Die Glückliche

[122] Die hellbraune wunderschöne Ente auf dem Schönbrunner Teiche ist die Glückliche unter allen, allen. Umgeben ist sie von den Unglückseligen, den Geiern und Adlern, die in Käfigen sich nach den weiten Lüften sehnen. Der Condor trauert, der Königsadler trauert, der Mönchsgeier trauert. Der Uhu trauert und der Wanderfalke. Die Auerhenne trauert um ihr mysteriöses Versteck und um den Lockruf des Auerhahns im dämmerigen Bergwald. Die schwarzen Schwäne entbehren australische Seen und die Pelikane die endlosen Schilfufer. Alle, alle um die hellbraune Ente herum trauern und entbehren. Nur sie lebt wie in Freiheit – bloß geschützter, vor Fuchs und Frettchen und vor Futtermangel. Nur eines fehlt ihr – – – sie weiß nichts von ihrer bevorzugten Stellung. Sie hält es leider für selbstverständlich.[122]

Quelle:
Peter Altenberg: Märchen des Lebens. Berlin 7–81924, S. 122-123.
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