Kupfer

[537] Kupfer (Cuprum, Venus), ein bekanntes, rothes, zähes, ziemlich klingendes, und gerieben widrig riechendes und schmeckendes Metall von 8,876 Schwere, welches erst im Weißglühen bei etwa 1450° Fahr. schmilzt.

Während dem Glühen wird es beim Zugange der Luft mit röthlichgrauen Schuppen bedeckt, ein halbverkaltes Kupfer, welches man Kupferasche oder Kupferhammerschlag (squama aeris, cinis aeris, aes ustum) nennt; von der Kupferblüthe der Alten (flores aeris) wenig verschieden. Man hat dieß Präparat ehedem äußerlich zur Reinigung und Trocknung alter Geschwüre, selten gegen Wassersucht innerlich angewendet. Der Kupferhammerschlag löset sich leichter im Ammoniaklaugensalze und in Säuren, namentlich in der Vitriolsäure, als das metallische Kupfer, auf.

Auf seiner Oberfläche rostet das Kupfer durch Einwirkung einer feuchten Luft, und es entsteht ein grüner, immer mit etwas Luftsäure verbundner Kalk, der Kupferrost, Aerugo, der Alten, statt dessen man in neuern Zeiten, zum Theil unter gleichem Namen (aerugo, viride aeris) den Grünspan, einen durch Dämpfe der Essigsäure zerfressenen, mit einem großen Antheile essigsauren Kupfersalzes verbundnen, blaugrünen Kupferkalk anwendet, größtentheils nur zu äußeren Mitteln, zu Salben und Pflastern, um zu reinigen, zu reizen und auszutrocknen. In Gährung begriffene Weintrestern werden bei Montpellier, woher wir ihn ziehn, mit Kupferblechen geschichtet, und nach einiger Zeit der angelegte Grünspan abgeschadet. Er muß trocken, schwer zerbrechlich, lebhaft grün, und ohne schwarze oder weiße Flecken seyn.

Vollkommen mit Essigsäure verbunden, bildet er das Kupferessigsalz, den krystallisirten Grünspan (crystalli viridis aeris), sonst auch unrichtig destillirter Grünspan (flores viridis aeris) genannt. Dieses dunkelgrüne ins Bläuliche fallende, in fünf Theilen siedendem Wasser auflösliche, in kaltem aber sehr schwer auflösliche Salz, in großen rhomboidalischen Krystallen, wird zwar gewöhnlich durch Auflösung des Grünspans in destillirtem Essige, Abrauchung dieser Auflösung zur Sirupsdicke und allmähliche vierzehntägige Krystallisation[537] bei 120° Fahr. bereitet, kann aber auch durch Vermischung einer Auflösung von 480 Theilen Kupfervitriol mit einer Auflösung von 617 Theilen Bleizucker, Eindickung und allmählige Krystallisirung der klaren dunkelgrünen Flüssigkeit in gleicher Wärme erhalten werden. Die Krystallen schmecken herbe, und äußerst ekelhaft metallisch, und verwittern an der freien Luft mit einem grünen Beschlage an ihrer Oberfläche. Ihre Anwendung ist zwar größtentheils nur zu Farben; doch bereitet man ehedem die konzentrirteste Essigsäure daraus durch Destillation, die man Grünspangeist (spiritus veneris, aeruginis) nannte, Essigalkohol. Außerdem haben sie fast noch keine Anwendung in der Arznei gefunden.

Unter die andern arzneilichen Auflösungen des Kupfers in Säuren kann man die Kupfersalmiakblumen (flores salis ammoniaci venerei, ens veneris) rechnen, welche durch Sublimation eines Gemisches von acht Unzen Salmiak und einem Quentchen Kupferasche entstehen; sie sind aus Salmiak und Kupferkochsalze zusammen gesetzt. Eine wässerige Auflösung davon ist von Boerhave's Tinctura coerulea antiepileptica wenig oder nicht verschieden.

Nicht weniger gehört hieher die geistige Auflösung des Kupferkochsalzes, unter dem Namen Tinctura veneris Heluetii bekannt. Man läßt eine halbe Unze Kupfervitriol und eine Unze Salmiak, beide gepülvert in einem heißen Schmelztiegel bei gelindem Feuer so weit zergehen, daß die umgerührte Masse schwarzgrün werde, die man, noch warm, pülvert und mit geistigem Salmiakgeiste das kochsalzige Kupfer zu einer blauen Tinktur auszieht, die der Erfinder zu 3 bis 10 Tropfen in Fallsucht, Würmern, Rachitis und andern Kachexien rühmt.

Den Kupfervitriol (vitriolum cupri, vitr. de Cypro, vitr. coeruleum) könnte man zwar durch Auflösung des Kupfers in kochendem Vitriolöle bereiten, man erhält ihn aber weit wohlfeiler im Handel aus Fabriken, worin alte Kupferbleche in einer Art von Backöfen roth glühend gemacht, mit Schwefel bestreut und dann im Wasser abgelöscht werden, welches den Kupfervitriol aus dem eben entstandnen geschwefelten Kupfer (aes ustum) auflöset und nach gehöriger, wiederholter Anschwängerung eingesotten und zum Anschießen gebracht wird, s. II. Th. des Laborant im Großen. Er krystallisirt in schön blauen, platten, sechsseitigen schief abgestutzten Prismen, löset sich bei 50° Fahr. in Wasser auf in einem Verhältnisse wie 124 zu 480, bei 50° Reaum. wie 300 zu 480, beim Kochpunkte aber sehr leicht, verwittert mit der Zeit auf seiner Oberfläche ein wenig mit einem weißlichtem Beschlage, und schmeckt zusammenziehend, äußerst ekel, metallisch und fressend. Außer seiner Anwendung in Färbereien, zu Feuerfarben und zur Dinte, hat man ihn auch in der Arznei zu einem Viertel Gran (mehr oder weniger) in Auflösung zu brauchen in neuern Zeiten angefangen[538] gegen Epilepsie, Wahnsinn, Hypochondrie, Hysterie, Wassersucht und andere Kachexien.

Er macht sehr schnelle, aber bald vorübergehende, erschütternde Uebelkeiten, erregt den Harn, und stellt den Ton der ersten Wege wieder her.

An der Auflösung des Kupfers in luftsaurem flüchtigen Laugensalze (Ammoniaksauerluftsalze) dem ammoniakalischen Kupfer (Cuprum ammoniacum), nehmen beide, die Luftsäure und das Ammoniaklaugensalz, gleichen Antheil, indem dieses leichtauflösliche Kupfersalz weder von der Luftsäure allein (die nur in ein Wasser fast unauflösliches blaues Salz mit Kupfer bildet) noch vom flüchtigen Laugensalze allein entstehen könnte, da dieses im rein ätzenden Zustande gar keine Kraft hat, Kupfer oder seine Kalke aufzulösen. Es erscheint in sehr dunkelblauen spatförmigen, vierseitigen Krystallen, mit dachförmigen Endspitzen; sie verwittern an der Luft zu einem grünlichen Pulver, welches ein luftsaures Kupfer ist. Am reinsten verfertigt man dieses Salz, indem man einen reinen Kupferkalk, z.B. das Braunschweiger Grün, oder die Kupferasche, in einer konzentrirten Auflösung des flüchtigen Salmiaksalzes (luftsauren Ammoniaklaugensalzes) Tag und Nacht im Kalten bei öfterem Umschütteln auflösen läßt bis zur Sättigung, zu der Auflösung aber höchst rektifizirten Weingeist mischt, welcher die Krystallisation des Salzes beschleunigt. Dieß thut man aber gewöhnlich nicht, sondern gießt zu einer Auflösung von zwei Unzen Kupfervitriol in sechs Unzen siedendem Wasser so lange Salmiakgeist, bis nicht nur der Kupferkalk niedergeschlagen, sondern auch zur himmelblauen hellen Tinktur wieder aufgelöst worden, die man dann bei der gelindesten Wärme im flachsten Geschirre zur Trockenheit abdampft, die himmelblaue Kruste aber gepülvert in verschlossenen Gläsern aufbewahret. Einige vermischen geradezu zwei Quentchen blauen Vitriol mit drei Quentchen flüchtigem Salmiaksalze durch Reiben im Mörsel, bis das Aufbrausen vorüber und die Masse violblau geworden; diese wird in Fließpapier gewickelt, bei gelinder Wärme auf einem Stück Kreide getrocknet und in einer verstopften Flasche aufgehoben.

Man verordnet nicht viel über einen viertel Gran auf die Gabe in Fallsucht und andern Zuckungen, in hartnäckigen Wechselfiedern, in der Wassersucht u.s.w.

Weismanns antepileptisches Salz ist ganz dasselbe; selbst Boerhave's Tinktur wider die Fallsucht und oben angezeigte Tinctura veneris Heluetii gehört zum Theil hieher.

Da das so sehr berühmte blaue Wasser (aqua sapphirina) weiter nichts als eine wässerige Auflösung des Ammoniakkupfers, mit etwas unbedeutendem Kalkkochsalze verbunden, ist, aber nach allen bisherigen Vorschriften bereitet, sehr ungleich ausfallen muß, so würde man wohl thun, acht Gran reines krystallisirtes Ammoniakkupfer in vier Unzen destillirtem Wasser aufzulösen, und so ein immer gleich starkwirkendes Mittel erhalten. Die Edinburger lassen vier Gran Grünspan, zwei Skrupel[539] Salmiak und acht Unzen Kalkwasser vermischt (im offenen Gefäße, damit die Luftsäure aus der Luft angezogen werde) Tag und Nacht stehen, ehe sie das blaue Wasser durchseihen. Es ist ein reinigendes, trocknendes Mittel für Wunden und Geschwüre.

Unter den Kupfererzen hat man sich des Berggrüns (Cuprum viride L.), w.s., und des Bergblaus (Cuprum cuprigo L.), w.s., wohl schwerlich je zur Arznei; immer nur zu Farben bedient. Indessen hat man eine kalkerdige Abart des letztern, den hellblauen, etwas grünen Armenierstein (Lapis armenius, Cuprum armenus, L.) in ältern Zeiten im Wahnsinn, im viertägigen Fieber, auch wohl in schlafsüchtigen Beschwerden und in Schlagflüssen angewendet; aber in viel zu großen gefährlichen Gaben.

Da das Kupfer eine in der kleinsten Menge schon so heftig wirkende Substanz ist, in größerer Menge aber in den Körper gebracht die gefährlichsten und tödlichsten Zufälle erregt, so sieht man leicht, wie behutsam sein Gebrauch zu Kochgeschirren eingerichtet werden müsse. Am besten ist es, sich ihrer gar nicht zur Bereitung innerer Arzneien zu bedienen Abdampfschalen und Kochgeschirre. Selbst die mit reinem Bergzinne und Salmiak verzinneten (wozu man jedoch die Kupferschmiede nicht leicht bringen kann, da sie gewöhnlich ein Drittel oder auch die Hälfte Blei darunter nehmen), selbst diese sind nicht sehr zu empfehlen, da sich die nur im mindesten salzhaften Flüssigkeiten durch die kleinen, selbst in dem besten Ueberzuge mit Zinn noch vorhandnen Oeffnungen einschleichen und das dazwischen liegende Kupfer anfressen. Auch deshalb taugen die Verzinnungen nicht viel, weil sie durchs Reinigen der Geschirre so leicht hinweggewischt werden, indem sie selten dicker als ein Blatt Papier sind.

Um auszumitteln, ob in eine Flüssigkeit Kupfer gerathen sei, dient die Digestion der verdächtigen Materie mit mildem Salmiakgeiste und Filtration der Flüssigkeit. Es entsteht eine blaue Farbe, wenn dieses Metall zugegen war; sollte aber die eigne dunkle Farbe des verdächtigen Körpers die Wahrnehmung dieser blauen Farbe hindern, so kann man die zu untersuchende Substanz vorher glühen, ehe man sie mit Salmiakgeist übergießt; oder, wenn auch durchs Glühen die dunkle Farbe nicht verschwindet, die Masse mit Vitriolsäure digeriren und in die filtrirte Flüssigkeit einen blanken Eisenstab stellen, woran sich das Kupfer, wenn welches vorhanden ist, anleget.

Aufgelöste und verdünnte Schwefellebern sind nebst fettigen Substanzen und vieler Milch die Gegengifte des Kupfers.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 537-540.
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