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Sindelsdorf, 1.11.1911
L.K., herzlichen Dank für Ihren lieben ausführlichen Brief und vor allem für den wunderbaren Henri Rousseau, der wie ein Blitz in Sindelsdorf einschlug. Nach allem Hin und Her von Ideen und Reden nun plötzlich dieser göttliche Mensch. Ich schicke das Buch Piper zurück und bestelle es mir durch meinen Buchhändler. Verzeihen Sie vielmals meine Schreibfaulheit; in guter Gesellschaft findet man nie Zeit zum Schreiben. Den Delaunay finde ich glänzend und sehr gut für den Bl. Reiter. Er beschäftigt mich viel. Wenn Sie einmal eine Sendung hierher haben, legen Sie mir doch den andern Delaunay bei; ich möchte ihn gern einmal eine Zeitlang sehen. – Piper ist unverschämt, unqualifizierbar, für solche Leute muß man einen Eisharnisch tragen. Mit der Beschränkung in den photographischen Aufnahmen bin ich natürlich sehr einverstanden. Im übrigen denke ich: Geld muß her, wird auch irgendwoher kommen. Meine (resp. unser aller) Gedanken kreisen immer um diesen Rousseau, ich hab selbst sein Selbstporträt in einem Glasbild verewigt, etwas unqualifizierbar, gut, daß es der arme Rousseau nicht mehr sieht. Zu denken, daß dieser Mann anno 1886! schon ausgestellt hat! Ich bin Ihnen etwas böse, daß Sie, der Sie eine Ahnung von ihm hatten, – oder ist sie erst ganz neu? – sich niemals etwas von ihm verschafft haben. Wissen Sie, ob Gauguin, Gogh, Renoir ihn schätzten? Oder erst die Kubisten? Herzliche Grüße für Sie beide von uns allen Ihr F.M.