Morsellen

[106] Morsellen (Morsuli, Morsulae) sind eine harte Konfektion mit Hülfe des Feuers bereitet, aus gröblich zerkleinten, gewöhnlich dem Gaumen angenehmen Droguen und Zucker zusammengesetzt. Der in einer kleinen Menge Wasser aufgelöste feine Zucker (in einem Verhältnisse wie 3 zu 16) wird bis zur Tafelkonsistenz oder bis zur Feder (ungerührt) über dem Feuer stehen gelassen, das ist, bis etwas mit dem Spatel herausgenommen und schnell in die Luft geschleudert als eine Pflaumfeder sich zertheilt; man nimmt ihn dann sogleich vom Feuer, und rührt ihn mit dem Spatel, bis er sich am Rande der Pfanne undurchsichtig anzusetzen (abzusterben) anfängt. Dieß wird durch Zusatz etwas Weingeistes befördert. Geschiehet dieß, so werden die Spezies wohl darunter gemischt und die Masse in befeuchtete, hölzerne Formen ausgegossen, vor dem völligen Erkalten aber in länglichte Vierecke (etwa einer Unze schwer) mit einem Messer zerschnitten.

Man giebt der auszugießenden Masse auch die Gestalt der Brustküchelchen (Roteln, Rotulae), indem man sie tropfenweise auf ein Blech fallen und erkalten läßt, das man wieder etwas erwärmt, wenn man sie abnehmen will. Man nennt diese Arbeit das Rotuliren. Hiezu müssen aber die Spezies nicht grob, wie bei den Morsellen, sondern recht fein gepülvert seyn.

Eigentlich aber sind Roteln diejenige trockne Arzneiform, wozu außer dem Zucker saure Säfte[106] angewendet werden. Zu dieser Absicht wird der Berberitz- oder Zitronsaft nicht mit dem Zucker gekocht, denn dann würden die Roteln nicht trocken erhalten werden, sondern nur, wenn der Zucker mit Wasser, wie oben gesagt, zur stärksten Konsistenz eingekocht ist, und er nach der Entfernung vom Feuer und unter Umrühren zu ersterben anfängt, jähling zugemischt und geschwind zu Roteln getröpfelt oder zu Morsellen ausgegossen; denn auch diese Form wählt man zur trocknen Konfektion für saure Säfte.

Ueber die ohne Zucker bereiteten Mannamorsellen (Manna tabulata) Manna.

Morsellen und Roteln sind oft weniger als Arzneien, denn als Leckerei zu betrachten, und in letzterer Rücksicht treten sie in das Gebiet des Zuckerbeckers über.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 106-107.
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