Amiantus

Amianthus.
Amianthus.

[46] Amiantus.

Amiantus, sive Asbeston, sive Asbestes lapis, frantzösisch, Amiante, teutsch Amiant, stein- oder Erdflachs, ist ein Stein, oder mineralisches Wesen, und eine Gattung Talck, welches dem Federalaun dermassen ähnlich sieht, daß ihrer viele eines mit dem andern vermenget haben, dieweil sie es für einerley gehalten. Es findet sich unter zweyerley und unterschiedener Gestalt: dann eines sind Fäden, gleichwie das Federalaun, so iedoch viel länger: das andere ist ein brauner oder[46] schwärtzlichter Stein, zwar hart, löst sich iedennoch unter dem Hammer strecken.

Die Alten sponnen den Amiant, und machten unverbreñliches Tuch davon, welche unter andern auch zu den Todtencörpern gebrauchet wurden, welche solten verbrennet, die Asche aber davon aufbehalten werden: dann die Cörper verbrannten, das Tuch aber bliebe gantz. In den Pyrenäischen Gebürgen wird der Amiant in den Steinbrüchen gefunden.

Wann man aus Curiosität den Amiant ins Feuer legt, so lauffen wol die zärtesten Fäden zusammen und schmeltzen, allein, dem Uberreste thut das Feuer nichts; es gehöret eine viel stärckere Hitze darzu. Bringt man ihn aber in die Sonne, und unter einen Brennespiegel, so schmiltzt er augenblicks, und wird ein Glas daraus.

In dem Campanischen Thale, im Pyrenäischen Gebürge findet man auch eine Gattung Amiant, der wächst wie eine Pflantze, in den Marmorbrüchen, auf die zwey Schuhe hoch. Es ist eine silberweisse, gläntzende Materie, und läst sich, wie der Hanff, im Wasser rösten, davon bekommt man lange, lind und weiche Fäden, welche noch schöner und weisser werden, als zuvor, und widerstehen dem Feuer.

Es kan auch das gröbste und kürtzeste Theil, das nicht so gläntzend, noch gar schöne ist, und als wie Baumwolle stehet, davon gesondert werden: das läst sich spinnen, und man kan Leinwand daraus machen die unverbrennlich ist: sie wird aber besser, oder schlechter, nachdem die Materie gut und rein gewesen, die man darzu gebrauchet hat.

Der Amiant wird zu ein und andern Artzneyen genommen: man hält dafür, er widerstehe dem Gifte, vertreibe die Krätz und Raude; reiniget auch sonsten.

Amiantus, auf griechisch ἀμίαντος, kommt vom α privativo und μιάινω, contamino, ich beflecke, besudele: weil dieser Stein durchs Feuer nicht verändert werden kan.

Asbeston, Asbestes, das ist, soviel als inextinguibilis, unauslöschlich, kommt vom α privativo und σβέννυμι, extinguo, ich lösche aus, weil diese Materie im Feuer gleichsam wie erloschen bleibet, und entzündet sich nicht.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 46-47.
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