Anemone

[60] Anemone.

Anemone, frantzösisch Anemone, teutsch auch Anemone, Anemonenröslein, ist ein Gewächs, davon es zwey Hauptsorten giebet, eine zahme und eine wilde. Beyde aber werden wiederum in sehr viel Arten eingetheilet, insonderheit die erstere, welche wegen ihrer schönen Blumen mit sonderlichem Fleisse in den Gärten gebauet wird. Sie treiben aus ihren Wurtzeln schier gantz runde Blätter, den Blättern am Schweinbrod nicht ungleich, oder wie das Pappelkraut und Storchschnabel, oder am Sanicul, an einen sind sie breit, an den andern aber schmal und klein; an einigen gar tieff eingeschnitten, an etlichen nur ein wenig zerkerbet; alle aber sitzen an ihren Stielen. Mitten zwischen den Blättern erheben sich die kleinen Stengel, die sind bis an die Helffte hinauf blos und ohne Blätter, an diesem Orte aber sind sie mit drey Blättern, wie mit einem Kragen umgeben. Die Stengel tragen auf ihrer Spitze ein ieder eine schöne, breit und runde, aus vielen Blättern, in Rosenform bestehende Blume, welche hol oder gefüllet ist, weiß oder gelb siehet, purpur oder fleischfarben, blau oder violet, roth oder bunt, auch vielmahls mit[60] einem Busche ausgezieret, so auf frantzösisch La Pluche genennet wird. Wann die Blume vergangen, so wächst an ihre statt eine Frucht, die ist oftmahlen länglicht, und beschliesset einen Kern, der mit gar vielen Samen besetzet ist, deren ieder eine kleine Feder oder Federbusch führet. Die Wurtzel ist knöllicht oder knoticht und mit Zasern besetzt. Die wilde Anemone wächst an erhabenen und bergichten Orten Beyde Sorten aber haben viel Saltz und Oel bey sich.

Sie reinigen, eröffnen, zertheilen, dienen zu den Wunden, und trucknen; iedoch werden sie sehr selten als nur äusserlich gebraucht, zu Schnupfpulvern, und Augenartzeneyen wider die Augengeschwüre.

Anemone kommt von ἄνεμος, Ventus, dann die Anemone wächst an solchen Orten, die vor dem Winde frey liegen, oder aber weil der Wind verursachet daß sich ihre Blume aufthut.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 60-61.
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