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[142] Ludwig XIV König in Franckreich / schickte den herrn von S. Olon als Abgesandten an den König von Marocco. Derselbe brachte unter andern prahlereyen vor: Sein König wäre unstreitig der gröste Monarche in der gantzen welt / denn alles / was er vornähme /wäre mit glück und siege gesegnet. Seine grosse armeen würden von den einkünfften / so die feinde hergeben müsten / unterhalten. Die welt hätte noch keinen Monarchen gesehen / der so vielen gewaltigen feinden gewachsen gewesen / und ihnen so viel wichtige plätze und länder abgenommen. So weit war der Abgesandte mit seinen lob-sprüchen kommen / und würde er sonder zweiffel noch mehr aufgeschnitten haben / wenn ihm nicht der König von Marocco folgender gestalt in die rede gefallen: Was düncket aber den herrn Abgesandten dabey / daß der König von Groß-Britannien Wilhelm III drey grosse und mächtige Königreiche eingenommen / da indessen euer König kaum[142] so viel flecken erobert hat? Allein der Frantzose beantwortete die frage mit nichts / als einem reverentz / und gieng davon.

Quelle:
Das Buch der Weisen und Narren oder kluge und einfältige reden und tworten, welche von leuten aus allerhand nationen bey verschiedenen begebenheiten entweder im ernst oder aus schertz vorgebracht worden. Leipzig 1705, S. 142-143.
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