CCVII.

[260] 1. Ich wil zu landt außreiten,

sprach sich meister Hildebrand,

der mir den weg thet weisen,

gen Beeren wol in die landt,

sie seind mir kundt gewesen

so manchen lieben tag,

in zwey und dreissig jaren

fraw Ute ich nie ersach.


2. Wiltu zu land außreiten,

sprach hertzog Amelon,

was begegnet dir auff der heyden?

ein stoltzer degen jung.

Was begegnet dir auff der marcke?

der junge Hildebrandt.

ja rittestu selbst zwelffte,

von jm würdestu angerant.


3. Rennet er mich denn ane

in solchem ubermut,

ich zerhaw jhm seinen grünen schild,

es thut jhm nimmer gut,

ich zerhaw jm seine bende

in einem schirmenschlag,

das er ein gantzes jare

seiner mutter zu klagen hat.


4. Und das solt du nit thune,

sprach sich von Bern herr Dieterich,

denn der junge Hildebrandt

ist mir von hertzen lieb,

du solt jhm freundlich zusprechen.

wol durch den willen mein,

das er dich lasse reiten,

so lieb ich jhm mag sein.[261]


5. Da er zum rosengarten außreit

wol in die Berner marck,

da kam er in große arbeit

von einem helden starck,

von einem helden junge

ward er da angerandt,

nun sag du mir viel alter,

was suchstu in meins vaters landt?


6. Du führst ein harnisch lauter und rein,

recht wie eins königs kind,

du wilt mich jungen helden

sehender augen machen blind,

du solt daheime bleiben,

und haben gut gemach

auff einer heissen glute,

der alte lacht und sprach:


7. Solt ich daheime bleiben,

und haben gut gemach,

mir ist bey all meinen tagen

zu reysen auffgesatzt,

zu reysen und zu fechten,

bis an mein hinnefart,

das sag ich dir viel junger,

drumb grawet mir mein bart.


8. Dein bart wil ich dir außrauffen,

sag ich dir alter man,

das dir dein rosenbarbes (so) blut,

uber die wangen sol gan,

dein harnisch und dein grünen schild,

mustu mir hie auffgeben,

darzu auch mein gefangner sein,

wiltu behalten dein leben.


9. Mein harnisch und mein grüner schild

haben mich offt ernehrt,

ich traw wol Christ von himmel,

ich wöl mich dein erwehren,[262]

sie liessen von den worten,

ruckten zwey scharpffe schwerdt,

was die zween helden begerten,

das wurden sie beyd gewert.


10. Ich weis nit wie der junge

dem alten gab ein schlag,

das sich der alte Hildebrandt

von hertzen sehr erschrack,

er sprach hinder sich zu rücke,

wol sieben klaffter weit,

nun sag du mir viel junger,

den schlag lehrt dich ein weib.


11. Solt ich von weibern lernen,

das wer mir jmmer ein schand,

ich hab viel ritter und knechte

in meines vaters land,

ich hab viel ritter und graffen

an meines vaters hoff,

und was ich nicht gelernet hab,

das lern ich aber noch.


12. Er nam jhn bey der mitte,

da er am schwechsten was,

und schwang jhn hinder rücke

wol in das grüne graß,

nun sag du mir viel junger,

dein beichtvater wil ich sein,

bistu ein junger Wolffinger?

von mir soltu genesen fein.


13. Wer sich an alte kessel reibt,

empfahet gern den ram,

also geschicht dir jungen

wol von mir alten mann,

dein geist mustu mir auffgeben

auff dieser heyden grün,

das sag ich dir gar eben,

du junger helde kün.[263]


14. Du sagst mir viel von wolffen,

die lauffen in dem holtz,

ich bin ein edler degen

aus Griechenlande stoltz,

mein mutter heist fraw Utte,

eine gewaltige hertzogin,

und Hildebrand der alte

der liebste vater mein.


15. Heist dein mutter fraw Utte,

ein gewaltige hertzogin,

so bin ich Hildebrand der alte,

der liebste vater dein,

er schlos jm auff sein gülden helm,

küst jhn auff seinen mund,

nun sey es Gott gelobet,

wir sein noch beyd gesund.


16. Ach vater liebster vater,

die wunden die ich dir hab geschlagen,

die wolt ich drey mal lieber

in meinem haupte tragen,

nun schweig mein lieber sone,

der wunden ist wol rath,

nun sey es Gott gelobet,

der uns zusammen gefüget hat.


17. Das weret von der none

bis zu der vesperzeit,

allda der junge Hildebrandt

zu Bernen inne reit,

was fürt er auff seim helme?

von gold ein krentzelen,

was fürt er an der seiten?

den liebsten vater sein.


18. Er führt jn in seiner mutter haus,

setzt jhn oben an den tisch,

und bot jm essen und trincken,

daucht sein mutter unbillich sein,[264]

ach sone liebster sone,

der ehren ist zu viel,

das du mir ein gefangen mann

setzt oben an den tisch.


19. Nun schweiget liebe mutter,

und hört was ich euch sagen,

er hett mich auff der heiden

schier gar zu todt geschlagen,

nun höret liebe mutter,

kein gefangener sol er sein,

es ist Hildebrandt der alte,

der liebste vater mein.


20. Ach mutter liebe mutter,

nun biet jm zucht und ehr,

da hub sie an zu schencken,

und trug jhm selber her,

was het er in seinem munde?

von gold ein ringelein,

das lies er in den becher sincken?

der liebsten frawen sein.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 260-265.
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