[319] Nehmen wir nur diesen für mich »Biographien ersetzenden« einzigen Satz aus dem Briefe Goethes an Zelter, 2. 9. 1812: »Beethoven habe ich in Teplitz kennengelernt. Sein Talent hat mich in Erstaunen gesetzt. (Talent?! Weshalb nicht Genie?! Diese weise Mäßigung und Vorsicht des Welten beherrschenden Geistes, prachtvoll!!) Allein er ist leider (weshalb ›leider‹?!) eine ganz ungebändigte Persönlichkeit, die zwar gar nicht unrecht hat, wenn sie die Welt detestabel[319] findet, aber sie freilich dadurch weder für sich noch für Andere genußreicher macht!« Welche klare, heilige, kühle, gerechte Durchschauung des ganzen Lebens hienieden bei Goethe in diesem einen Satze, und welche kürzestgefaßte Biographie, Leidens-Photographie Beethovens zugleich in diesem einen Satze! Der durch sich selbst ewig »Beruhigte«, und der durch sich selbst ewig »Aufgewühlte«, prachtvoll!
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Mein Lebensabend
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