Landpartie

[71] Wenn ich mit einem schönen anmutigen bescheidenen wohlerzogenen jungen Mädchen eine Landpartie in Frühlingszeiten mache,

so kommt sie mir anfangs vor wie eine Einigkeit mit dem Waldesrande, der Wiese, dem melancholischen Teiche, dem gurgelnden fast unsichtbaren Wiesenbache. Aber natürlich ist es wirklich nicht so, sondern sie erwünscht es sich, an Stelle aller dieser einfachen Gottes-Schönheiten gesetzt zu werden,[71] und sogar dieselben zu besiegen, auszulöschen, wertlos zu gestalten! Bei den meisten Männern gelingt es ihnen leider. Ich sage leider, denn Beide haben schließlich nichts davon, Gottes Pracht in der Natur mißzuachten und hintanzusetzen gegen sich selbst!

Nur die Frau, die mittönt, in ihrer bescheidenen Gottes-Pracht, mit Busch, Baum, Wiese, Vogel, Bach, ist eines wirklichen Mannes würdig! Sich an Stelle setzen der Weltenschönheit, ist eine pathologische Überhebung selbst der vollkommensten Frau! Aber weshalb, andererseits, sollte sie nicht die für sie günstigen Konstellationen der Idioten für sich geschickt ausnützen?!?

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 71-72.
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Mein Lebensabend: [Reprint der Originalausgabe von 1919]