mnemonik. – Kästner, Topik oder Erfindungswissensch. 1816.