323.

[108] Ein armer reisender gieng zur mittags-zeit in einwirths-hauß / und weil er noch ziemlich wohl bekleidet war / fragte ihn der hauß-knecht: Ob er mit speisen wolte? dieses beantwortete er mit ja / und stillete seinen hunger so gut / als andere / welche noch so reich waren. Als es aber zur zahlung kam / und sein antheil auch eingefordert wurde / sagte er: Er habe kein geld. Und als der wirth antwortete / so habe er auch nicht essen sollen. Versetzte jener mit trotzigen geberden: Das wäre schön / wenn ich kein geld hätte /und darzu auch nicht essen solte / so würde ich ja zugleich mit zweyen ruthen gestraffet. Worüber der wirth lachete / und ihm die zeche schenckete.

Quelle:
Das Buch der Weisen und Narren oder kluge und einfältige reden und tworten, welche von leuten aus allerhand nationen bey verschiedenen begebenheiten entweder im ernst oder aus schertz vorgebracht worden. Leipzig 1705, S. 108-109.
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