Ordnung und Sauberkeit

[36] an sich selbst und in der häuslichen Umgebung kennzeichnen die wohlanständige Jungfrau, sie sind gleichsam die Atmosphäre, in der sich die feinfühlende nur bewegen soll.

Wie lieblich erscheint sie als Tochter des Hauses im häuslichen Kleide, wie gut steht ihr die bei häuslicher Arbeit nicht zu vergessende Schürze dazu. Daß dieselbe stets sauber sei, versteht sich von selbst. Da man sie in der Küche nicht immer vor Flecken bewahren kann, halte sich die Jungfrau noch eine Küchenschürze von derbem Zeuge, welche sofort beseitigt werden kann, wenn sie in das Zimmer zurückkehrt oder Besuch empfängt. Häufig hat man schon die Entschuldigung gehört, wenn es sich um die Nachlässigkeit eines häuslichen Anzuges handelt, »ich bin ja zu Hause, es sieht mich ja niemand.« Bedenkt aber, meine lieben, jungen Damen, daß es die gute Sitte heischt, auch den Nächsten keinen Anstoß zu geben, daß jeden Augenblick auch ein unerwarteter Besuch kommen kann, und selbst die Nachbarn über ein junges Mädchen, daß sich nachlässig gekleidet am Fenster zeigt, ihr Urteil nicht zurückhalten.

Der häusliche Anzug sei fern von jedem Prunk, viel Geschmeide, Ketten und Armbänder im Hause zu tragen, ist nicht nur unfein, sondern bei der Arbeit auch störend; eine Uhr anzulegen, ist deshalb erlaubt, weil man sie zur Einteilung seiner Zeit dann immer bei sich trägt. Eine Hand, die sich mit vielen Ringen schmückt, ist selten eine fleißige, denn die Ringe hemmen ihre freie Bewegung beim Arbeiten, dahingegen sorge man für die Pflege der Hand selbst auf das gründlichste. Ohne darin in bürgerlichen Verhältnissen den vornehmen Damen nachzuahmen, welche nach chinesischem Muster und Zeichen der Vornehmheit ihre Fingernägel ganz lang wachsen lassen, lasse man ihnen[36] doch nach jeder unsauberen Arbeit besondere Reinigung angedeihen, denn unsaubere Hände und Nägel daran sind widerlich.

Wasser und Seife dürfen beim Händewaschen nie geschont werden, eine seine Bürste ist auch dazu erforderlich. Sind die Finger vom Putzen der Gemüse, Schälen des Obstes schwarz geworden, reibe man sie mit einem Stück Bimsstein und mit Citronensaft, spröde, aufgesprungene und dadurch unsauber aussehende Hände müssen mit Mandelkleie gewaschen, abends mit Glycerin eingerieben ünd nachts Handschuhe darüber getragen werden. Tintenflecke am Finger sind nicht Merkmale der Gelehrsamkeit, sondern der Unsauberkeit.

Die Jungfrau künstle nicht mit ihrer Haartracht, ändere sie nicht fortwährend nach der wechselnden Mode, sorge namentlich in der Häuslichkeit dafür, daß sie des Morgens mit deren Arrangement nicht viel Zeit verliert. Das Haar ist eine der schönsten Zierden des weiblichen Geschlechts, es zu pflegen, sauber zu halten, gut und glatt aufzustecken, seine Pflicht. Wenn die Mode auch in der Haartracht ihre unschönen und unpraktischen Launen hat, das junge Mädchen gebe denselben nicht nach und unterscheide taktvoll, was sich für das Haus und was für die Gesellschaft schickt. Ich möchte ihr hier noch den Ausspruch eines jungen Herrn verraten, der, als eine Dame in ihrem Hause mit aufgelöstem Haar umherging, richtig bemerkte, »eine Suppe möchte ich mir von ihr nicht kochen lassen, es würde mir gar zu unappetitlich sein.« Morgens allzu lange ein Häubchen zu tragen, und wenn es auch noch so zierlich ist, erlaube das junge Mädchen sich nicht; das freigetragene, schon in der Frühe geordnete Haar steht ihr besser an.

Sauberkeit soll auch die Pflege der Zähne verraten. Eine gute Zahnbürste, nicht zu hart, damit das Zahnfleisch und die Emaille der Zähne nicht leiden, öfteres Ausspülen des Mundes, gehört unbedingt dazu. Bei kranken Zähnen füge man dem Wasser einige Tropfen Myrrhentinktur hinzu. Am Frühstückstisch mit unausgespültem Munde zu erscheinen, ist unanständig und rücksichtslos gegen seine Umgebung. Hat die Natur der jungen Dame die beneidenswerte Schönheit gesunder, guter Zähne, namentlich der Vorderzähne,[37] versagt, ist es in der Jetztzeit, wo die Zahntechnik so weit vorgeschritten, durchaus anständig, sich an einen Zahnarzt zu wenden. Falsche Zähne, so schwer auch der Entschluß dazu werden mag, sind stets den Lücken und durch Krankheit unsauber gewordenen Zähnen vorzuziehen, welche nicht bloß anderen einen widerlichen Eindruck machen, sondern auch der Gesundheit schädlich sind.

Eine lange Schleppe am Hauskleide ist nur der vornehmen Dame, welche bloß zu repräsentieren hat, im Hause erlaubt; wie hindernd sie im Raum eines beschränkten Wohnzimmers oder gar in der Küche ist, darüber möge jede junge Dame selbst ihre Meinung abgeben. Im Salon verleiht sie der Gestalt Würde und Eleganz, im häuslichen und bürgerlichen Raum hemmt sie jede schnelle, natürliche Bewegung.

Auch gutes Schuhwerk darf im Hause ebensowenig wie auf der Straße versäumt werden; selbst morgens sind ausgetretene, zerrissene Schuhe unerlaubt, sie machen einen schlechten Eindruck auf andere, der Gang wird durch sie schlürfend und nachlässig.


Heil'ge Ordnung, segensreiche Himmelstochter, die das Gleiche frei und leicht und freudig bindet.


Nehmt sie euch zu Herzen, diese Worte unseres unsterblichen Dichters, meine jungen Freundinnen. Nichts hat auf euer geistiges und leibliches Wohlergehen so großen Einfluß, nichts empfiehlt euch euren Mitmenschen so sehr als die Ordnung. Selbst der größte Liebreiz weiblicher Schönheit wird erbleichen, wenn der Rahmen, in dem das holde Bild erscheint, ein beschädigter, unsauberer ist Dahingegen gewinnen Antlitz und Gestalt einen Zauber, wenn sich der Schimmer strahlender Sauberkeit um sie ergossen, und ein junges Mädchen, dessen häusliche Atmosphäre Ordnung verrät, ist überall beliebt und begehrenswert

Der äußerlich Ordentliche, der sich weder an seinem Körper, seiner Kleidung, seinem Hauswesen Unordnungen zu schulden kommen läßt, wird auch innerlich und in seinem ganzen Sein geordnet erscheinen. Vermissen wir aber die Ordnung, ist sie nicht um eine junge Dame gebreitet, fehlt sie in ihrem Walten, so fehlt ihrem Wesen die Anziehungs kraft, welche es anderen wohl sein läßt in ihrer Nähe.[38]

Und wieviel unberechenbare Schaden fügt sie sich selbst durch Unordnung zu.

Im ungeordneten Treiben der Häuslichkeit kann der Wohlstand nicht gedeihen, die Jungfrau wird in tausend und abertausend Kleinigkeiten Geld und kostbare Zeit zersplittern; bald wird durch Unordnung etwas verdorben, oder es geht etwas verloren und muß wieder ergänzt werden, bald werden durch zeitraubendes Suchen Verlegenheiten und zeitraubende Unpünktlichkeiten entstehen.

Sie regele ihr Tagewerk; es ist dies eine der ersten Bedingungen der Ordnung.

Eine Jungfrau, die sich feste Einteilung ihrer Tagesstunden zu verschaffen sucht, wird dadurch Zeit ersparen, wird zu allen nötigen, wohlanständigen Pflichten Zeit finden, denn es ist unglaublich, wieviel der Mensch schaffen und leisten kann, sobald er ein geregeltes Leben führt. Nichts aufzuschieben, sei ihr Bedürfnis. Der Hang zum Aufschieben bringt die Ordnung aus dem Geleise, es folgt dieser scheinbar so kleinen Nachlässigkeit oft bittere Reue. Aufschieben ist eine Trägheit, was du heute liegen läßt, das muß morgen gethan werden, wird es nicht gethan, folgt in der Regel die Strafe. Durch Aufschieben vernachlässigt man äußere Formen, wird man unhöflich. Weil jeder Tag nicht vorher eingeteilt wird, findet sich in der ganzen Woche nicht Zeit zu einem pflichtmäßigen Besuch; man kränkt durch solche Nachlässigkeit die Personen, an deren Umgang man Freude hat. Wichtige Briefe bleiben unbeantwortet liegen, man verschiebt die Antwort, bis es zu spät ist, weil man in seiner unordentlichen Zeiteinteilung das ruhige Schreibestündchen nicht findet.


O, nimm die Stunde wahr, eh' sie entschlüpft.

Schiller.


Früh aufzustehen, nach Ordnung des eigenen Zimmers und der Toilette sauber am Frühstückstisch zu erscheinen, mit diesen unerläßlichen Bedingungen beginne die Jungfrau den Tag. Zu den Stunden für geistige Beschäftigung oder der Erholung gewidmete Arbeit bestimme sie sich eine geeignete Zeit und verlege dieselben eher in die Nachmittags- und Abendstunden, da Morgen und Vormittag bei noch frischer Kraft mehr der anstrengenden Arbeit angehören sollen. Sie lasse sich von keinem Thun länger in Anspruch[39] nehmen, als die dazu festgesetzte Zeit es erlaubt; sie lasse niemals auf sich warten, erscheine pünktlich zu Tische. Aufschieben hat Unpünktlichkeit zur Folge; Unpünktlichkeit ist Verletzung guter Sitte, ist Rücksichtslosigkeit gegen andere. Welch ein Verstoß gegen den guten Ton ist es, wenn eine ganze Gesellschaft auf ein junges Mädchen warten soll.

Ordnung sei die Richtschnur im Leben der Jungfrau, nach der sich dasselbe regelt. Ordnung und Pünktlichkeit müssen ihr zur zweiten Natur geworden sein. Nichts gibt dem Familienleben größere Behaglichkeit, fördert so sehr seinen Wohlstand als Ordnung und eine von ihr vorgeschriebene weise Zeiteinteilung, und die den Eltern hierin pünktlich folgende Tochter verspricht selbst einmal eine gute Hausfrau zu werden.


Des Hauses Zier ist Reinlichkeit,

Des Hauses Ehr' Gastfreundlichkeit,

Des Hauses Segen Frömmigkeit,

Des Hauses Glück Zufriedenheit.

H. Davidis.


Ordnung und Schönheitssinn, die sich in der Einrichtung der Wohnungsräume kundgeben, sind nicht bloß Pflichten einer Hausfrau, auch der erwachsenen Tochter steht es gut an, beide zu bedenken, sie hat vielleicht mehr Zeit dazu als die vielbeschäftigte Mutter, sie nimmt ihr dieselben bereitwillig und freudig ab.

Man sagt, das Einrichtung und Geschmack des Hauses den Charakter seiner Bewohner verraten; wenn nichts versäumt ist, was zur äußeren Sauberkeit gehört, schließt man gern auf die Pflichttreue der Besitzer, wenn sich Zierlichkeit und Wohlgefallen am Geschmackvollen, Schmückenden kundgeben, denkt man unwillkürlich an den zarten Sinn der Tochter desselben. Mutter und Tochter sollen vereint Sorge tragen, daß es den anderen Mitgliedern der Familie, daß es den Gästen bei ihnen wohl sei. Dienstboten sind nicht zu allen Beschäftigungen gleich nützlich. Ich habe z.B. schon oft die Bemerkung gemacht, daß sie die Reinigung der Lampen selten gründlich besorgen. Wenn die junge Dame nun durch richtige Tageseinteilung selbst Zeit[40] findet, dies Geschäft zu übernehmen, wird sie sich nicht der Unannehmlichkeit aussetzen, daß die Lampe abends trübe brennt, wohl gar erlischt, und der zufällig gekommene Gast durch solche Thatsache zweifelhaft wird an dem herrschenden Geist der Ordnung im Hause. Es ist auch nicht wohlanständig, Gästen eine nicht hell leuchtende Lampe hinzustellen.

Das einfache Geschäft des Staubwischens der flüchtigen Hand des Dienstmädchens überlassen, wird gleichfalls selten von demselben gründlich gethan. Schäme dich nicht, das Staubtuch zu ergreifen, meine Jungfrau, – jedenfalls wird der aufmerksame Beobachter es in deiner Hand lieber sehen und passender finden als den neuesten Roman, dem du deine Zeit widmest.

Im eigenen Schlafzimmer werde das Bett sogleich nach dem Aufstehen geordnet; der Nähtisch und das Arbeitskörbchen sollen kein Chaos umhergeworfener Stecknadeln, Knöpfe und Bänder enthalten, die Fäden bei dem Auftrennen einer Arbeit wirf nicht auf die Erde, sondern in ein bereitstehendes Körbchen und entferne sie sodann. Ordnung sei die Prosa, Schönheitssinn die Poesie des Hauses, wie im Leben beide sich paaren, so auch hier. Schönheitssinn, gefällige, sinnvolle Anordnung verrät seinen Geschmack, dieser eine seine Bildung.

Wie sich Taktgefühl und seiner Geschmack in der Toilette offenbaren, darauf werden wir später, bei dem Eintritt der Jungfrau in das gesellige Leben, zurückkommen; in der Häuslichkeit geben sie sich kund, wenn die Wohnungsräume, und mögen sie noch so einfach sein, Zierlichkeit und jenes Gefühl der Behaglichkeit hervorbringen, das den Bewohnern selbst und den Besuchenden ein Gefühl anheimelnden Wohlgefallens hervorruft. In der Wahl der Tapeten, im Aufhängen und symmetrischen Verteilen passender Bilder, im Anordnen der Bücher, verrät sich Schönheitssinn. Schlechte Wahl unpassender Farben ist hier ebenso störend und unfein, wie sie es in der Kleidung ist. Kein sein Gebildeter wird in eine blaue Stube ein grünes Sofa setzen, wird auf eine schöne Büste einen Hut stülpen, ein Heiligenbild an der Wand als Pendant neben einer weltlichen Scene aufhängen. Ich kam einst in die Stube einer jungen, noch nicht lange verheirateten Frau. Auf der Punschbowle im Glasschrank[41] lag ihr Myrtenkranz; wie unangenehm mußte diese Taktlosigkeit berühren. Würdet ihr, meine Jungfrauen, nicht einen würdigeren Platz für das Symbol eurer reinen Jungfräulichkeit finden? –

Der wohlgepflegte, staubfreie Blumentisch voll glänzender Blattpflanzen, duftender Blumen, verrate die ihn sinnvoll pflegende Hand seiner Besitzerin; die Decke, welche über den Tisch gebreitet ist und von den jüngeren Geschwistern oft hin und her geschoben wird, werde von ihr sorgsam gerade gerückt, sobald an dem Fußteppich etwas Schnur oder Franse sich abgetrennt, habe sie sogleich Fingerhut und Nadel bei der Hand, den Schaden auszubessern. Eine leere Ecke kann durch ein Konsol, darauf man eine Büste oder einen Blumentopf stellt, ausgefüllt, das Bild einer teuren Dahingeschiedenen mit Epheu sinnvoll umrankt, mit einem Kranz dauernder Erika oder Immortellen geschmückt werden. »Es ist eine Kunst, das Aeußere der Häuslichkeit nach Maßgabe der Verhältnisse stets harmonisch einzurichten, je enger die Verhältnisse sind; denn dem Nützlichen muß das Anrecht gesichert werden, ehe der Schönheitssinn des weiblichen Geschlechts, welcher ihm natürlich ist, sich ergehen darf.«

Rousseau.


Unordnung in der Wohnung fällt gleich als ein Mangel auf die weiblichen Bewohner derselben zurück, und es gibt sogar Fälle, in denen sich ein junges Mädchen durch zufällig vor anderen entdeckte Unordnung sogar den Freier verscheuchte.

In einem Hause, dem die Mutter fehlte, aber eine Tochter an der Spitze des Haushaltes stand, befand sich unter anderer eingeladener Gesellschaft ein Bewerber derselben.

Man spielte im Zimmer gesellschaftliche Spiele, ein dem andern zugeworfenes Tuch fiel zufällig auf einen Schrank und wirbelte dadurch eine Wolke von Staub von demselben auf, welche die Darunterstehenden wie flockiger Schnee überschüttete. Entsetzt wandte man sich zur Tochter des Hauses, diese jedoch, ohne den Schreck im geringsten zu teilen, rief lustig: »Ja, das ist nicht zu ändern, man kann doch nicht alle Tage Staub wischen!« –

Alles lachte, nur der Herr, der die junge Dame ausgezeichnet hatte, blieb ernst und zog sich nach der Entdeckung solcher Nachlässigkeit von ihr zurück. Ein ähnliches Beispiel[42] der versteckten Unordnung, welche durch einen Zufall desto greller ans Licht tritt, kam in einer andern, sehr angesehenen Familie vor. In dem eleganten Salon wurde von einer Gesellschaft junger Leute ein Tänzchen vorgeschlagen. Dienstfertige Herren sind sogleich bereit, ein Spinde, welches im Wege steht, beiseite zu schieben, dabei kommt plötzlich, hinter demselben verborgen, ein Paar sehr unsauberer Strümpfe zum Vorschein. Errötend ergreift sie die älteste Tochter und wirst sie mit dem Ausruf: »das sind ja deine,« der jüngeren Schwester zu.

Auch in diesem Fall soll sich ein Bewerber der holden Besitzerin jener Strümpfe nicht ferner um ihre Gunst bemüht haben. Die Männer fühlen es gar wohl mit richtigem Verständnis, daß eine unordentliche Hausfrau nicht begehrenswert ist.

Es lächle meine junge Leserin nicht über diese wirklich aus dem Leben geschilderten Beispiele, sondern nehme sich daraus die gute Lehre, daß oft kleine, scheinbar unbedeutende Unordnungen ihre ganze Zukunft umgestalten können.

Die Lesesucht junger Damen ist nur allzu bekannt. So manche versäumt mit dem Buch in der Hand die Stunden, welche häuslicher Arbeit angehören sollen, so manche vernachlässigt über dem Lesen die Pflichten der Wohlanständigkeit gegen ihre Umgebung. Eine andere füllt sich durch das Lesen abenteuerlicher Romane den Kopf mit überspannten Ideen, die kleinen Tagesgeschäfte erscheinen ihr viel zu unbedeutend zur Ausführung, sie selbst möchte eine Heldin ihres Kreises sein, und indem sie auf eine Zukunft wartet, die ihr Gott weiß welche Glücksgüter bringen könne, versäumt sie die Anforderungen, welche die Gegenwart an sie stellt, begeht ihre Zerstreutheit tausend Fehler gegen den richtigen Takt.

Die Jungfrau erschlaffe besonders nicht in den köstlichen, der frischen Thätigkeit gehörenden Morgenstunden Sinn und Nerven durch anhaltendes Lesen und mache sich dadurch für den ganzen darauf folgenden Tag träge und untüchtig Den Stunden der Erholung, den Abendstunden, wenn das Tagewerk vollbracht ist und die ermüdeten Hände der Ruhe bedürfen, den Sonntagnachmittagstunden, in denen man so gern zu einer Lieblingsbeschäftigung greift, ihnen gehöre die[43] Lesezeit, gehöre die angenehme Zerstreuung, die fördernde Bildung, welche das Lesen guter Bücher schafft. In der Wahl dieser Bücher sei die Jungfrau sehr vorsichtig. Einem reiferen Lebensalter wird manches Buch nicht schaden, ja, sogar seine Kenntnis der Litteratur erweitern, was einem jungen, unerfahrenen Mädchenherzen höchst gefährlich ist. Ich kann nicht genug ein junges Gemüt vor diesen sogenannten Leihbibliothekromanen warnen, die in ihren seichten, oberflächlichen Schilderungen so gar nicht dazu beitragen, ein junges Herz zu edlen, tieferen Gedanken anzuspornen, und fast noch mehr von jenen entsetzlichen Ausgeburten französischer Litteratur, denen man den Geist keinesweges absprechen darf, die aber nur unreine Leidenschaften entflammen können in der jungen Seele. Solltet ihr, meine Jungfrauen, durch Zufall ein solches Buch in die Hände bekommen, von dem ihr vermutet, daß es kein moralisch euch förderndes ist, legt es ungelesen beiseite. Könnt ihr jedoch einer strafbaren Neugier nicht widerstehen, leset ihr es dennoch, so erhaltet euch wenigstens das Schamgefühl darüber und sprecht niemals in der Gesellschaft von eurer Kenntnis solcher Bücher, brüstet euch nicht mit eurer großen Kenntnis der Litteratur, und daß ihr alles lesen könnt, ohne daß es euch auch nur im geringsten schadet. Eure Zuhörer, wenn der seine Takt sie auch stillschweigen läßt, glauben euch das letztere doch nicht, ihr verliert durch solche Aussprüche den süßen Zauber der Reinheit, der auf jeder wohlanständigen Jungfrau ruhen soll. Es ist mit diesem Zauber wie mit dem zarten Schmelz auf den Schmetterlingsflügeln, dem tauigen Weiß der Lilie. Gar leicht ist beides abgestreift und kehrt so entzückend niemals wieder. Ein junges Mädchen, dem in der Wahl ihrer Bücher keine sorgsamen Eltern ratend zur Seite stehen, hole sich den Rat erfahrener älterer Freunde darüber ein und folge ihnen, wenn sie ihr gute Bücher raten, sie vor geisttötender und gefährlich die Sinne anregender Lektüre warnen.


Die Morgenstunden sollen auch darin köstlich sein, daß man, ehe des Tages wechselnde Beschäftigungen die Gedanken zerstreuen, sie zu Gott, zu ernstem, beschaulichem Sinnen erhebt.
[44]

Der Morgen ist der Jugend zu vergleichen,

Frisch ist sein Hauch und mächtig seine Kraft.

Viel ist in frühen Stunden zu erreichen,

Wenn man mit Gottes Hilfe wirkt und schafft.


Diese göttliche Hilfe sich für das Tagewerk zu erflehen, besteht in mancher Familie die ehrwürdige Sitte, vor dem Frühstück eine gemeinsame, häusliche Andacht zu halten, oder auch wohl nur einen schönen, erhebenden Liedervers zu lesen. Es hüte sich die Jungfrau, diese achtungswerte Einrichtung mitleidig zu belächeln und, wenn sie sie in einem befreundeten Kreise antrifft, wohl gar taktlos zu bespötteln. Ich gebe zu, daß zu solcher Muße oft Zeit und Ruhe am Morgen fehlen, aber ich möchte ein junges Herz darauf aufmerksam machen, daß es dennoch nicht gedankenlos den Tag beginnen und den Ernst eines jeden Tages durch nur auf das äußere Treiben gerichtete Gedanken in sich zurückdrängen und verflachen soll. Sie blicke während des Ankleidens in das aufgeschlagen vor ihr liegende Dichterwerk, sie sage sich auswendig einen schönen, erhebenden Liedervers. Manch ernsten Gedanken über Pflichttreue, Geduld, Heiterkeit, Natursinn rufen unsere Dichter ihr zu und erwecken verwandte Gefühle in ihr. Sie hat vielleicht an dem Tage gerade eine ihr recht schwer werdende Pflicht auszuführen, Geduld zu üben, oder sie geht in die Natur hinaus, da haben jene Worte, die sie am Morgen gelesen, sie gestärkt zu der ersteren, sie ermahnt, geduldig zu ertragen, sie erweckt, an den Schönheiten, die Gott in seiner Schöpfung über die Erde gestreut hat, nicht achtlos vorüber zu gehen. Welch ein Vorteil ersprießt also daraus für ihre innere Ausbildung.

Ob Jungfrauen in der Führung eines Tagebuches eine nützliche, geistig und sittlich fördernde Beschäftigung finden, darüber ist schon sehr viel geschrieben und gesprochen worden, Auch diese Unterhaltung kann zum Guten führen, indem sie die Gedanken sammelt, die zerstreuten Gefühle ordnet und dem Herzen für die Zukunft eine liebe Erinnerung vergangener Zeiten bewahrt. Aber es gerät auch die Schreiberin bei etwas lebhafter Einbildungskraft sehr leicht in den Fall, Gefühle und Gedanken nieder zu schreiben und auszuspinnen, die sie in der Wirklichkeit gar nicht so lebhaft und tief empfunden hat. Es ist so verführerisch für ein[45] phantasievolles Mädchenherz, auch einmal einen kleinen Roman zu spielen, ihre täglichen Verhältnisse sind so prosaisch, sie muß sie ein wenig auszuschmücken suchen, sie trägt alles in den stärksten Farben auf, und so versetzt sie sich nach und nach, ohne es zu wollen, in ein Gewebe von Unwahrheiten, von gar nicht in der Wirklichkeit gefühlten Aufregungen und betrügt sich selbst dadurch. Ich möchte daher den jungen Damen von einem Tagebuch, in dem sie nur Gefühls schwärmereien niederschreiben wollen, ernstlich abraten.

Anders verhält es sich mit dem Aufzeichnen wichtiger Tage und Ereignisse. Durch sie wird eine Erinnerung gesammelt, die dem Herzen sehr schön und wohlthuend werden kann. Auch wird es zuweilen sehr verständige und überlegte junge Mädchen geben, die in ihrem Tagebuch wie überhaupt im Leben, immer besonnen sind, und daher die vorher erwähnten Klippen bei dem Schreiben desselben glücklich umschiffen. Für ihre Selbstbetrachtungen gilt das Wort einer jungen, früh heimgegangenen Dichterin:


In diesen Blättern liegt mein Herz,

Wenn längst ihm and're Sterne tagen

Und aufgehört der Erde Schmerz,

Dann fühlst du noch, wie's hier geschlagen.

Anna Karbe.


Auf der Reise ist jungen Damen ein Tagebuch sehr zu empfehlen. Die an uns gleichsam vorüberfliegenden, wechselnden Gegenstände und Eindrücke derselben sich schriftlich geordnet festzuhalten, ist hier durchaus nützlich. Sie werden sich dadurch dem Gemüt bleibender und tiefer einprägen, die Reise selbst wird dadurch nicht bloß eine äußerliche Zerstreuung werden, sondern eine belehrende Entwicklung für Geist und Herz. Wie schön ist es, nach den Erlebnissen der unruhigen Reisezeit wieder einzukehren in die stille Heimat, im Durchlesen solcher Aufzeichnungen alles noch einmal zu durchleben und lieben Freunden, indem man das Tagebuch zur Hand nimmt, eine geordnete Mitteilung alles dessen machen zu können, was man gesehen hat, während sich ohne dieselben, namentlich auf der Reise, wo die wechselnden Anschauungen allzu schnell aufeinander folgen, diese leichter verwischen.[46]

Dankbarkeit gegen Gott und Menschen, Genügsamkeit und gute Laune werden der Jungfrau gar wohl anstehen, wenn sie erstere im Herzen pflegt und letztere zu ihrer Begleiterin macht.

Wenn sie ihr Glück im Hause sucht und nicht außer demselben in wechselnden Zerstreuungen, wenn der rechte Sinn für Häuslichkeit ihr aufgegangen ist, wird sie stets mit heiterem Antlitz um sich blicken und dasjenige Gute zu schätzen wissen, was ein jeder Tag ihr bringt.

Wer sich nicht daran gewöhnt, in jedem Augenblick die kleinste Gabe des Guten, die sich ihm darbietet, anzuerkennen und zu genießen, der wird viel freudlose Zeit in seinem Leben zählen. Große Befriedigungen, große Glücksgüter werden uns nur selten zuteil, aber es gibt kaum einen Tag, der uns nicht etwas Gutes, Angenehmes brächte, kaum einen Tag, an welchem uns nicht Unangenehmes, das uns begegnen könnte, erspart worden ist; und wer es erlernt, dies dankbar anzuerkennen, der hat am Ende jeder Woche doch meist etwas, woran er sich zu halten und wofür er seinem Gott und seiner Umgebung zu danken hat. Liebevolle Anerkennung des geringsten Erfreulichen ist ein sicheres Mittel zur Dankbarkeit und Genügsamkeit.

Wenn wir eure Klagen »über das ewige Einerlei des alltäglichen Lebens,« »über die Langweiligkeit des Zuhausebleibens« anhören müssen, ihr jungen Damen, können wir euch nur stillschweigend bemitleiden, daß ihr jenes stille Glück harmloser Genügsamkeit so gar nicht kennt. Es besteht in der Betrachtung einer schönen Knospe, die sich an euren sorgsam gepflegten Blumen erschließt und dadurch eure Mühe belohnt, aus dem Gesang eures Vögelchens spricht es zu euch, dessen Jubellied jeden Morgen zum Schöpfer emporsteigt; heute wird euch ein lieber Brief gebracht, morgen kommt eine treue Freundin oder Nachbarin, euch zu besuchen. Selbst der Sonnenstrahl, der nach trüben Regentagen in euer Stübchen blickt, soll euch dankbar stimmen, und welch eine Quelle der Glückseligkeit liegt nicht in dem Gelingen und Ausüben eurer Pflichten. Laßt euch nicht von anderen irre führen, welche solche scheinbar kleinen Freuden nicht anerkennen wollen.
[47]

Wer dir die kleinen Freuden nimmt,

Nimmt dir das große Entzücken.

Nur über die schmalsten Stege geht

Der Weg zu den Himmelsbrücken.


Seht auch nicht auf diejenigen mit Mißgunst, die es scheinbar bequemer und leichter haben als ihr. Ach, man weiß es im ganzen so wenig, wieviel Schweres sich oft hinter der so glanzvoll erscheinenden Außenseite ihres Lebens ver birgt, und wie glück!ich gerade die Einfachheit und Anspruchs losigkeit unserer Verhältnisse ist, in welche das Schicksal uns gesetzt hat. Es soll dir, du junges Herz, keinen Schmerz bereiten, er äußere sich nicht durch stille Thränen und ein unwillig Stirnrunzeln, wenn deine Freundinnen auf Bällen und in Gesellschaften glänzen, dich aber Verhältnisse und Pflichten an das Haus fesseln. Laß dir die Heiterkeit eines pflichttreuen Herzens dadurch nicht trüben, sie wird sich, wenn du sie dir erhältst, wie ein Sonnenschein über dein ganzes Wesen verbreiten und es im schlechten Gewande der Häuslichkeit noch lieblicher erscheinen lassen als die in Flor und Seide gehüllten Gestalten deiner Gefährtinnen.

Behalte, meine Jungfrau, die gute Laune auch da, wo kleine Widerwärtigkeiten sich dir in den Weg stellen, verlange nicht fortwährend heiteren Himmel um dich her, und sobald er fehlt, suche du ihn, soviel in deinen Kräften steht, aufzuhellen. Wenn der Vater ermattet und verstimmt von der Tagesarbeit heimkehrt, die Mutter, von der Last einer schweren Sorge gebeugt, schweigsam wird, wie lieblich steht dann der Tochter die Heiterkeit an, durch welche sie die Falten auf des Vaters Stirn zu glätten strebt, dem Antlitz der Mutter ein freundliches Lächeln abgewinnen will.

Möge hier ein »Rezept zum guten Humor« seine Stelle finden:


Erst muß, was dazu nützt, heran,

Daß unverwandt man mischen kann,

Dann wird's erheitern selbst den Traum

Viel besser als Champagner-Schaum.


Schau' drauf ins Herz, wenn's faltenreich,

Mach's schlicht, dem Sinn der Kinder gleich,

Wasch' alle Selbstsucht rein heraus

Und füll's mit Menschenliebe aus.
[48]

Vermische nun mit sinn'ger Hand

Geduld und Gleichmut und Verstand,

Gib Fleiß, Beharrlichkeit hinzu

Und überwach' es dann mit Ruh'.


Auch sanfter Mut, der nimnter ruht,

Ist's, der stets gute Zeichen thut,

Bescheid'nes Hoffen, leichter Sinn, –

Sie führen zum Gelingen hin.


Die Würze gib recht frisch hinein:

Ein Strählchen Witz, ganz klar und sein,

Ein Tröpfchen Lethe auch darein,

Dann nimm die Mischung ruhig ein.


Und geh' gleich einem Kind zur Ruh,

Schließ' beim Gebet die Augen zu.

So ist, wenn du vom Schlaf erwacht,

Die gute Laune dir gebracht.

H. Davidis.


Ein gesunder Humor, ein guter Witz erhöht nicht selten die gute Laune unserer Umgebung, doch sind beide nicht häufig vorkommende Talente einer jungen Dame. Auch soll sie besonders mit witzigen Bemerkungen sparsam sein und sie lieber den Aelteren und dem männlichen Geschlecht überlassen. Ein guter Humor hat seine harmlose Gutmütigkeit, Witze sind scharf und arten leicht in Spöttereien aus.

Sparsamkeit steht schon dem jungen Mädchen wohl an, sie soll ja nicht glauben, daß dieselbe nur erst eine Pflicht der zukünftigen Hausfrau ist, sondern frühzeitig einsehen, wie nützlich es ist, in kleinen wie in großen Dingen sich einzurichten.

Gestatten es die Verhältnisse, so bitte sie die Eltern um ein bestimmtes Monatsgeld; sie trage ihre Einnahme sowie ihre Ausgaben in ein Buch ein und schließe jeden Monat ihre Rechnung ab. Nur auf diese Weise wird sie sich einen klaren Blick über beide verschaffen und sich gewöhnen, wenn später von ihr die Uebersicht größerer Wirtschaftssummen verlangt wird, dieselben mit Umsicht und Leichtigkeit zu verwalten. Sparsamkeit ist weit entfernt von Engherzigkeit und Geiz, sie kann aber, am unrechten Ort angewandt, einen sehr unangenehmen Eindruck hervorrufen, die Pflichten des Wohlanständigen verabsäumen, und ein richtiges Taktgefühl soll bei ihrer Ausführung zu Rate gezogen werden.[49]

Wenn die Tochter, welcher etwa schon früh die Sorgen der Häuslichkeit anvertraut sind, aus Sparsamkeit dem Vater kein kräftiges Essen bereitet, ist dies tadelnswert, ihm, dem Versorger und Oberhaupt der Familie, gehört die nahrhafteste Suppe, das beste Stück Fleisch, und ist sie durch häusliche Verhältnisse auf Sparsamkeit angewiesen, soll sie selbst, sollen die Geschwister eher entbehren wie er. Ja, sie muß dieselbe so zart verdecken, daß der Vater solche Bevorzugung gar nicht bemerkt, damit er sie nicht in gütiger Rücksichtnahme für die Seinen ihr verbietet.

Es ist eine falsche Sparsamkeit, wenn sie zufällig erscheinenden Gästen keine freundliche Miene zeigt, weil die Bewirtung derselben tiefer in ihre Wirtschaftskasse eingreift, als sie sich dies wünscht; wer an rechter Stelle spart, hat immer für gute Freunde noch etwas übrig, vorausgesetzt, daß diese mit einfacher Speise vorlieb nehmen.

Die taktvolle Sparsamkeit waltet im verborgenen. Es ist nicht sein, in Anwesenheit seiner Gäste von den Gerichten, die man auf den Tisch stellt, die Preise zu nennen, oder darüber zu klagen, wie teuer sie sind. Ebensowenig darf man, wenn man Logiergäste hat, ihnen vorrechnen, wieviel es jetzt kostet, eine Häuslichkeit zu erhalten. Die rechte Ersparnis besteht für eine junge Dame darin, daß sie nicht viel Unnützes, Ueberflüssiges kauft; es ist eine verzeihliche Neigung, daß sie dieses oder jenes zu haben wünscht, aber sie muß sich darin bescheiden, muß es früh lernen, manches an anderen hübsch zu finden, was sie doch nicht besitzen kann. Junge Mädchen wenden sich dann wohl gern an Großeltern, Verwandte, sprechen von ihren Wünschen und appellieren an die Güte derselben, die ihnen dann auch in den meisten Fällen das gewährt, worauf sich ihr Verlangen richtet. Taktlos wäre es aber, Wünsche auszusprechen, da, wo sie fühlen, daß die Gebenden durch die Erfüllung derselben, pekuniäre Opfer bringen müssen; sich von einer Verwandten ein seidenes Kleid zu wünschen, wenn dieselbe Mühe hat, für sich selbst zu sorgen, wäre ganz gegen das richtige Taktgefühl, denn dies sagt uns sogar, mit stillen Wünschen zurückzuhalten und nur, wenn wir liebevoll darüber befragt werden, sie laut werden zu lassen.[50]

Spart man nun einerseits durch bescheidene Wünsche für die Häuslichkeit und die Garderobe, so besteht doch andererseits auch wieder die rechte Sparsamkeit darin, daß man beides nicht vernachlässigt. Die Wirtschaft besteht bei allzu großer unrechter Sparsamkeit zuletzt aus lauter Scherben und Lumpen, zur angemessenen Zeit müssen zerbrochene und beschädigte Gegenstände ergänzt, muß schadhaftes Leinenzeug erneut werden. Daß letzteres, so lange es geht, ausgebessert wird, gehört natürlich auch zur Ersparnis. Wieviel ist dadurch zu sparen, daß man seine Garderobe in acht nimmt. Man sollte es gar nicht glauben, wieviel hier gerade durch kleine Dinge erübrigt werden kann, und wie wenig denkt daran gerade die Jugend.

Es ist leicht, ein neues Kleid anzuschaffen, wenn die Eltern das Geld dazu geben; aber es ist so wohlanständig, ein altes Kleid zu schonen und fleckenlos zu erhalten und dadurch ihnen eine oft recht schwere Ausgabe zu ersparen. Einen neuen Hut bei argem Regenwetter aufzusetzen und den Regenschirm, der ihn schützen könnte, zu vergessen, das neue Gesellschaftskleid bei der Hausarbeit anzubehalten, nicht einmal eine Schürze darüber zu binden, diese Nachlässigkeiten erscheinen einem jungen Mädchen so unwichtig, sie ahnt es gar nicht, wieviel sie dadurch sich selbst und auch dem einstigen Gatten nützen kann, wie sich der Blick des prüfenden Fremden viel mehr an dem sauber gehaltenen, einfachen Kleide, das sie lange Zeit trägt, erfreut, als wenn sie sich immer wieder in einem neuen sehen läßt.

Sehr sparsam ist es, die seine Wäsche, Kragen, Manschetten u.s.w., selbst zu waschen, da derartige seine Stoffe und Stickereien unter den Händen der Waschfrauen und Dienstboten meistenteils leiden, indem sie von ihnen unsanft behandelt werden. Es verstößt nicht gegen den seinen Ton, meine Jungfrau, wenn du auch einmal am Waschfaß stehst, das Bügeleisen in die Hand nimmst, es ist für dich selbst und für diejenigen, die dich beobachten, eine Freude, wenn du letzteren noch nach Jahren die seinen Stickereien und Häkeleien zeigen kannst, die ihre Hände mühevoll für dich gearbeitet haben, und die durch deine Sorgsamkeit so lange erhalten blieben.[51]

Neigung zu Näschereien und Süßigkeiten gefährden die Sparsamkeit. Die Jugend liebt diese Genüsse gewöhnlich, sobald sie aber so zur Leidenschaft werden, daß sie, um dieselben zu befriedigen, häufig Konditoreien besucht, ist diese Ausgabe nicht bloß eine unnütze, sogar die Gesundheit schädigende, sondern es ist auch durchaus gegen den seinen Anstand, sich in solch einem Lokal allein hinzusetzen oder es mit anderen jungen Gefährtinnen aufzusuchen.

Quelle:
Ernst, Clara: Der Jungfrau feines und taktvolles Benehmen im häuslichen, gesellschaftlichen und öffentlichen Leben. Mülheim 3[o.J.]., S. 36-52.
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Märchen

Die Ausgabe enthält drei frühe Märchen, die die Autorin 1808 zur Veröffentlichung in Achim von Arnims »Trösteinsamkeit« schrieb. Aus der Publikation wurde gut 100 Jahre lang nichts, aber aus Elisabeth Brentano wurde 1811 Bettina von Arnim. »Der Königssohn« »Hans ohne Bart« »Die blinde Königstochter« Das vierte Märchen schrieb von Arnim 1844-1848, Jahre nach dem Tode ihres Mannes 1831, gemeinsam mit ihrer jüngsten Tochter Gisela. »Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns«

116 Seiten, 7.80 Euro

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Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

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