2. Scene.

[75] Vorige. Pfeifer. Münzer von rechts.


PFEIFER. Halt! Halt! Was ist das!

MÜNZER. Ruhe, im Namen Gottes! Schlägerei im Lager? Wißt ihr nicht, was darauf steht? Auseinander, sage ich –

STORCH. Meister, sie schmähten –

SANDER. Wir wollen nicht mehr mit dem verlogenen Pack, den Wiedertäufern, in einem Zelte liegen. Mögen sie ihr Bündel schnüren!

ENGEL. Blinte hat Recht, wir brauchen sie nicht!

MÜNZER. Also du warst wieder einmal der Hetzer, der Aufrührer? Wart', jetzt ist dein Maaß voll, dein Schicksal winkt dir! Aber ihr, seid ihr denn ganz wahnwitzig, euch von diesem Buben verleiten zu lassen? Sind jene da nicht eure guten Kameraden, die zu euch stehen in Noth und Kampf? Was kümmert's euch, ob sie sich ein- oder zweimal Wasser über's Haupt gießen? Ob Wiedertäufer, Juden, Türken – wenn sie mit uns für unser Recht, für unser Brot streiten wollen, sind sie unsere Brüder! Allein du, frevler Bube –

BLINTE. Ihr würdet gut thun, Münzer, euren Zorn ein andres Mal gegen mich zu kehren, die Gelegenheit[75] ist heut schlecht gewählt, ich glaube kaum, daß ihr auf die Beistimmung dieser zu rechnen hättet – denn sie sind alle auf's tiefste erregt über die Kunde, daß ein Theil von uns den Sachsen zu Hilfe eilen soll.

ENGEL. Ja, Meister, des weigern wir uns. Was gehn uns die Sachsen an? Wir sind Thüringer und stehen für uns, mögen die Sachsen sehen, wie sie selbst bei sich zu Hause fertig werden. Taugt es fremde Ställe zu reinigen, wenn die Mauern des eignen Hauses wanken?

BAUERN. Wir kämpfen nur für uns – was kümmern uns die Andern –

MÜNZER. Kurzsichtige, seht ihr denn nicht, daß euer Aller Sache nur eine ist, daß nur Zusammenhalten euch befreien kann, daß ihr einer für den andern einstehen müßt, wenn sie nicht einem nach dem andern den Kopf abschlagen sollen? Seid ihr nicht alle Deutsche, habt ihr nicht alle eine Sprache, ist's nicht das gleiche Ziel, wofür der arme Mann in allen Ländern kämpft?

SANDER. Aber jene haben auch nie etwas für uns gethan –

MÜNZER. Herr im Himmel – also weil Andere Thoren sind, müßt ihr sie in der Narrheit noch übertreffen, anstatt sie durch vernünftiges Handeln des Besseren zu überführen und auf den rechten Weg zu bringen? Aber ich will den bösen Geist endlich aus eurer Mitte entfernen, der euren Sinn umstrickt und vergiftet, denn es ist die höchste Zeit – Berührt Blinte's Schulter.

BLINTE. Münzer, laßt mich los –

MÜNZER. Fort mit dir –

ENGEL. Laßt ihn, Meister, – wir wollen nicht mehr auf ihn hören, aber laß ihn, er meint es gut, er ist nur zu hitzig –[76]

MÜNZER. Ein Verräther ist er, den ich bestrafen muß –

BLINTE für sich. Versuch es nur! Diese stehen hinter mir.

SANDER. Du verkennst ihn, Meister, er ist nicht so schlimm, er ist nur aufbrausend, er meint es redlich –

THOMÄ. Er ist unser Feind, wir bitten dich, verzeihe ihm noch dies Mal!

PFEIFER leise zu Münzer. Gieb nicht nach!

BAUERN. Gieb ihn uns frei, wir bitten dich alle darum – wir wollen dir noch einmal so freudig folgen ... wir sind entschlossen ihn zu schützen ....

MÜNZER. Nun so pack dich ... dem Galgen entfliehst du ja doch nicht ....

PFEIFER. Und nun fort ... an eure Standplätze!

BAUERN im Abgehen. Ob es wohl bald zum Kampfe kommen wird ... nach Sachsen gehen wir doch nicht .... Ab.

BLINTE im Abgehen zu anderen Bauern. Er hätte nur wagen sollen, mich zu berühren ... Ab.

PFEIFER. Und so soll der Bursche straflos ausgehen und seine Bübereien immer von Neuem ausführen? Das ist ein Unrecht, Thomas, und unklug odendrein, das hätte ich an deiner Stelle unterlassen.

MÜNZER. Nun, so laß dich doch an meine Stelle zum Führer wählen, sofern du Alles besser weißt als ich. Geh doch, zettle eine Verschwörung gegen mich an, setze mich ab, – ich werde es wahrhaftig leichter ertragen als dieses ewige Schulmeistern, das ich dir ein für alle Mal untersage.


Quelle:
Conrad Alberti: Brot! Leipzig 1888, S. 75-77.
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