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[23] Ueber den Umgang mit Untergebenen könnte man, ebenso wie über Kindererziehung, ganze Bücher schreiben[23] und würde doch das Thema nicht erschöpfen. Es lassen sich unzählige Regeln darüber geben, die in der Praxis sich als unsicher erweisen, wenn der Vorgesetzte eines natürlichen Taktgefühls ermangelt.
Man soll weder einen herablassenden, noch einen herrischen und befehlenden, vor allen Dingen aber keinen vertraulichen Ton mit seinen Arbeitern, Dienstboten u.s.w. haben, wenn man nicht allen Respect einbüßen, oder im ersteren Falle den guten Willen, die Anhänglichkeit der Dienenden verlieren will. Diese müssen wissen, daß wir es gut mit ihnen meinen, und uns ihr Wohl am Herzen liegt; wir müssen aber auch ebenso von ihnen verlangen, daß sie für und nicht wider uns sind. Die Vorschriften, die Befehle, die man Untergebenen ertheilt, sind in ruhiger, bestimmter Weise auszusprechen und muß man darauf halten, daß ihnen Folge geleistet wird. Werden Einwendungen dagegen in bescheidener Weise erhoben, so versteht es sich von selbst, daß wir vernünftigen Gründen unser Ohr leihen. Wenn wir auch nicht verlangen, daß unsere Leute in der dritten Person zu uns sprechen, so haben wir doch auf die uns zukommende Anrede zu halten. Auch müssen wir für alle diejenigen, die zur Herrschaft gehören, gleiche Formen beanspruchen. So muß eine Hausfrau von den Domestiken es nicht dulden, daß sie per »Ihr Mann«, – von dem erwachsenen Sohn, der Tochter per »Alfred, Clara« u.s.w. sprechen, sondern es heißt: »Der Herr, der junge Herr, das Fräulein.«
Ein gleich respectvoller Ton gehört sich allen Besuchern des Hauses gegenüber.
Nie darf man, in Gegenwart der Dienstboten, irgend welche abfällige Aeußerung über Bekannte machen, noch es ruhig hingehen lassen, wenn Erstere von Letzteren in spottender Weise erwähnt werden.
Zwischenträgereien sind, wie überhaupt im Leben, von den Untergebenen nicht zu dulden. Wer sich von seiner Köchin, seinem Kutscher u.s.w. Skandalgeschichten und Klatschereien berichten läßt, ohne sie durch die Antwort, daß sich die Sache wohl anders verhalten würde, oder sie ohne Interesse für ihn sei, – abzuschneiden vergiebt[24] sich viel und hat allen Respect verloren, sollte er gar darauf eingehen und zu weitern Berichten und Verleumdungen herausfordern.
Einen Untergebenen einer Nachlässigkeit oder gar Unredlichkeit zu zeihen sollte man immer sehr vorsichtig sein, und ohne ganz bestimmte Beweise ihn nicht beschuldigen. Sollte man aber einen Verdacht haben, so frage man den Betreffenden erst allein und höre ob und in welcher Weise er sich verantworten kann, ehe man das ganze Haus in Aufruhr bringt! Ist ein Gegenstand verloren, so suche man sofort aber völlig ruhig danach, meistens wird er sich wiederfinden. Ist er durch Nachlässigkeit an den unrechten Ort gelegt, warte man ab, wer die Schuld hieran trägt, ehe man Jemanden anklagt.
Was man vor seinen Leuten unter Verschluß hält, hängt von ihrer Individualität und der Herrschaft ab, mehr noch von der ganzen Einrichtung des Hauswesens. Eines aber gilt für alle gleichmäßig, nie lasse man Geld umher liegen, sondern halte dasselbe streng unter Verschluß. Es ist meine Pflicht, Niemanden in Versuchung zu führen und durch ein Beispiel der Ordnung zu wirken, nicht aber, durch die größte Nachlässigkeit, deren ich mich überhaupt schuldig machen kann, die Achtung, das Vertrauen meiner Umgebung aufs Spiel zu setzen.
Bei jeder Berechnung sei man streng pünktlich, ordne sofort die von den Dienstboten gemachten etwaigen Auslagen, gebe ihnen auf den bestimmten Tag ihren Lohn und frage auch, als wohlmeinende Herrschaft, hie und da, wie das Geld verwendet wird, oder leihe seinen Rath, seine Hilfe, dasselbe besser zu verwerthen.
Nie und unter keiner Bedingung darf ich selbst Geld von meinen Dienstboten leihen oder es dulden, daß sie meinen Kindern damit sich angenehm machen und ihnen zu Schnökereien etc. Vorschub leisten.
Die von den Dienstboten verdorbenen Sachen sind, kommt es zu oft vor, von ihnen zu ersetzen, einige Warnungen und Verzeihungen müssen jedoch vorangehen.
Eine gewissenhafte Herrschaft wird auch die Vergnügungen,[25] das Ausgehen ihrer Untergebenen beaufsichtigen, nicht nur die Erlaubniß dazu ertheilen, sondern auch nachfragen, wo und in welcher Gesellschaft sie gewesen sind.
Die öffentlichen Tanzlokale der Städte dürfen nicht von ihnen besucht werden, dagegen sei man nicht schwierig, jungen Leuten die Erlaubniß zu ertheilen ein Volksfest mitzumachen oder auf einem Balle zu tanzen, an dem ihre Verwandten oder Bekannten Theil nehmen. Man richte sich auch mit der Arbeit im Hause so ein, daß die Dienstboten frühzeitig fortkommen, wie es überhaupt möglichst zu vermeiden ist, am Sonntage die Leute eine Arbeit verrichten zu lassen, die auch an einem andern Tage geschehen kann. Durch solche kleine Rücksichten erwirbt man sich die Zuneigung und den guten Willen seiner Dienstboten, die dann auch wieder, wenn Krankheit oder sonstiges Ungemach über uns hereinbricht, treu bei uns ausharren.
Haben die Leute viel zu thun, so überlasse man ihnen, soviel es möglich ist, die Eintheilung, und sei nicht sparsam mit einem Worte der Anerkennung.
Für Zeiten der Krankheit in der Familie, die die Leute ja nothwendig an das Haus fesseln, suche man sie später zu entschädigen durch einen oder einige Tage, die man ihnen frei giebt.
Obgleich wir stets in ruhigem, freundlichem Tone mit unsern Untergeben sprechen sollen, ohne Erheben der Stimme, lautes Prahlen und Schelten, so ist doch ein strenger, deutlicher Ton nicht ausgeschlossen, sobald man einer Verwegenheit oder Respectswidrigkeit begegnet. Dergleichen ist bei den ersten Malen entschieden abzuweisen, ohne aber daß man sich selbst hinreißen läßt, beleidigende Namen zu geben, oder Schimpfworte irgend welcher Art zu gebrauchen. Dadurch würde man allen Respect verlieren.
Gleich wie bei Kindern, thue man, in Gegenwart der Domestiken, nie selbst das, was man ihnen untersagt hat und verfahre unter jeder Bedingung wahr mit ihnen. Es ist damit nicht gesagt, daß wir unsern Untergebenen über unsere Familie, unsere Verhältnisse alles[26] mittheilen sollen, im Gegentheil. Aber wir müssen lieber, schweigen, als eine Geschichte erzählen, deren Unwahrheit sie bald durchschauen.