[293] im allgemeinen sagen, da Reinheit und formgewandter Ausdruck derselben nur gar zu sehr auch von Gebildeten im persönlichen Verkehr vernachlässigt werden. Und doch sollte gerade sie sich besonderer Sorgfalt erfreuen, denn nichts erhöht den angenehmen Eindruck, den eine Persönlichkeit macht, wesentlicher als eine schöne, möglichst klare und gewählte Sprache. Das weiß jeder Gebildete und merkwürdigerweise bemühen sich so wenige, sie zu üben; ja, mancher spricht absichtlich in lässiger Form und Aussprache, nur um den Schein zu meiden, er spräche »geziert«. Wir können doch aber nie dahin kommen, daß klares und richtiges, besonders dialektfreies Sprechen für Ziererei gehalten wird und jeder Gebildete müßte vielmehr seinen Ehrgeiz darin suchen, die Muttersprache so vollendet als nur immer möglich zu sprechen. Das[293] Schrifttum sollte er es als eine seiner höchsten Aufgaben betrachten, die Sprache zu veredeln – unsere naturalistischen Schriftsteller sind darin freilich anderer Meinung! – und gebildete Menschen danach streben, ein geläutertes Schriftdeutsch möglichst auf die Umgangssprache zu übertragen. In den Schulen wird dies ja versucht, doch werden selten Kinder auch im Hause dazu angehalten, sich sorgfältiger Sprache und gewandter Redeformen zu bedienen. Ist aber die schlechte Gewohnheit lässigen Sprechens einmal von Kindheit an eingerissen, haben die Kinder vielleicht noch gar an den Eltern ein Vorbild daran, wird das Versäumte nur schwer in späteren Jahren nachzuholen sein. Und doch, mit ein wenig gutem Willen geht's! Man muß nur nicht, wie es leider häufig genug geschieht, eine Art Stolz darin setzen, zu sprechen, wie gewöhnliche Leute, die es doch leider nicht besser verstehen. Und da Sorgfalt der Sprache, mehr noch als Kleid und Manieren den Gebildeten vom Ungebildeten unterscheidet, sollte man dies schwerwiegende Hilfsmittel der Bildung doch nicht vernachlässigen oder gar dessen Besitz verleugnen.[294]