Valeriana

Valeriana.
Valeriana.

[1164] Valeriana.

Valeriana, frantzösisch, Valeriane, teutsch, Baldrian, ist ein Kraut, dessen es drey Hauptgattungen giebet, die zu der Artzney gebrauchet werden.

Die erste wird genannt

Valeriana hortensis, Ger.

Valeriana major, odorata radice, J.B. Raji Hist.

Valeriana hortensis, Phu folio Olusatri, C.B. Pit. Tournef.

Valeriana vera, seu Nardus agrestis, Trag.

Phu verum, Cord. in Dioscor.

Phu majus, sive Valeriana major, Park.

Die treibet Stengel, welche auf drey Schuh hoch werden, schwanck, rund, lang und ästig sind, hin und wieder mit zweyen einander gegen über stehenden Blättern besetzet, deren einige gantz, die andern auf den Seiten gar tieff eingeschnitten sind. Die Blüten wachsen Büschelweise oben auf den Stengeln, gemeiniglich in Form der Kronenleuchter, sehen weiß und etwas purpurfarbig, riechen lieblich, ein wenig wie Jasmin. Jedwede Blüte ist ein Röhrlein, auf Rösleinart ausgeschweiffet, und fünffmahl zerschnitten. Darauf, und wann sie abgefallen, folget ein breitlichter, und etwas langer Samen, mit einem Barte oben auf. Die Wurtzeln sind des Daumens dick, aussenher voll Runtzeln, als wie Ringe, stecken veste in dem Boden, vermittelst ihrer starcken Zaserwurtzeln, die aus den Seiten heraus wachsen, sehen gelblicht, dunckel oder braun, riechen starck und gar unangenehme, haben einen würtzhaftigen Geschmack. Dieses Kraut wächst in den Gärten und wird für das beste unter den Baldriansorten geachtet.

Die andre Gattung heist

Valeriana, Brunf.

Valeriana sylvestris, Dod,

Valeriana vulgaris, Trag.

Valeriana sylvestris magna aquatica, J.B. Raji Hist.

Valeriana sylvestris major, C.B. Ger. Park. Pit. Tournef.

Phu Germanicum, Fuch.

Phu, Brunf. Fabii Column. Dioscor.

Die treibet Stengel eines Mannes hoch, und diese sind gerade, schlanck und hol, als wie die Pfeifflein, streiffig und etwas rauch. Ihre Blätter sehen wie die an der ersten Art, nur daß sie mehr zerschnitten, weit grüner und an dem Rande[1164] zackigt sind, auch unten etwas rauch. Die Blüten stehen eben wie die an der vorigen, sehen weiß und etwas purpurfarbig. Darauf folgen Samen mit Bärten. Die Wurtzel ist zaserig, weiß und kriechend, schmeckt und riechet gar würtzhaftig. Dieses Kraut wächst an feuchten Orten und im Holtze.

Die dritte heist

Valeriana minor, Ger.

Valeriana palustris minor, C.B. Pit. Tournef.

Valeriana sylvestris minor, Park.

Valeriana minor pratensis, sive aquatica, J.B. Raji Hist.

Phu parvum, Dod. Gal.

frantzösisch, Petite Valeriane.

teutsch, kleiner Baldrian.

Die treibet einen Stengel, der etwa einen Schuh hoch wird, eckigt ist, geschlanck, hol und gestreifft, bringet Blätter, die hin und wieder einander gegen über stehen, und bis an den Strunck hinein, zerschnitten sind. Die Blüten und die Samen sehen wie die an den vorigen, nur daß sie kleiner seyn. Ihre Wurtzeln sind dünne und kriechen herum, sehen weißlicht und sind mit einem Hauffen Zasern besetzet, riechen lieblich und würtzhaftig, schmecken etwas bitter. Dieses Kraut wächst in den Sümpfen, in den Wiesen und an andern feuchten Orten.

Die Baldrianwurtzeln werden getreuget und zur Artzney gebraucht, absonderlich die von der grossen Art. Sie führen viel kräftiges Oel und sal volatile oder essentiale.

Sie stärcken das Hertz, treiben den Schweiß, sind gut zu den Wunden, eröffnen, dienen wider den Gift, zur Stärckung des Hauptes und des Magens, treiben die Würmer, befördern der Weiber Reinigung und machen einen leichten Athem, wann sie gestossen gebrauchet werden. Die Wurtzel von der zweyten Art, vom grossen wilden Baldrian, im Mertzen ausgegraben, bevor sie noch ins Kraut getrieben, und getrocknet, alsdann gestossen und gebraucht, ist ein sehr gutes Mittel wider das böse Wesen. Auf einmahl wird ein Quintlein bis auf zwey, des Morgens nüchtern in Wein eingegeben: und aller acht Tage einmahl gebraucht: man schwitzt gemeiniglich darauf, doch wann indessen sich der Leib laxieret und es gehen Würme weg, so ist dieses ein Zeichen der Genesung.

Valeriana kommt van valere, grosse Kraft haben, sehr kräftig seyn.

Wie einige wollen, so soll dieser Name von einem gewissen Manne, Valerius genannt, herkommen, als welcher dieses Kraut zuerst gebrauchet hat.

Phu, auf griechisch, φοῦ, kommt von φύω, nascor, ich wachse, oder von Phy, welches ein Wort ist, das in Pontus bräuchlich: und dieses letztere Wort deutet auf den starcken Geruch der Wurtzel von diesem Kraute.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1164-1165.
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