[254] Die beiden wohlbestallten Künstler sassen im kleinen Nachtcafé und besprachen es emsig, wie brutal der Ichismus der Nebenmenschen wäre! Das Wort »Ichismus« sprachen sie so aus, wie wenn sie sagten: Die übrige Menschheit sagt nämlich »Egoismus«!
Da sagte das junge Fräulein: »Was redt's denn da für an Unsinn zusammen, hm?! Hat das an Sinn?! Hört's zu, meine Frau hat mich heute gepfändet! Giebt's das, eine eigenhändige Pfändung?! Das giebt's nicht! Was?!«
»Bitte, wir sind keine Advokaten – – –«.
»Keine Advokaten?! Da schau her! Ein jeder gebildete Mensch muss wissen, dass es eine eigenhändige Pfändung niemals nicht giebt! Wie stellt's ihr euch das vor?! Da möchte die ganze Welt nichts thun als pfänden! Nur ein bissel nachdenken, meine Herren, ja?!«
Die Künstler besprachen es nun, dass der aufgeblasene Herr B. so erfüllt sei von sich selbst, dass er nichts höre und nichts sehe, wie der Auerhahn auf dem Fichtenaste. Nur habe er nicht immer die Entschuldigung sexueller Erregung für sich wie das Biest![254]
Das Mädchen begann zu weinen über die eigenhändige Pfändung von seiten der Frau. Sie erklärte nochmals den Herren, dass es eine eigenhändige Pfändung niemals nicht gebe.
Die Herren sagten nun, dass sie es auch für ausgeschlossen hielten und begannen daher das Mädchen ein wenig abzuküssen, da sie sie infolge ihrer Zustimmung für ziemlich getröstet wähnten.
Dieselbige war aber noch nicht so weit. Die Herren sagten ihr nun, dass sie ihren Beruf verfehlt habe; sie sei eine Trauer-Dirne. Damit werde sie keinen Hund hinterm Ofen hervorlocken.
Das Mädchen starrte vor sich hin und sagte: »Eine eigenhändige Pfändung giebt's nicht!«
Die Künstler nahmen nunmehr eine teilnehmende Haltung an und sagten: »Wieviel bist du ihr denn eigentlich schuldig? Was wird es denn weiter sein?!«
Das Mädchen erwiderte hoffnungsvoll: »35 Gulden!«
Die Künstler: »Was?! So eine Bagatelle?! Und da plärrt sie! Das kannst du ihr ja leicht in Raten abzahlen!«
Das Mädchen fühlte: »Bagage, hängt euch auf!«
Die Künstler berechneten es nun, dass bei Wochenraten von nur 5 Gulden sie in sieben Wochen damit komplett fertig sein könne Komplett. Oder sie solle Monatsraten à 20 Gulden zahlen. Oder, noch besser, täglich einen Gulden. Sie einigten sich auf täglich einen Gulden.
Das Mädchen sass da und weinte bitterlich.[255]
Die Künstler wurden böse und gingen weg.
Draussen sagten sie: »Soll man sich für jemanden einsetzen?! Da rechnet man sich den Kopf heraus für fremde Leute! Was hat man davon?! Undank!«
Der arme Kellner trat nun zu dem Mädchen hin: »Sie, Fräul'n, heute um 8 Uhr früh fahren wir beide zusammen zu Gericht! Eine eigenhändige Pfändung giebt es niemals nicht! Mir leben in einem Rechtsstaate!«
Sie gingen miteinander nach Hause, um die Details zu präzisieren.
Es waren noch drei Stunden bis acht Uhr früh, welche Zeit sie ziemlich ausnützten.
Um acht Uhr früh sagte ihr Ritter: »Weisst was, Mizerl, mit die Gerichte soll man nix anfangen. Die Frau wird's nicht so bös gemeint haben. Weisst was, Mizerl, zahl's in Raten ab!«
Das Mädchen war schon ganz ermattet und, wieder einschlummernd, sagte sie sanft: »Eine eigenhändige Pfändung giebt es niemals nicht. Was, Schurschl?!«[256]
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