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München, 9.7.1911
... Mein eigener Eindruck von Kandinskys Sachen, nach dieser langen Pause und allen gesammelten Eindrücken, war doch wieder derselbe starke, vielmehr noch stärker als früher, – ich kann ›mir nicht helfen‹, auch nach allen Einwendungen, die ich von Deiner Seite kenne. Gerade ein ungeheuer gesteigertes Lebensgefühl sprach mir[55] aus seinen Bildern, die wie das stärkste, tönendste Resumée aller Eindrücke meiner letzten Reise auf mich wirkten. Jedenfalls empfand ich sie in keinem Moment ›kunstgewerblich‹, vielmehr das gerade Gegenteil. Und einzelne Bilder, die nicht zu mir sprachen, blieben mir ganz einfach unverständlich, weil ihr Ausdruck meinem Empfinden fern lag; aber an Kunstgewerbe respektive Dekoration kann ich dann gar nicht denken. Ihr beide müßt wirklich in diesem Sommer kommen, meinetwegen so streitlustig, wie ihr wollt. Ich bin so überzeugt, daß wir alle ›miteinander‹ schneller und besser vorankommen, als so getrennt ...