CCXXVIII.

[331] 1. Es war einmal ein schnöder mann,

der hat ein frewlein was lobesan,

was thet er sich vermessen,

Der thet jr grosses leid und ungemach,

er gab jhr manchen harten schlag,

des kund sie nit vergessen.[331]


2. Der man wol zu dem weine gieng,

das frewlein zu jrem nachbawr anfieng,

jhr jammer thet sie jhm klagen,

Derselben frewlein waren drey,

die ein die sprach, nun hörendt mich,

was ich euch wil sagen.


3. Wenn er kompt auff den abendt spatt,

das der man vom weine gaht,

in weis wöllen wir uns kleiden,

Wir wollen mit dir heime gahn,

in einem winckel wollen wir stan,

drey knüttel wollen wir bereiten.


4. Wir wöllen tretten auff ein ort,

das wir hören seine wort,

das er uns nit finde,

Wir wollen uns dreyen Marien gleichen,

und jm die haut gar wol erstreichen,

so er darnach wird ringen.


5. Also beschlossen sie den rath,

der man kam von dem weine spath,

er fing an zu fluchen,

Wo bistu schnöde haut?

an dir da kül ich meinen mut,

ich dencke dich hie zu suchen.


6. Das frewlein dem man entgegen gieng,

mit guten worten sie jn empfieng

nach höfflichen sitten,

Er thet jhr gros leid und ungemach,

er gab jhr manchen harten schlag,

unangesehen jr bitten.


7. Das frewlein fiel nider auff jhre knie,

hilff mir Maria Jacobe,

hilff du mir viel armen,

Hilff mir Maria Salome,

jr lieben Marien alle drey,

last euch mein leiden erbarmen.[332]


8. Wie bald die Marien das vernommen,

aus dem winckel sie da kommen,

sie schwiegen alle drey so stille,

Alda hub sich gros wunderspiel,

sie gaben jhm der streich so viel,

es gieng nach jrem willen.


9. Kom mir zu hülff o du mein Gott,

was thund euch die schlege so not,

kündt jhr nit im himmel bleiben,

Hast du bey Gott so viel der macht,

daran da hab ich nicht gedacht,

von wunder wil ich da schreiben.


10. Das frewlein fiel nider auff jhre knie,

hör auff Maria Jacobi,

last meinen man sein leben,

Hör auff Maria Salome,

jhr lieben Marien alle drey,

gros opffer wil ich euch geben.


11. Wie bald die Marien das erhorten,

von den schlegen sie sich kehrten,

und aus den hause verschwunden,

Der man ward von den schlegen kranck,

mein liebes weib hab jmmer danck,

ich bin ein armer sünder.


12. Ihr menner habt ewre weiber lieb,

das jhr nicht habet einen steten krieg,

das wil ich euch jetzt sagen,

Der weiber list seind geschwind und schnell,

hüt du dich mein gut gesell,

ich warn dich vor den schaden.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 331-333.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

L'Arronge, Adolph

Hasemann's Töchter. Volksstück in 4 Akten

Hasemann's Töchter. Volksstück in 4 Akten

Als leichte Unterhaltung verhohlene Gesellschaftskritik

78 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon